Psychologen entdecken Baustein der Wahrnehmung von Geräuschen

In einem Schlüsselexperiment erkannten Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsforscher unter der Federführung von Prof. Dr. Erich Schröger vom Institut für Psychologie, dass ein ausbleibendes Geräusch ähnliche Hirnantworten auslösen kann wie ein reales Geräusch.

Die Psychologin Dr. Iria SanMiguel und ihre Kollegen aus der Arbeitsgruppe um Schröger stellten dies in einem Versuch mit etwa 20 Personen durch Hirnstrommessungen fest: In etwa einmal pro Sekunde sollten die Probanden auf einen Knopf drücken, wodurch ein Geräusch erzeugt wurde. Als der Ton gelegentlich ausblieb, war die Hirnaktivität fast identisch wie zuvor mit Geräusch. „Das war ein überraschendes Ergebnis“, sagt Schröger, dessen Team die neuen Erkenntnisse kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „The Journal of Neuroscience“ veröffentlicht hat.

„Das Wahrnehmen von Reizen unserer Umwelt ist kein passiver Prozess, der die Welt einfach widerspiegelt, sondern vielmehr eine aktive Rekonstruktion, die auf Grundlage der aktuellen sensorischen Erregung und eines internen Modells über die Welt erfolgt“, erklärt Schröger. Mit dem Experiment habe sein Team seit langem existierende Theorien belegt, die behaupteten, dass unsere Wahrnehmung nicht hauptsächlich durch die Realität bestimmt ist, sondern überraschend stark durch die Erfahrungen des Menschen geprägt ist. Im vorliegenden Fall sei auf das Ausbleiben eines Geräusches – also auf „Stille“ – eine Aktivität in den Regionen des Gehirn ausgelöst worden, die eigentlich nur für die Verarbeitung von Hörreizen zuständig sind, weil deren Erwartung des Geräusches sehr groß war. Die neuen Erkenntnisse der Psychologen liefern einen wichtigen Beitrag zum Verständnis darüber, wie unser Gehirn das Wahrnehmungsproblem löst.

Diese Studie wurde durch ein Reinhart-Koselleck-Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert, mit dem die wissenschaftliche Arbeit Schrögers unterstützt wird.

Veröffentlichung:
Hearing Silences: Human Auditory Processing Relies on Preactivation of Sound-Specific Brain Activity Patterns
doi: 10.1523/JNEUROSCI.5821-12.2013

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Erich Schröger
Institut für Psychologie
Telefon: +49 341 97-35960
E-Mail: schroger@uni-leipzig.de
Web: http://www.uni-leipzig.de/~biocog/schroger/
Weitere Informationen:
http://www.uni-leipzig.de/~biocog/content/en/third-party-projects/koselleck/ Der Befund in einer Animation
http://www.jneurosci.org/content/33/20/8633
Link zur Veröffentlichung

Media Contact

Carsten Heckmann Universität Leipzig

Weitere Informationen:

http://www.uni-leipzig.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Mehr Prozess- und Produktinnovationen in Deutschland als im EU-Durchschnitt

Mehr als jedes 3. Unternehmen (36 %) in Deutschland hat zwischen 2018 und 2020 (aktuellste Zahlen für die EU-Länder) neue Produkte entwickelt, Neuerungen von Wettbewerbern imitiert oder eigene Produkte weiterentwickelt….

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Partner & Förderer