Sie gehört zu mir: Neuer Ansatz zur Integration sensomotorischer Assistenzsysteme in das eigene Körperschema
>> Vor einem Jahr verlor Klaus bei einem Arbeitsunfall seinen linken Unterarm. Aber seine eigens für ihn angefertigte Prothese empfindet er immer noch als Fremdkörper. Ihm fehlt einfach die gewohnte sensorische Rückmeldung. Experimente des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung geben erste Hinweise darauf, dass diese fehlende Rückmeldung durch eine Reizung anderer Stellen des Körpers ersetzt werden könnte.
Erst mit dem Verlust eines Körperteils oder dessen Beweglichkeit wird klar, welche Einschränkungen damit für das alltägliche Leben verbunden sind. Besonders gravierend sind die Auswirkungen, wenn die Hand betroffen ist: Sie ist für uns das wichtigste Organ, um mit unserer Umwelt zu interagieren.
Bei einem Verlust der Beweglichkeit kommen unterstützende Orthesen zum Einsatz, der Verlust des Körperteils wird mit individuell angepassten Prothesen behandelt. Diese medizinischen Hilfsmittel werden aber trotzdem häufig von den Nutzern als fremd wahrgenommen, denn sie passen nicht zu deren eigenem Körperschema.
Mit diesem Problem beschäftigt sich die Arbeitsgruppe „Moderne Mensch-Maschine-Systeme“ unter der Leitung von Gerhard Rinkenauer. Im Rahmen des Verbundprojekts „GripAssist“ arbeitet die Gruppe zusammen mit fünf Partnern aus der Wirtschaft und dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik an einer Orthese zur aktiven Unterstützung von Patienten mit eingeschränkter Handfunktion.
Von GripAssist wird ein sensomotorisches Assistenzsystem in Form einer Orthese entwickelt. Diese Orthese wird ähnlich wie ein Handschuh getragen. Im Betriebszustand soll der Nutzer beispielsweise die auszuführende Bewegung impulsgesteuert, sofern noch möglich, durch eine minimale Positionsveränderung der Finger anzeigen. Die Orthese erkennt diese Veränderung und unterstützt den Anwender bei der Ausführung der Greifbewegung. Darüber hinaus werden auch alternative Ansteuerungskonzepte weiterentwickelt.
Rinkenauers Gruppe beschäftigt sich insbesondere mit der Frage, wie die fehlende sensorische Rückmeldung ersetzt werden kann. In ihrem Labor experimentieren die Wissenschaftler mit einem räumlich verlagerten Sinneseindruck. Sie verwenden dabei das aus der Grundlagenforschung bekannte Prinzip, dass eine fehlende sensorische Rückmeldung teilweise durch einen entsprechenden Reiz an einer anderen Stelle des Körpers kompensiert werden kann. In ihren Experimenten wird die fehlende manuelle Rückmeldung beispielsweise durch eine Reizung der Zehen ersetzt. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass dieses Prinzip das Potential hat, die Lebensqualität der Nutzer von künstlichen Gliedmaßen entscheidend zu verbessern.
Kontakt:
PD Dr. phil. Gerhard Rinkenauer
Telefon: +49 231 1084-374
E-Mail: rinkenauer@ifado.de
Das IfADo – Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund erforscht die Potenziale und Risiken moderner Arbeit auf lebens- und verhaltenswissenschaftlicher Grundlage. Aus den Ergebnissen werden Prinzipien der leistungs- und gesundheitsförderlichen Gestaltung der Arbeitswelt abgeleitet. Das IfADo hat mehr als 220 Mitarbeiter/innen aus naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen. Das Institut ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Diese Wissenschaftsorganisation umfasst 86 Einrichtungen, die mehr als 16.800 Menschen beschäftigen, bei einem Jahresetat von über 1,8 Mrd. Euro.
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