Die kleinsten Flüstergalerien für Licht kommen aus Leipzig

(a-c) Rasterelektronenmikroskopische Bilder einer ZnO-Nadel in verschiedenen Vergrößerungen, Längenskala in (a) und (c) ist 10 µm bzw. 300 nm. (d) Quadratwurzel-förmiger Verlauf des Durchmessers über der Länge

Leipziger Halbleiter-Forschern ist es gelungen, die weltweit kleinsten „Flüstergalerien“ für sichtbares Licht herzustellen und zu untersuchen. Es handelt sich um nadelförmige Zinkoxid-Kristalle, deren Durchmesser sich stetig vom Mikrobereich (etwa 1 µm) bis in den Nanobereich (etwa 100 nm) bis herunter auf Null an der Spitze verjüngt.

Sogenannte Flüstergalerien haben die Eigenschaft, dass man auf Grund einer besonderen Beschaffenheit schallreflektierender Gewölbe geflüsterte Worte noch zig Meter weiter ohne Probleme verstehen kann. Dieses besonders gern von barocken Baumeistern angewandte Prinzip (z.B. Petersdom Rom, St. Pauls Cathedral London) gilt auch für andere Wellen als Schall, z.B. Licht. In einem Resonator umlaufende Wellen interferieren mit sich selbst und führen zu Resonanzen, wenn der Umlaufweg ein ganzzahliges Vielfaches N (Modenzahl) der Wellenlänge beträgt.

Andreas Rahm und Thomas Nobis, Doktoranden in der Abteilung Halbleiterphysik von Prof. Dr. Marius Grundmann am Institut für Experimentelle Physik II haben im Rahmen der Arbeiten in der DFG Forschergruppe 522 ’’Architektur von mikro- und nanodimensionalen Strukturelementen’’ nadelförmige Zinkoxid- (ZnO-) hergestellt bzw. untersucht, deren Durchmesser sich stetig vom Mikrobereich (etwa 1 µm) bis in den Nanobereich (etwa 100 nm) bis herunter auf Null an der Spitze verjüngt (Abb.1). Das Licht läuft auf der hexagonalen Querschnittsfläche um. Ein Analogon aus der Welt des Schalls und der Architektur wäre eine Kombination der berühmten Flüstergalerie in der St. Paul’s Kathedrale und des Swiss Re Towers in London. Allerdings sind die untersuchten Lichtwellenlängen und damit die Strukturgrößen etwa zwei Millionen mal kleiner als die Wellenlänge gesprochenen Schalls.

Für die Herstellung der ZnO Nanonadeln haben die Leipziger Physiker mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine neuartige Epitaxieanlage gebaut. Diese erlaubt die Züchtung mittels Laserablation bei besonders hohen Gasdrücken, was die Ausbildung von Nanostrukturen ermöglicht. Die Nanostrukturen wachsen in selbstorganisierter (engl.: self-assembled) Art und Weise. Das heißt, dass sie automatisch entstehen, bestimmt durch die eingestellten Wachstumsbedingungen und die mikroskopischen Wachstumsprozesse. Diese Methode heißt auch ’’bottom-up’’ Ansatz. Sie erlaubt die Herstellung großer Mengen gleichartiger Nanostrukturen zu viel geringerem Preis als es mit konventionellen Lithographie- und Ätztechniken (dem sogenannten ’’top-down’’ Ansatz) möglich wäre.

Bisherige theoretische und experimentelle Arbeiten zu Mikroresonatoren für Licht beschäftigten sich mit vergleichsweise großen Kavitäten (Hohlräumen) mit Modenzahlen N größer als 20. Die Flüstergalerie in der St. Paul’s Kathedrale in London hat zum Beispiel ein N von etwa 100 für Schall. Am Fuß der ZnO Nanonadel passen nur noch N=6 Lichtwellenlängen in den Umlaufweg. Mit abnehmendem Durchmesser ändert sich die Farbe der optischen Resonanzen (Abb.2). Die ZnO Spitze wird am Ende so dünn, dass N=1 und ein sogenannter monomodiger Wellenleiter erreicht werden. Die Leipziger Halbleiterphysiker haben zudem gefunden, dass eine von ihnen erarbeitete, vergleichsweise einfache Theorie die Farbe der optischen Resonanzen für alle Durchmesser mit hoher Präzision beschreibt. Diplom-Physiker Thomas Nobis hierzu: ’’Dies ist zunächst überraschend, da die von uns verwendete Theorie eigentlich nur für Modenzahlen N gelten sollte, die viel größer als 1 sind’’. Die Ergebnisse wurden bei der renommierten Zeitschrift ’’Physical Review Letters’’ angenommen und werden dort in Kürze veröffentlicht.

Selbstorganisierte Nanostrukturen stehen auch im Zentrum des kürzlich gestarteten Exzellenznetzes ’’SANDiE’’, das die Universität Leipzig koordiniert. Insgesamt 28 europäische Partner von Portugal bis Russland einschließlich den führenden europäischen Unternehmen der Photonikbranche erforschen dort selbstorganisierte Nanostrukturen und entwickeln darauf basierende neuartige Bauelemente. In den weiteren Arbeiten sollen nun aus den Leipziger nanoskopischen Resonatoren neuartige Laser hergestellt werden, die eines Tages z.B. als Basis für quantenkryptographische Datenübertragung mit Einzelphotonen dienen sollen.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Marius Grundmann
Telefon: 0341 97-32650
E-Mail: grundmann@physik.uni-leipzig.de

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Dr. Bärbel Adams idw

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