Gleichgewicht für den Darm
Ein Forscherteam am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene (IMMH) des Universitätsklinikums Freiburg identifizierte eine neue Population von Immunzellen.
Diese Entdeckung könnte richtungsweisend werden für neue Therapiestrategien chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen. Zu dem Forscherteam vom IMMH gehören Stephanie Sanos, Viet Lac Bui, Arthur Mortha, Karin Oberle, Charlotte Heners und Prof. Dr. Andreas Diefenbach. Außerdem arbeitet Caroline Johner vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg an dem Projekt mit.
Die Ergebnisse der Forschergruppe sind in der aktuellen Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature Immunology“ publiziert, die am 23. November 2008 ins Internet gestellt wird (www.nature.com/ni/journal/vaop/ ncurrent/index.html).
Das Immunsystem des Darms befindet sich in nächster Nähe einer Vielzahl von Bakterien (Kommensalen), die die Schleimhäute des Darms besiedeln. Dabei gehen Darmepithelzellen, kommensale Bakterien und Immunzellen eine friedliche Koexistenz ein. Es wird angenommen, dass die Immunzellen des Verdauungstrakts neben dem Schutz vor Infektionen einen wichtigen Beitrag zur Regeneration und Reparatur von Darmepithelzellen leisten.
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, sind Ausdruck der Störung dieses symbiotischen Gleichgewichts. Die von dem Freiburger Forscherteam entdeckte Lymphozyten-Population des Darms ist wesentlich für die Erhaltung dieses Gleichgewichts zuständig.
Die neue Immunzell-Population leitet sich von Lymphgewebe-Induktorzellen ab. Diese sind maßgeblich für die Entwicklung von Lymphknoten, den Zentren der Immunantwort. Darüber hinaus ähneln diese Zellen den natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), die eine zentrale Rolle bei der Immunantwort gegenüber viralen Infektionen und Tumoren spielen. Diese Ähnlichkeit hat das Forscherteam, das sich hauptsächlich mit NK-Zellen beschäftigt, auf die Fährte dieser Zellen geführt.
Die Zellen und Moleküle, die das symbiotische Gleichgewicht zwischen Darmepithelium, Bakterien und Immunsystem gewährleisten, waren bisher unbekannt. Die jetzt beschriebenen Immunzellen nehmen dabei eine zentrale Stellung ein, weil sie den Botenstoff Interleukin-22 produzieren, der wiederum Darmepithelzellen zu Regeneration und Gewebereparatur stimuliert.
Interleukine dienen der Kommunikation von Immunzellen. Interleukin-22 nimmt dabei eine Sonderstellung ein, da dessen Rezeptormolekül ausschließlich auf Epithelzellen zu finden ist. Die Freiburger Forscher konnten zeigen, dass die Eliminierung dieser Interleukin-22 produzierenden Zellen im Tiermodell eine profunde Störung der epithelialen Schutzfunktionen und damit entzündliche Veränderungen des Darms zur Folge hatte.
Alle Ergebnisse der Freiburger Wissenschaftler deuten darauf hin, dass die jetzt entdeckte Lymphozyten-Population einen vielversprechenden Angriffspunkt für neue Therapiestrategien chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen bietet.
Kontakt:
Prof. Dr. Andreas Diefenbach
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene (IMMH)
des Universitätsklinikums Freiburg
Tel.: 0761/203-6522
Fax: 0761/203-6562
E-Mail: andreas.diefenbach@uniklinik-freiburg.de
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