Schilddrüsenknoten schonend entfernen – neue, erfolgreiche Hitzebehandlung aus Asien

In welchen Fällen diese Methoden in Frage kommen, erläutern Nuklearmediziner auf der Pressekonferenz des Bundesverbandes Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) am 27. September 2018 in Berlin. Darüber hinaus berichtet eine Patientin über ihre Erfahrungen mit der Thermoablation.

„Ich litt jahrelang unter innerer Unruhe, Schlaflosigkeit und Herzrasen“, erzählt Karin Kunert. Ursache der Beschwerden waren Knoten, die eine permanente Überfunktion der Schilddrüse verursacht hatten.

„Doch Angst vor den Folgen einer Vollnarkose, vor einer großen sichtbaren Narbe am Hals und davor, dass etwa die Stimmbänder zerstört werden könnten, hielt mich von einer Operation ab, die mir immer wieder empfohlen wurde“, berichtet die 66-jährige Berlinerin weiter. Ihre Beschwerden verschlimmerten sich.

„Viele Patienten scheuen den operativen Eingriff oder die Radiojodtherapie, bei der ein radioaktives Medikament eingenommen werden muss“, bestätigt Professor Dr. med. Frank Grünwald, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt/Main.

Neue Hitzebehandlungen, die ursprünglich in Asien entwickelt wurden und jetzt auch in Deutschland zur Verfügung stehen, bieten vielen dieser Patienten eine schonende Alternative. Sie können zudem Betroffenen helfen, für die eine Operation aus gesundheitlichen Gründen oder eine Radiojodtherapie aus therapeutischen Aspekten nicht in Frage kommt.

Je nach Lage oder Größe der Schilddrüsenknoten setzen die Ärzte unterschiedliche thermoablative Verfahren ein. Bei der Ultraschalltherapie (HIFU) etwa können Knoten bis Kastaniengröße mit gebündelten Ultraschallwellen durch die Haut hindurch „weggebrannt“ werden. Am häufigsten angewendet, da am verträglichsten, und am besten durch Studien untersucht ist die Radiofrequenzablation (RFA) – sie kann Knoten bis Mandarinengröße entfernen.

Hier gibt die Spitze der Ultraschallsonde hochfrequenten Wechselstrom ab, der das erkrankte Gewebe auf Temperaturen von 60 bis 90 Grad erhitzt und somit zerstört. Bei besonders großen Knoten ab einem Volumen von 100 Millilitern hilft die Mikrowellenablation: Der Arzt führt über einen kleinen Schnitt eine Nadel in den Knoten ein und es werden dann dort Mikrowellen erzeugt, vergleichbar mit der Haushaltsmikrowelle.

Durch diese thermoablativen Anwendungen reduziert sich das Knotenvolumen innerhalb der darauffolgenden zwölf Monate um bis zu 90 Prozent und verbessert somit die Beschwerden des Patienten dauerhaft. „Der Vorteil all dieser Verfahren ist, dass sie weitgehend schmerzfrei sind, keine Vollnarkose erfordern und keine Narben hinterlassen“, betont BDN-Experte Grünwald. Nicht zu unterschätzen sei auch, dass Patienten eine lebenslange Einnahme von Hormonen erspart bleibt, da nur die erkrankten Zellen zerstört werden, das gesunde hormonproduzierende Gewebe hingegen erhalten bleibt.

Um diese Verfahren in Deutschland zu etablieren und Mediziner in der Anwendung auszubilden, wurde vor vier Jahren am Universitätsklinikum in Frankfurt/Main das Deutsche Zentrum für Thermoablation von Schilddrüsenknoten e.V. gegründet. Dort wurden inzwischen über 400 Patienten erfolgreich behandelt. „War vor einigen Jahren die Uniklinik Frankfurt/Main die einzige Einrichtung in Europa, die diese Verfahren anbot, sind es mittlerweile 13* Standorte in Deutschland, die über diese Expertise verfügen“, so Grünwald, der Vorsitzender des Zentrums ist.

Doch nicht jeder Patient kommt für diese Behandlung in Frage. „Für die Wahl der richtigen Therapie ist ein eingehendes Gespräch zwischen Arzt und Patient wichtig, bei dem alle Vor- und Nachteile von Operation, Radiojodtherapie oder Thermoablation offen diskutiert werden. Nur dann kann eine fundierte Entscheidung über die richtige Behandlung getroffen werden“, sagt Grünwald. Nach wie vor sei die Radiojodtherapie bei so genannten „heißen“ Knoten – also hormonproduzierendem Gewebe – die Standard-Therapie. Und eine Operation werde zwingend erforderlich, sobald es sich um bösartiges Gewebe handelt. Verbesserungen bei den chirurgischen Techniken haben bewirkt, dass der Eingriff in den vergangenen Jahren schonender und effektiver wurde.

Auf einer Pressekonferenz am 27. September 2018 in Berlin berichten Professor Dr. med. Frank Grünwald und die Schilddrüsen-Patientin Karin Kunert über die Thermoablation und schildern aus Ärzte- und Patientensicht den Weg von der Diagnose bis zur Therapie. Zudem erörtern die Nuklearmediziner, welchen Stellenwert die neue Therapieform bei der Behandlung von Schilddrüsenknoten künftig gegenüber bewährten Behandlungsmethoden einnimmt.

*Berlin, Bremen, Essen, Frankfurt am Main, Fulda, Hamburg-Eppendorf, Homburg/Saar, Köln, Magdeburg, Mainz-Kastel, München, Stuttgart, Wiesbaden

Terminhinweis:

Pressekonferenz des Berufsverbandes Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN)
„Volkskrankheit Schilddrüsenknoten – Therapien mit Ultraschall und Hitze als neue, sinnvolle Ergänzung zu den Standardtherapien“

Termin: Donnerstag, 27. September 2018, 11.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Haus der Bundespressekonferenz, Raum 1
Anschrift: Schiffbauerdamm 40/Ecke Reinhardtstr. 55, 10117 Berlin

Vorläufiges Programm:

Knoten an der Schilddrüse: Wie sie entstehen, wie sie abgeklärt werden, wie viele Menschen betroffen sind und wann behandelt werden sollte
Professor Dr. med. Detlef Moka
1.Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN),
Facharzt für Nuklearmedizin, Essen

Sicher und risikoarm: Wann die Radiojodtherapie bei der Behandlung gutartiger Knoten in Frage kommt
Professor Dr. med. Michael Kreißl
Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN), Koordinator des interdisziplinären Schilddrüsenzentrums Magdeburg, Leiter der Nuklearmedizin, Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Facharzt für Nuklearmedizin

Neu und effektiv: Gutartige Schilddrüsenknoten mit Hitze behandeln.
Welche Rolle die Thermoablation neben der Operation künftig spielen wird
Professor Dr. med. Frank Grünwald
Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt,
Vorsitzender des Deutschen Zentrums für Thermoablation von Schilddrüsenknoten e.V., Frankfurt/M, Facharzt für Nuklearmedizin

Erfahrungsberichte von Patientinnen:

Ein Leben vor und nach der Radiojodtherapie
Elisabeth Gille-Frank

Thermoablation: Wenn der Ultraschall die Knoten wegschmilzt
Karin Kunert

Moderation: Kerstin Ullrich, Pressestelle BDN e.V., Berlin

Ihr Kontakt für Rückfragen:
BDN-Pressestelle
Christina Seddig
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-652, Telefax: 0711 8931-167
E-Mail: seddig@medizinkommunikation.org
http://www.berufsverband-nuklearmedizin.de

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