Multiresistente Krankenhauserreger: Neues Testverfahren beschleunigt ihre Diagnose

Krankheitserreger E. Coli in einer Petrischale, Foto: Universität zu Köln

Ein wissenschaftlicher Durchbruch zur beschleunigten Diagnostik multiresistenter Krankenhauserreger ist einem Forscherteam an der Medizinischen Fakultät in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) gelungen.

Mit einem neuartigen sogenannten immunochromatographischen Verfahren konnten die Forscher Axel Hamprecht, Jörg Janne Vehreschild, Harald Seifert und Ahmad Saleh in einer Studie Bakterien, die gegen die Antibiotikagruppe Carbapeneme resistent sind, innerhalb von 20 bis 45 Minuten aus Blutkulturen mit einer 100-prozentigen Sicherheit nachweisen.

Aktuelle Testverfahren dauern noch bis zu 72 Stunden. Die Ergebnisse wurden im renommierten Wissenschaftsjournal PLOS ONE veröffentlicht.

Patientinnen und Patienten mit durch gramnegative Erreger wie Escherichia coli ausgelösten Blutstrominfektionen weisen eine hohe Sterblichkeit auf. Die Infektion konnte durch Antibiotika aber bisher meist gut behandelt werden. Durch die Zunahme von Antibiotikaresistenzen, auch gegen die Gruppe der Carbapeneme, ist die Therapie zunehmend schwieriger geworden.

Bei Infektionen mit multiresistenten Erregern, die auch gegenüber solchen Reserveantibiotika resistent sind, kommt es besonders häufig zu einer unwirksamen Antibiotikatherapie und damit zu höherer Sterblichkeit.

Um diese Erreger wie E. coli im Blutstrom nachzuweisen, werden derzeit Methoden angewandt, die 16 bis 72 Stunden zum Nachweis der Antibiotikaresistenz beanspruchen. Eine beschleunigte Diagnostik ist daher ein wesentlicher Schritt, Patienten mit Infektionen durch Carbapenem-resistente Bakterien schneller und gezielter zu behandeln und zusätzlich die Ausbreitung der Erreger einzudämmen.

Die Resistenz bei gramnegativen Bakterien ist meist durch Enzyme verursacht, die neben den Carbapenem-Antibiotika auch weitere Antibiotika zerstören können. Sie werden als Carbapenemasen bezeichnet. Zu den weltweit häufigsten Carbapenemasen zählen die sogenannten Klebsiella-pneumoniae-Carbapenemase (KPC), die New-Delhi-Metallo-Betalaktamase (NDM) und OXA-48.

In der jetzt veröffentlichten Studie wurden Blutproben untersucht, die mit Carbapenemase-produzierenden Bakterien versetzt wurden. Hierbei drei der vier häufigsten Carbapenemasen – OXA-48, KPC und NDM – mit einem einzigen Testverfahren direkt aus positiven Blutkulturen entdeckt werden, ohne dass eine zeitaufwendige weitere Anzüchtung auf Agarplatten notwendig wurde. Das neue Verfahren ist schnell, einfach anzuwenden, kostengünstig (~10€/Test) und kann in jedem klinisch-mikrobiologischen Labor durchgeführt werden.

„Wir sind mit diesem Verfahren unserem Ziel, mit multiresistenten Erregern infizierte Patientinnen und Patienten so schnell wie möglich helfen zu können, einen Riesenschritt näher gekommen“, so Erstautor und DZIF-Professor Dr. med. Axel Hamprecht vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene am Universitätsklinikum Köln. „Bei derartig aggressiven Erregern zählt jede Minute, um eine gezielte Therapie zu starten. Jetzt müssen sich Folgestudien anschließen, um unsere Erkenntnisse so schnell wie möglich in die klinische Praxis zu überführen.“

Die mit Mitteln der medizinischen Fakultät der Universität zu Köln unterstützte Proof-of-Principle-Studie belegt die Sicherheit und Wirksamkeit des neuen Verfahrens. Bevor aber das neue Verfahren die herkömmliche Diagnostik ablösen und in die klinische Praxis eingeführt werden kann, sind weitere Studien notwendig.

Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung entwickeln bundesweit circa 500 Wissenschaftler und Ärzte aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Ziel ist die sogenannte Translation: die schnelle, effektive Umsetzung von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis. Damit bereitet das DZIF den Weg für die Entwicklung neuer Impfstoffe, Diagnostika und Medikamente gegen Infektionen.

Über 3.500 Studierende an der Medizinischen Fakultät werden im Umfeld der Uniklinik Köln praxisorientiert in enger Verzahnung von Lehre, Krankenversorgung und Forschung ausgebildet. In drei Schwerpunkten erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Probleme von großer gesellschaftlicher Relevanz: „Tumorbiologie, Infektion und Immunität“, „Homöostatische Prinzipien im Stoffwechsel und in der Geweberegeneration“ sowie „Neuromodulation“.

Inhaltlicher Kontakt:
Prof. Dr. med. Axel Hamprecht
Institut für medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene
+49 221 478 -32162 /-32100
axel.hamprecht@uk-koeln.de
Presse und Kommunikation:
Stephanie Wolff
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation an der Medizinischen Fakultät
+49 221 478-30774
stephanie.wolff@uk-koeln.de
Zur Publikation:
Hamprecht A, Vehreschild JJ, Seifert H, Saleh A (2018) Rapid detection of NDM, KPC and OXA-48 carbapenemases directly from positive blood cultures using a new multiplex immunochromatographic assay. PLOS ONE 13(9): e0204157. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0204157

Weitere Informationen:
http://www.dzif.de
http://www.medfak.uni-koeln.de

Media Contact

Gabriele Meseg-Rutzen Universität zu Köln

Weitere Informationen:

http://www.uni-koeln.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Brückenbau der Zukunft

Ein Team des Fachbereichs Konstruktiver Ingenieurbau an der HTWD erforscht modulare Fertigteilsysteme, um Brücken schneller, kostengünstiger und nachhaltiger zu errichten. Zahlreiche Brückenbauwerke in ganz Deutschland sind derzeit in einem schlechten…

Intelligente Kamerasysteme

HKA-Forschungskooperation mit Mercedes-Benz für autonomes Fahren der nächsten Generation. Im Mittelpunkt steht die Weiterentwicklung der komplexen Kameratechnologien im Neuromorphic Computing. Über die Kooperation im Projekt EVSC (Event Vision Stream Compres­sion)…

Digitaler Zwilling zeigt den Wald in 100 Jahren

Modell berechnet große Waldflächen bis auf den Einzelbaum genau. Der Wald der Zukunft wird mit anderen Bedingungen zurechtkommen müssen als der von heute. Deshalb ist es laut Forschenden der Technischen…