HTA-Bericht zu Diäten: Ernährungsänderung allein reicht nicht

Die Ergebnisse fasst ein neuer HTA-Bericht zusammen (Health Technology Assessment, systematische Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien). Der vollständige Bericht ist kostenfrei auf den Webseiten des DIMDI abrufbar.

Wirksam sind alle

Nach den im HTA-Bericht betrachteten Studien sind alle untersuchten Diäten wirksam, keine war allen anderen überlegen. Kurzfristig erzielt eine kohlenhydratarme Kost zwar den besten Erfolg, so die Autoren. Längerfristig besser wirke aber eine fettarme Ernährung. Dabei sei es vielversprechender, den Fettkonsum nur moderat statt radikal einzuschränken. Genauso erfolgreich wie fettarme Diäten zeigten sich kalorienreduzierte oder proteinreiche Programme. Weniger günstig scheinen dagegen vegane und Formula-Diäten (mit Nährstoffmischungen, die Mahlzeiten z.B. mit Fertigdrinks oder Riegeln ersetzen).

Allerdings verringern Schwächen der Studien ihre Aussagekraft zur Wirksamkeit der Diäten, wie die Autoren bemängeln: So erfassten Teilnehmer ihren Ernährungsstatus überwiegend durch Selbstauskunft, was Ergebnisse verzerren kann. Einige Untersuchungen belegen nur Kurzzeitergebnisse. Problematisch sei auch, dass viele Studien die körperliche Aktivität der Teilnehmer zu wenig berücksichtigen. Denn statt der Diät könne auch ein gesteigertes Sportprogramm maßgeblich zum Gewichtsverlust beitragen.

Ziel der Therapie

Die Therapie von Übergewicht und Adipositas soll das Gewicht nicht maximal reduzieren (Adipositas: Body Mass Index (BMI)>30). Das Ziel ist vielmehr, ein mäßig reduziertes Körpergewicht langfristig zu stabilisieren. Die Leitlinie „Prävention und Therapie von Adipositas“ empfiehlt dafür je nach Ausgangs-BMI ein Minus von 5-30 Prozent. Dies sei auf Dauer nur realistisch, wenn Patienten neben ihrer Ernährung weitere Lebensumstände ändern, betonen die Autoren des HTA-Berichts.

Nachhaltig angelegte Diäten verlaufen 2-phasig: Nach dem Abnehmen (Phase 1) helfen sie in einer 2. Phase auch, das verringerte Körpergewicht stabil zu halten. Herkömmliche Therapien versuchen daher, auch Bewegung und Verhalten der Patienten zu verändern. Das Prinzip besteht darin, weniger Energie aufzunehmen und gleichzeitig mehr Kalorien durch Bewegung und Sport zu verbrennen. Wenn das keinen ausreichenden Erfolg erzielt, können Medikamente unterstützen. Darüber hinaus gibt es chirurgische Maßnahmen, die gemäß der Leitlinie „Chirurgie der Adipositas“ jedoch nur unter bestimmten Bedingungen angewandt werden.

Langfristige Gewichtsstabilisierung

Nach dem erfolgreichen Abnehmen ist es für Patienten oft schwer, das Gewicht langfristig zu halten. Im Alltag treffen sie auf zahlreiche Herausforderungen: So sind kalorienreiche Lebensmittel, Fast-Food und Fertignahrung ständig präsent. Viele Menschen arbeiten zudem im Sitzen und gestalten auch ihre Freizeit mit Computer, Fernseher und Internet überwiegend passiv.

Für einen nachhaltigen Therapieerfolg empfehlen die Autoren unabhängig von der Diätform zudem folgende Maßnahmen:
– regelmäßige körperliche Aktivität
– fettarme Ernährung
– viel Obst und Gemüse
– regelmäßige Selbstkontrolle
– kontinuierliches Verhaltenstraining

Die Autoren sehen Übergewicht und Adipositas als gesellschaftliches Problem. Nicht nur Betroffene selbst müssten aktiv werden, auch die Gesundheitspolitik sei gefragt. Sie solle die Verhältnisprävention stärken, d.h. darauf einwirken, dass verbesserte Lebensumstände nachhaltiges Abnehmen erleichtern.

(Wirksamkeit von Diäten zur nachhaltigen Gewichtsreduktion bei Übergewicht und Adipositas; Dieter Korczak, Christine Kister)

HTA-Berichte bei DAHTA
Die HTA-Berichte sind in der DAHTA-Datenbank beim DIMDI bzw. im HTA-Journal bei German Medical Science (GMS) kostenfrei als Volltext abrufbar. Für die Inhalte der HTA-Berichte sind die genannten Autoren verantwortlich. Alle durch die DAHTA beauftragten Berichte werden in einem standardisierten, anonymisierten Verfahren erstellt, um die Unabhängigkeit der Autoren zu gewährleisten.

Das DIMDI stellt über das Internet hochwertige Informationen für alle Bereiche des Gesundheitswesens zur Verfügung. Es entwickelt und betreibt datenbankgestützte Informationssysteme für Arzneimittel und Medizinprodukte und verantwortet ein Programm zur Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien (Health Technology Assessment, HTA). Das DIMDI ist Herausgeber amtlicher medizinischer Klassifikationen wie ICD-10-GM und OPS und pflegt medizinische Terminologien, Thesauri, Nomenklaturen und Kataloge (z. B. MeSH, UMDNS, Alpha-ID, LOINC, OID), die für die Gesundheitstelematik von Bedeutung sind. Das DIMDI ermöglicht den Online-Zugriff auf seine Informationssysteme und rund 50 Datenbanken aus der gesamten Medizin. Dafür entwickelt und pflegt es moderne Software-Anwendungen und betreibt ein eigenes Rechenzentrum.

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Sven Borowski idw

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