Internationale Empfehlungen für nicht-tuberkulöse Mykobakterien

Computertomographie des Brustkorbs bei einer Patientin mit einer kavernösen (Pfeil) Infektion der rechten Lunge durch Mycobacterium avium. FZ Borstel

Sie sind die Cousins und Cousinen der Tuberkulosebakterien und können – müssen aber nicht – Infektionskrankheiten beim Menschen hervorrufen. Um sie von den Tuberkulosebakterien abzugrenzen, nennt man sie „Nicht-tuberkulöse Mykobakterien“ kurz NTMs. Annähernd 200 verschiedene Arten und Unterarten sind bekannt.

Betroffen sind vor allem Patientinnen und Patienten mit sog. Bronchiektasen (Erweiterung der Atemwege). Zu den häufigsten Erregern gehören Mycobacterium avium complex, Mycobacterium kansasii, Mycobacterium xenopi und Mycobacterium abscessus.

Anders als bei Tuberkulose ist eine Ansteckungsgefahr bei den nicht-tuberkulösen Mykobakterien praktisch nicht bekannt. Nicht selten kommt es zu chronischen Verläufen der Infektion.

„In manchen Ländern gibt es inzwischen mehr Erkrankungen durch NTMs als durch Tuberkulosebakterien“, erklärt Christoph Lange, Klinischer Direktor am FZ Borstel. „Wann, wie und wie lange man die Betroffenen behandelt, ist dabei nicht immer so ganz klar.“

Internationale Empfehlungen zur Behandlung bei Lungenerkrankungen durch NTMs, die eher auf Expertenmeinungen als auf wissenschaftliche Evidenz basierten, wurden zuletzt im Jahr 2007 publiziert. „Es war höchste Zeit für neue Leitlinien“, betont Christoph Lange.

Nun hat ein Expertengremium der führenden internationalen Fachgesellschaften für Infektionskrankheiten und Lungenheilkunde (ATS, ERS, ESCMID, IDSA) eine neue, Evidenz-basierte Leitlinie für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit den häufigsten NTM-Erregern erstellt.

Hierzu wurde nach dem Verfahren der Evidenz-basierten Medizin mit sog. PICO-Fragen (Population, Intervention, Comparison, Outcome) vorgegangen. Die neuen Empfehlungen basieren auf umfangreichen systematischen Literaturrecherchen und wurden nach der aktuellen wissenschaftlichen Evidenzlage benotet.

Insgesamt werden einunddreißig Empfehlungen zur Behandlung der NTM-Lungenerkrankungen gegeben. Die neue Leitlinie ist zur Verwendung durch medizinisches Fachpersonal bestimmt, welches Patienten mit NTM-Lungenkrankheiten betreut, einschließlich Spezialisten für Infektionskrankheiten und Lungenkrankheiten.

Prof. Christoph Lange
Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum

E-Mail: clange@fz-borstel.de

Daley CL et al.
Treatment of Nontuberculous Mycobacterial Pulmonary Disease: An Official ATS/ERS/ESCMID/IDSA Clinical Practice Guideline: Executive Summary.
Clin Infect Dis. 2020 Jul 6:ciaa241. doi: 10.1093/cid/ciaa241. Epub ahead of print.

https://erj.ersjournals.com/content/56/1/2000535 weitere Publikation

Media Contact

Karola Neubert idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Klimakrise gefährdet alpine Ökosysteme

Gebirge sind vom Klimawandel besonders betroffen: Sie erwärmen sich schneller als das Flachland. Mit der Erwärmung schwindet die Schneedecke und Zwergsträucher dringen in höhere Lagen vor – mit starken Auswirkungen…

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Partner & Förderer