Band aus Titankügelchen um Speiseröhre: Neues Verfahren zur Heilung von Reflux in Anwendung am UKL

UKL-Mediziner Dr. Stefan Niebisch erläutert Patientin Bettina Kahler, an welcher Stelle der Speiseröhre sich das flexible Band aus magnetischen Titankügelchen befindet. Stefan Straube / Universitätsklinikum Leipzig

Von Reflux sprechen Mediziner, wenn Magensäure und Galle in die Speiseröhre zurückfließen. Häufigstes Symptom ist Sodbrennen. Bei gesunden Menschen verhindert dies der Ösophagussphinkter, ein Muskel mit Ventilwirkung. Ist dieser Muskel geschwächt, kann er den Rückfluss nicht unterbinden. Bleibt Reflux unbehandelt, kann er auf Dauer die Schleimhaut der Speiseröhre beschädigen, zu Entzündungen und Geschwüren, in schweren chronischen Fällen sogar zu Krebs führen.

Bei zirka 90 Prozent der Betroffenen hilft die Einnahme von Tabletten. Alle anderen benötigen im Laufe der Zeit eine Operation. Als klassische Methode gilt bisher, den oberen Teil des Magens um das untere Ende der Speiseröhre zu nähen.

„Doch das verändert eben die Anatomie“, sagt Dr. Stefan Niebisch von der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie, der zusammen mit der Geschäftsführenden Klinikdirektorin Prof. Ines Gockel die ersten LINX®-Anwendungen am UKL durchgeführt hat.

Bei der neuen Methode, die in Deutschland erst seit wenigen Jahren angewandt wird, verändert sich die Anatomie nicht. Das kleine, flexible Band aus nur vier Millimeter dicken, verketteten Titankügelchen mit Magnetkern wird mittels einer Laparoskopie (Bauchspiegelung), einer mininmal-invasiven OP-Methode, um die Speiseröhre gelegt.

„Beim Schlucken werden diese Kügelchen auseinandergedrückt, danach schließen sie sich wieder und verhindern den Reflux“, erläutert Dr. Niebisch, „wir sprechen also von einer äußeren Schließmuskelverstärkung.“ Das moderne Material des Rings sei MRT-tauglich und löse im Normalfall auch bei Sicherheitskontrollen zum Beispiel auf Flughäfen keinen Alarm aus, bestätigt der UKL-Experte.

Das Verfahren ist nicht bei jedem anwendbar. Patienten müssen normal schlucken können und über eine funktionell gesunde Speiseröhre verfügen. „Vor der Operation führen wir eine umfangreiche Diagnostik mit inklusive Magenspiegelung und einer Funktionsprüfung der Speiseröhre mittels High-Resolution Manometrie durch“, so Dr. Niebisch, „nach der OP folgen engmaschige Verlaufskontrollen nach sechs Wochen, drei Monaten und einem Jahr.“

Bettina Kahler aus Zeitz und Monika Mibus aus Leipzig gehörten zu den ersten Patienten am UKL, die sich für den Eingriff entschieden hatten. Beide Frauen litten seit langem unter starkem Reflux – und bei beiden hat sich unmittelbar nach der Operation eine deutliche Verbesserung eingestellt. „Die Aufklärung durch Prof. Gockel und Dr. Niebisch über das neue Verfahren war so gut, dass ich nicht lang überlegt habe. Für mich hat es sich gelohnt, meine Lebensqualität ist wieder gestiegen“, erzählt Bettina Kahler.
„Ja, es geht mir gut“, bestätigt auch Monika Mibus, „ich muss zwar meine Essgewohnheiten ändern und nun mehrere Male am Tag kleinere Portionen essen, um den Muskel der Speiseröhre zu trainieren, aber die Operation war ein Erfolg. Und am UKL wurde ich sehr gut behandelt.“


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Markus Bien idw - Informationsdienst Wissenschaft

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