Neue Methoden der Kinderwunschbehandlung

Jedes zehnte Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos. Abhilfe bieten verschiedene Verfahren der Reproduktionsmedizin.

Während die Reagenzglasbefruchtung (in-vitro Fertilisation) heute als etablierte Behandlungsmethode gilt, gibt es eine Reihe von Neulandverfahren, die noch nicht ausreichend erforscht sind, um sie in der Routinebehandlung von Kinderwunschpaaren anzuwenden.

Das besondere Interesse der Arbeitsgruppe um Privatdozent Dr. Georg Griesinger, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UK S-H) in Lübeck, und Prof. Dr. Klaus Diedrich, Direktor der Klinik, gilt dabei der Gefrierlagerung von Eierstockgewebe und Eizellen, sowie der Reifung von Eizellen aus Eierstockgewebe im Reagenzglas. „Beide Methoden haben das Potential, die Zukunft der Kinderwunschbehandlung entscheidend zu prägen“ ist Prof. Diedrich überzeugt.

Menschliche Keimzellen (Samen und Eizellen) können durch Tiefgefrierung gelagert werden (Kryokonservierung). Allerdings sind unbefruchtete Eizellen und Eierstockgewebe sehr empfindlich gegenüber einer Kryokonservierung. Ein neuartiges Verfahren der Gefrierlagerung, die sog. Vitrifikation, gilt in diesem Zusammenhang als äußerst vielversprechend. Die Bildung von Eiskristallen in der Flüssigkeit im Inneren der Eizelle kann bei einer konventionellen Gefrierung die Struktur beschädigen und sie damit unbrauchbar machen.

Bei der Vitrifizierung wird das Wasser aus der Eizelle entfernt, eine nicht gefrierende Lösung hinzugefügt und dann blitzartig in flüssigem Stickstoff eingefroren. Allerdings ist noch zu wenig über die Vor- und Nachteile der Methode bekannt. Um diese Wissenslücke zu schließen, sollen nun Laborversuche zur Tiefgefrierung von Eizellen von Maus und Mensch durchgeführt werden. Die Lübecker Arbeitsgruppe kooperiert dazu mit Kollegen aus der Grundlagenforschung in Bielefeld, München und Mainz.

Eine sichere und effiziente Art der Kryokonservierung von unbefruchteten Eizellen und Keimgewebe eröffnet Frauen mit Kinderwunsch völlig neue Perspektiven. Verfahren zur Lagerung menschlicher Eizellen und Keimgewebe ermöglichen es Frauen, die Mutterschaft zu verschieben. „Die Methode soll allerdings zuerst bei Frauen mit Kinderwunsch und Krebserkrankung zum Einsatz kommen. Da eine Chemotherapie häufig die Eierstöcke irreversibel schädigt, sollte eine Gefrierlagerung von Eierstockgewebe noch vor der Chemotherapie angestrebt werden“ berichtet Dr. Griesinger.

Allerdings ist bisher nur unzureichend untersucht, wie aus Eierstockgewebe reife Eizellen gezüchtet werden können. Auch dieser Fragestellung widmet sich die Forschergemeinschaft. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Ursula Eichenlaub-Ritter von der Universität Bielefeld wird dazu die Eizellen aus Lübeck auf ihr Entwicklungspotential und mögliche Schädigungen durch die Gefrierlagerung und die Reagenzglasreifung untersuchen. Die Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Thomas Haaf von der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und Prof. Dr. Georg Arnold von der Ludwig-Maximilians-Universität zu München erforschen genetische Veränderungen, bzw. Proteinexpressionsmuster der Eizellen.

Das Großprojekt „Potential von Keimzellen“, an dem zehn Kliniken und Institute in Deutschland in Form einer ortsverteilten Forschergruppe teilnehmen, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in den nächsten drei Jahren mit mehr als drei Millionen Euro gefördert. 130.000 Euro, verteilt auf 3 Jahre, erhält die Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Frauenklinik in Lübeck.

Für weitere Informationen steht zur Verfügung:
Priv.-Doz. Dr. med. Georg Griesinger, M.Sc.,
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe & Ambulanzzentrum des UK S-H gGmbH, Fachrichtung Reproduktionsmedizin,
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck,
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck,
Tel.: 0451 500-4418, Fax: 0451 500-2170,
E-Mail: georg.griesinger@frauenklinik.uni-luebeck.de

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