Das Schweigen der Hummeln
Hummeln setzen Pollen per Vibrationsbestäubung frei: Sie erzeugen mit ihrem Flügelschlag Frequenzen, die die Pollen aus der Blüte herausschütteln. So entsteht das bekannte Summen, das zwei Zwecken dient: Bestäubung anderer Blüten und Sammeln von Nahrung.
„Wir haben die Wirkung des Pestizids Neonicotinoid auf Hummeln untersucht und herausgefunden, dass es die Vibrationen, und somit auch das Summen, negativ beeinflusst“, sagt Dr. Penelope Whitehorn. Die Biologin, die jetzt am Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) des KIT forscht, leitete die Studie an der University of Stirling.
Zusammen mit Dr. Mario Vallejo-Marin, University of Stirling, untersuchte sie durch das Pestizid belastete Hummelkolonien, überwachte deren Verhalten und nahm über einen längeren Zeitraum das Summen mit Mikrofonen auf.
Danach analysierten die Wissenschaftler das akustische Signal, das die Hummeln bei der Vibrationsbestäubung erzeugen, um Veränderungen im Summen festzustellen. Sie fanden heraus, dass die permanente Belastung durch das Pestizid die Vibrationen verringert. Dies wiederum reduziere die Menge der gesammelten Pollen und somit die Nahrung der Hummeln, so die Forscher.
„Hummeln einer Kontrollgruppe, die dem Pestizid nicht ausgesetzt waren, lernten in ihrer Entwicklung nach und nach dazu, wie sie mehr Pollen sammeln und besser Blumen bestäuben können“, so Whitehorn. „Die Hummeln, die mit dem Pestizid in Berührung kamen, entwickelten ihre Fähigkeiten nicht weiter. Sie sammelten am Ende des Experiments zwischen 47 und 56 Prozent weniger Pollen als die Kontrollgruppe.“
„Unsere Forschungsergebnisse leisten einen wesentlichen Beitrag zu der Frage, wie sich Pestizide auf die Hummelpopulation und ihre Bestäubungsleistung auswirken. Sie weisen auch darauf hin, dass die Belastung durch Pestizide die Fähigkeiten der Hummeln beeinträchtigen kann, komplexe Verhaltensweisen wie die Vibrationsbestäubung weiterzuentwicklen“, sagt Vallejo-Marin.
„Der nächste Schritt unserer Forschung wäre nun, den Mechanismus zu bestimmen, durch den das Pestizid die Hummeln beeinflusst. Wir glauben, dass Pestizide sich auf das Gedächtnis und die kognitiven Fähigkeiten von Hummeln auswirken. Beides sind wichtige Voraussetzung für komplexe Verhaltensweisen.“
Das Paper „Neonicotinoid pesticide limits improvement in buzz pollination by bumblebees“ veröffentlichten die Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift Scientific Reports: https://www.nature.com/articles/s41598-017-14660-x.
Weiterer Pressekontakt:
Sandra Wiebe, Volontärin, Tel.: +49 721 608 46212, Fax: +49 721 608 43658, E-Mail: sandra.wiebe@kit.edu
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 26 000 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.
Das KIT ist seit 2010 als familiengerechte Hochschule zertifiziert.
Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.sek.kit.edu/presse.php
https://www.nature.com/articles/s41598-017-14660-x
http://sandra.wiebe@kit.edu
http://www.sek.kit.edu/presse.php
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz
Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.
Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.
Neueste Beiträge
Neue Sensorkonzepte dank integrierter Lichtwellenleiter aus Glas
Auf hoher See und in der Hochleistungs-Elektronik. In Glas integrierte Lichtleiter haben das Potenzial, die Messqualität von Sensoren für Forschung und Industrie deutlich zu verbessern. Im Projekt „3DGlassGuard“ arbeitet ein…
Regenerative Kraftstoffe: Baukasten für die Verkehrswende
Vor etwa zehn Jahren wurde an der Hochschule Coburg der Diesel-Kraftstoff R33 entwickelt – der Name steht für einen Anteil von 33 Prozent erneuerbarer Komponenten. Dieses Potenzial wurde nun mit…
‚Starke‘ Filter – Neuartige Technologie für bessere Displays und optische Sensorik
Studie zeigt, wie ein quantenmechanisches Prinzip der starken Kopplung bislang unerreichte Möglichkeiten zur Konstruktion optischer Filter eröffnet: Sogenannte „Polaritonfilter“ eröffnen revolutionäre Wege in der Bildgebung. Publikation in „Nature Communications“. Einem…