Glukosamin erhöht Lebenserwartung

Glukosamin ist ein seit Jahrzehnten verwendetes, frei verkäufliches Nahrungsergänzungsmittel. Es wird zur Verbesserung der Gelenkfunktion und Regeneration von lädiertem Knorpel eingesetzt. In den 1960er Jahren entdeckten Forscher, dass Glukosamin den Abbau von Zucker in Körperzellen verlangsamt. Jüngere Forschungsarbeiten weisen ausserdem darauf hin, dass Glukosamin den Stoffwechsel und somit das Wachstums von Krebszellen beeinträchtigt.

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Michael Ristow, Professor für Energiestoffwechsel an der ETH Zürich, hat bereits in früheren Studien zeigen können, dass ein Überangebot von Zucker die Lebenserwartung von Fadenwürmern deutlich beeinträchtigt, und dass eine Verminderung des Zuckerabbaus lebensverlängernd wirkt [Quelle 1]. In Säugetieren erwies sich jedoch eine derartige Blockade des Zuckerabbaus als unwirksam [Quelle 2].

Um zehn Prozent verlängertes Leben

In der jetzt veröffentlichten Studie, die in einer Kollaboration von Forschenden der ETH Zürich, der Universität Jena sowie drei Instituten der Leibniz-Gemeinschaft, verwendete Ristows Team Glukosamin, welches den Zuckerstoffwechsel bremst. Glukosamin erhöhte bei Fadenwürmern die Lebenserwartung um durchschnittlich etwa fünf Prozent.

Nachfolgend fütterten die Wissenschaftler alternde, 100 Wochen alte Mäuse, entsprechend dem menschlichen Alter von etwa 65 Jahren, kontinuierlich mit glukosaminhaltiger Nahrung. Zur Kontrolle verglichen sie die Lebensdauer dieser Tiere mit Mäusen, die Nahrung ohne Glukosamin erhielten. Die natürliche Lebenserwartung der mit Glukosamin gefütterten Tiere stieg im Durchschnitt um knapp zehn Prozent, was einer Steigerung der menschlichen Lebenserwartung von etwa acht Jahren entsprechen würde. Zudem wiesen die Mäuse einen verbesserten Blutzucker-Stoffwechsel auf, was vor Diabetes zu schützen vermag.

Mögliche Alternative zu low-carb Ernährung

In detaillierten Untersuchungen konnten die Wissenschaftler darüber hinaus zeigen, dass die mit Glukosamin gefütterten Mäuse den verminderten Zuckerabbau kompensieren, indem sie vermehrt Aminosäuren, die Bausteine aus denen Proteine bestehen, zur Energiegewinnung verwenden. Ristow interpretiert dies als «eine Simulierung der low-carb Ernährung, die als gesundheitsfördernd gilt. Anders als bei einer solchen kohlenhydratarmen Diät musste die Kohlenhydratzufuhr der Tiere jedoch nicht eingeschränkt werden.» Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Glukosamin auch beim Menschen einen Stoffwechselzustand wie bei einer kohlenhydratreduzierten Diät herbeiführen könnte, ohne dass das eigene Essverhalten geändert werden müsste, so Ristow.

Sollen wir nun Glukosamin auf unseren täglichen Speiseplan setzen? «Ich denke, dass einiges dafür spricht», sagt der Internist und Ernährungsmediziner Ristow. Es fehlen jedoch bislang klinische Langzeitstudien zu einer kontinuierlichen Glukosamin-Einnahme. «Insbesondere Diabetiker sollten vor einer Glukosamin-Einnahme Rücksprache mit ihrem Hausarzt halten und in den ersten Wochen vermehrt Blutzuckerkontrollen vornehmen», empfiehlt er.

Zwei jüngere Bevölkerungsstudien [Quellen 3, 4] mit mehr als 77‘000 Teilnehmern weisen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Glukosamin-Einnahme und verminderter Sterblichkeit auch beim Menschen hin. «Anders als bei unseren Mäusen ist dies zwar kein Beweis dafür, dass Glukosamin im Menschen lebensverlängernd wirkt», sagt Ristow, «aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch.»

Literaturhinweis / Originalpublikation:
Sandra Weimer et al.: D-Glucosamine supplementation extends lifespan of nematodes and of ageing mice. Nature Communications, 2014, doi: 10.1038/ncomms4563,
Creative Commons Free Access: http://dx.doi.org/10.1038/ncomms4563

Weitere Quellenangaben:
1. Schulz, T.J., et al., Glucose restriction extends Caenorhabditis elegans life span by inducing mitochondrial respiration and increasing oxidative stress. Cell Metab, 2007. 6(4): p. 280-293, http://dx.doi.org/10.1016/j.cmet.2007.08.011

2. Minor, R.K., et al., Chronic ingestion of 2-deoxy-D-glucose induces cardiac vacuolization and increases mortality in rats. Toxicol Appl Pharmacol, 2010. 243(3): p. 332-9, http://dx.doi.org/10.1016/j.taap.2009.11.025

3. Pocobelli, G., et al., Total mortality risk in relation to use of less-common dietary supplements. Am J Clin Nutr, 2010. 91(6): p. 1791-800, http://dx.doi.org/10.3945/ajcn.2009.28639

4. Bell, G.A., et al., Use of glucosamine and chondroitin in relation to mortality. Eur J Epidemiol, 2012. 27(8): p. 593-603, http://dx.doi.org/10.1007/s10654-012-9714-6

Weitere Informationen:
ETH Zürich
Prof. Dr. med. Michael Ristow
Professur für Energiestoffwechsel
Telefon: +41 44 655 74 46
michael-ristow@ethz.ch

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Franziska Schmid ETH Zürich

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