Gendefekt verursacht Darmerkrankung

Prof. Christoph Klein und Dr. Daniel Kotlarz (v.li.) Foto: Klinikum der Universität München

Die Ärzte im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München kennen die 14-jährige Äyä seit vielen Jahren. Dutzende Male war sie schon hier zur Behandlung ihrer Erkrankung. Von Geburt an litt das Mädchen aus Baden-Württemberg an einer ungewöhnlich schweren chronisch-entzündlichen Darmerkrankung mit Übelkeit, Durchfällen, hohem Fieber, Abszessen und verschiedenen Nahrungsunverträglichkeiten.

Jahrelang konnte niemand dem kleinen Mädchen helfen, obwohl ihre Eltern eine Odyssee durch Arztpraxen starteten. Auch als ihr Darm weitgehend entfernt wurde, konnte ihr Leiden nicht gemildert werden.

Das Gen für die Caspase-8 funktioniert nicht

Seit einigen Jahren nun ist Äyä Patientin im „Hauner“. Hier werden unter anderem Kinder mit seltenen, rätselhaften Erkrankungen nicht nur durch interdisziplinäre Teams von Ärzten und Psychologen betreut, darüber hinaus werden auch die Krankheitsursachen und neue Therapien erforscht.

Seit 2013 vermuten die Forscher aufgrund ihrer genetischen Studien, dass ein mutiertes Gen – das Gen für das Protein Caspase-8 – die Beschwerden des Kindes auslöst. Weiterführende Untersuchungen haben diese Hypothese nun bestätigt: „Es handelt sich um einen einzigen Gendefekt, der die chronisch-entzündliche Darmerkrankung verursacht“, erklärt Anna Lehle, die Erstautorin der Studie.

Gestörtes Immunsystem

Das Team um Dr. Daniel Kotlarz und Professor Christoph Klein konnte dies einerseits durch Labor-Untersuchungen in genetisch veränderten Zellen zeigen, andererseits wurden dank internationaler Vernetzungen über die Care-for-Rare Alliance zwei weitere Familien mit vergleichbaren Defekten im Gen der Caspase-8 identifiziert.

Ergebnis: „Das Immunsystem der betroffenen Kinder ist fundamental gestört“, erklärt Daniel Kotlarz. Ihre Immunzellen reifen nicht ordnungsgemäß heran, und sie schütten beispielsweise vermehrt Botenstoffe aus, die die Entzündung im Darm immer neu vorantreiben.

„Diese Erkenntnis ist wesentlich, um die bisher recht erfolglosen Therapiebemühungen zu verbessern“, sagt Klinikdirektor Christoph Klein. Vor kurzem wurde Äyä im Dr. von Haunerschen Kinderspital erfolgreich mit gesunden Blutstammzellen behandelt – nun besteht Hoffnung, dass ihr Immundefekt geheilt werden kann.

Neue Therapien für gefährliche Erkrankungen

Das Team im Dr. von Haunerschen Kinderspital ist überzeugt, dass durch diese Art der Verbindung von klinischer Praxis mit wissenschaftlicher Forschung (Translation) neue personalisierte Therapieansätze für noch immer unheilbare und lebensbedrohliche Erkrankungen entwickelt werden können.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christoph Klein
Direktor der Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital
Klinikum der Universität München (LMU)
Campus Innenstadt
Tel: 089/4400 57701
Mail: Christoph.Klein@med.uni-muenchen.de

Dr. Daniel Kotlarz
Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital
Tel: 089/4400 53123
Mail: Daniel.Kotlarz@med.uni-muenchen.de

Media Contact

Philipp Kressirer idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.klinikum.uni-muenchen.de

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