Kristall aus Goldpartikeln fängt das Licht

Physiker der Universität Bonn haben in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und der Universität Moskau ein neues Quasiteilchen entdeckt und im Detail studiert (A. Christ et al., Phys. Rev. Lett. 91, 183901). Dazu nutzten sie einen Kristall aus kleinen Golddrähten, in dem sie Lichtteilchen gewissermaßen einsperrten. In derartigen „photonischen Kristallen“ verbindet das Licht gewissermaßen die Golddrähte miteinander; mit ihnen könnte man daher beispielsweise mikroskopisch kleine Lichtleiter-Bauelemente herstellen, wie sie unter anderem für die Telekommunikation benötigt werden.

Licht von einem Ort zum anderen zu schicken, ist eigentlich kein Problem – mit Glasfasern geht das ganz vorzüglich über Tausende von Kilometern. Schwierig wird es nur, wenn man sehr kleine Lichtleiter benötigt. So kann ein einziges Glasfaserkabel zur selben Zeit viele Tausend verschiedene Telefonate transportieren. Um diesen Datenwust aufzudröseln, benötigt man heute noch jede Menge raumgreifender Technik. Will man die miniaturisieren, braucht man ganz andere Lichtleiter, als sich heute realisieren lassen.

„Wenn es um Größenordnungen im Nano-Maßstab geht, sind Glasfasern einfach zu groß, und man versucht es besser mit Photonischen Kristallen“, erklärt Professor Dr. Harald Gießen vom Bonner Institut für Angewandte Physik. Das Prinzip ist einfach: Bestrahlt man nanostrukturiertes Gold mit einem Laser, so beginnen die Elektronen in dem Edelmetall, mit der Frequenz des Lichtes hin und her zu schwappen – „genau wie Wasser in einem Glas“, erklärt der Physiker. Dabei speichert das Goldteilchen die eingestrahlte Energie, kann sie aber auch in Form von Licht wieder abgeben. Das funktioniert besonders gut, wenn die Goldpartikel sehr klein sind – im Bonner Experiment maßen sie lediglich 100 Nanometer, das ist nur der 300ste Teil einer Haaresbreite. Stellt man nun viele dieser „Nano-Golddrähte“ in geeignetem Abstand auf einen Lichtleiter (im Prinzip eine Art Glasfaser), so kann das Licht von Golddraht zu Golddraht wandern.

Der Grund dafür ist ein Effekt, den die Physiker „Kopplung“ nennen. „Nimmt man zum Beispiel zwei Pendel, die unterschiedlich lang sind, so wird jedes eine eigene Schwingungsdauer besitzen. Verbindet man aber die beiden Pendel mit einer Feder, koppelt sie also zusammen, so werden die beiden Pendel mit einer anderen Dauer schwingen“, erklärt Professor Gießen: Die beiden Pendel verhalten sich nicht mehr wie einzelne Systeme, sondern wie ein neues, gemeinsames System. Die Veränderung der Schwingungsdauer gegenüber dem ungekoppelten System ist ein Maß für die Stärke der Kopplung.

„In der Physik ist es nun ganz oft so, dass Licht und Materie zu etwas Neuem koppeln“, so der Physiker weiter. „Nimmt man zum Beispiel ein Atom und bringt es zwischen zwei Spiegel, wo Lichtteilchen, also Photonen, hin und her laufen können, wird das gemeinsame System aus Atom und Photon ganz neue Eigenschaften bekommen.“ Dieses gemeinsame System nennt der Physiker dann „Quasiteilchen“. Ein solches Quasiteilchen, Polariton genannt, beobachteten die Forscher auch in ihrem Photonischen Kristall. „Der Laserstrahl wird eben nicht im Goldpartikel als elektronische Energie gespeichert, sondern wieder in Licht umgewandelt und so an das nächste Goldpartikel verschickt“, erklärt Professor Gießen. „Das Polariton ist gewissermaßen beides zur gleichen Zeit – elektronische Energie und Licht.“ Die Kopplung in dem Photonischen Kristall ist die stärkste, die bislang beobachtet wurde. „Daher kann der Kristall das Licht auch so gut fangen und weiterleiten.“

Die metallischen photonischen Kristalle sind erst in den letzten Monaten ins Visier der Forscher gerückt. Experten prognostizieren ihnen aber schon jetzt eine große Zukunft in der Nano-Optik. Theoretiker sagen außerdem voraus, dass diese neuartigen Materialien einen negativen Brechungsindex haben können. Das heißt, dass sie Licht im Vergleich zu Glas in die entgegengesetzte Richtung brechen. Dies würde eine ganze Reihe von neuartigen Phänomenen und Anwendungen mit sich bringen.

Ansprechpartner:
Professor Dr. Harald Gießen
Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn
Telefon: 0228-73-3459
E-Mail: giessen@uni-bonn.de

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Frank Luerweg idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de

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