Alleskönner unterwegs im Gefäßsystem: Mikrobläschen in der Medizintechnik

Zunächst sollten Mikrobläschen als Kontrastmittel die Ultraschall-Bildgebung bei Gefäßen schärfen.

Doch die Chancen stehen gut, dass sich die gasgefüllten Bläschen zukünftig auch für den lokalen Transport von Medikamenten nutzen lassen, Tumore finden und markieren sowie selbst Zellwände vorübergehend öffnen können. Diese Alleskönner im Gefäßsystem wollen Ingenieure um Prof. Dr. Georg Schmitz (Medizintechnik, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik) in Kooperation mit Kollegen aus der Medizin nun auch in der Gen- und Tumortherapie zum Einsatz bringen.

Kontrastmittel, die spezifisch „klingen“

Gasgefüllte Mikrobläschen unterscheiden sich in ihren mechanischen Eigenschaften von Blut und biologischem Gewebe: Unter bestimmten Bedingungen schwingen die Bläschen im Gegensatz zum umgebenden Gewebe unsymmetrisch. Ein charakteristischer „Klang“ macht sie detektierbar. Einfache Verfahren dieses sog. Harmonic Imagings sind auf kommerziellen Ultraschallgeräten bereits erhältlich. Doch die Schallausbreitung kann auch in biologischen Geweben vom linearen Verhalten abweichen und das Verfahren beeinträchtigen. Mit Methoden der nichtlinearen Signalverarbeitung erzielten die Bochumer Ingenieure nun einen deutlich höheren Kontrast und versuchen derzeit durch Modellierung der Nichtlinearität von Geweben und Mikrobläschen sowie deren charakteristischen Unterschieden die Detektionsempfindlichkeit weiter zu verbessern.

Mikrobläschen markieren Tumore

Mikrobläschen sollen zudem helfen, krankheitsspezifische Moleküle durch bildgebende Verfahren nachzuweisen. Wird ein an solche Moleküle bindender Ligand (Gegenmolekül) an Mikrobläschen gekoppelt und in die Blutbahn gebracht, dann reichert sich das Kontrastmittel vor allem im Tumor an und kann über bildgebende Verfahren nachgewiesen werden. Dies ist den Ingenieuren in Kooperation mit Prof. Dr. F. Kießling, Universität Aachen, inzwischen im Tierversuch gelungen: Anreicherungen von mit Liganden beschichteten Mikrobläschen konnten in Tumoren nachgewiesen werden. Um den Tumor und die Wirksamkeit von Therapiemaßnahmen beurteilen zu können, wollen die Forscher nun die Konzentration der angereicherten Mikrobläschen quantifizieren. Zudem werden derzeit verschiedene Konzepte erprobt, wie Mikrobläschen Medikamente transportieren könnten.

Wenn sich Zellen öffnen und schließen

Bei der Wechselwirkung von Mikrobläschen mit Zellen zeigte sich, dass im Ultraschallfeld oszillierende Mikrobläschen die Zellmembran ihrer Nachbarzellen vorübergehend öffnen können. Diese sog. Sonoporation wird derzeit erforscht. Bisherige Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Oszillation der Mikrobläschen die benachbarte Zellwand dehnt, bis diese nachgibt. Für ein bis drei Minuten entsteht eine Pore, die von der Zelle selbst wieder repariert werden kann – ein Zeitraum, in dem Substanzen in die Zelle gebracht werden könnten, die die Zellmembran sonst nicht passieren lässt – etwa Medikamente oder nichtvirale Vektoren im Rahmen der Gentherapie.

Weitere Informationen

Prof. Dr.-Ing. Georg Schmitz, Medizintechnik, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Tel. 0234/32-27573, E-Mail: Georg.Schmitz@rub.de

Media Contact

Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.rub.de/rubin

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sie verwandelt Materie mit Licht

Halb Chemikerin, halb Physikerin und voll und ganz Forscherin: Niéli Daffé befasst sich mit Materialien, die, wenn beleuchtet, Farbe oder Magnetisierung ändern. Mit SNF-Unterstützung untersucht sie dies mit Röntgenstrahlen. Schon…

Intelligentes Auto erkennt Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Rund 270.000 Menschen erleiden in Deutschland pro Jahr einen Schlaganfall. Jeder fünfte Betroffene stirbt innerhalb der ersten Wochen an den Folgen. Um einem Schlaganfall vorzubeugen, ist es wichtig, die Symptome…

Neue Standards für die Oberflächenanalyse von Nanopartikeln

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) entwickelt in einem neuen EU-Projekt standardisierte Messverfahren zur Untersuchung der Oberflächen von Nanopartikeln. Ziel ist es, die Funktionalität und Sicherheit von Nanopartikeln weiter…