Speiseröhre: Bessere Diagnostik von Krebsvorstufen durch Laser-Fluoreszenz


Bösartige Veränderungen der Speiseröhre beginnen oftmals mit Sodbrennen, das, vor allem in Ländern mit Überernährung, ein
weitverbreitetes Leiden geworden ist. Dabei gelangen Verdauungssäfte aus Magen und Darm, in den unteren Teil der
Speiseröhre, was sich als Brennen und Schmerz bemerkbar macht.

Bei länger bestehendem Leiden verändert sich bei einem Teil der Betroffenen die Struktur der Schleimhaut der Speiseröhre in jenem Bereich, der immer wieder in Kontakt mit Verdauungssäften gerät. Die Zellen verlieren ihre normale Größe und Gestalt und können über mehrere Veränderungsschritte zu Krebs entarten.

Bei Verdacht ist daher eine endoskopische Untersuchung durch den Arzt angezeigt. Fortgeschrittene Gewebeveränderungen lassen sich so direkt erkennen. Aber Vorstufen zum Krebs und auch Krebs selbst sind im weißen Licht des Endoskops oft nicht von gesunden Zellen zu unterscheiden. Daher hat man vor einigen Jahren begonnen, veränderte Zellen durch Eigenfluoreszenz bestimmter Zellstrukturen nach Lasereinwirkung sichtbar zu machen. Damit gelingt es zwar, stark veränderte und eindeutig bösartige Zellverbände zu erkennen, jedoch nicht die frühen Grade der Zellveränderungen. Das ist inzwischen der Arbeitsgruppe um Dr. Maria-Anna Ortner, Oberärztin der „Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Gastrologie, Hapatologie und Endokrinologie“ der Charité in Zusammenarbeit mit der Physikalisch Technischen Bundesanstalt gelungen.

Die Gruppe entwickelte dazu ein doppellumiges Endoskop, das mit hochdifferenzierter Technik (Bildleiter, optischen
Filtern, Spiegeln, Kamera, Instrumentarium zum Sprühen, Saugen und zur Gewebeentnahme) ausgerüstet ist.

Vor der eigentlichen Untersuchung wird per Endoskop eine ungiftige Lösung, die 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) enthält, auf die Schleimhaut der Speiseröhre gesprüht. 5-ALA ist eine Vorstufe des Blutfarbstoffes. Sie lagert sich in die Zellen der Speiseröhre ein und wird dort zu Protoporphyrin IX umgewandelt. Trifft nun ein Laserstrahl (Nd:YAG-Laser) auf die Zellen, so fluoreszieren sie. Dabei leuchten gesunde Zellen sofort, aber nur kurz, veränderte Zellen dagegen erst mit einer gewissen Verzögerung, jedoch intensiver und anhaltender, weil sich der Farbstoff in ihnen bevorzugt ansammelt.
Außerdem wandert mit zunehmendem Grad der Bösartigkeit auch die Fluoreszenz vom grünen in den roten Bereich. Das
Fluoreszenzspektrum von Protoporphyrin IX wird – aufgearbeitet vom angeschlossenen Computer – am Monitor als Kurve (Fluoreszenz-Spektrogramm) abgebildet.

Neben dem Spektrogramm erkennt der Arzt aber auch die Zellveränderungen direkt beim Blick durch das Endoskop. Dies
ist möglich, weil das Gerät, das mit weißem Licht arbeitet, mit einem eigenen Kanal für den Laser bestückt ist. Durch
diesen Zugang wird der Laser, gepulst, in das Lichtfaserbündel des Endoskops eingekoppelt, wobei Interferenzen zwischen den beiden Lichtarten vermieden werden. Außerdem sorgt eine spezielle Software dafür, dass die kurzdauernden Fluoreszenzen des gesunden Gewebes zugunsten der verzögerten Fluoreszenz der veränderten Zellen ausgeblendet werden. So gelingt es dem Arzt nun erstmals direkt bei der endoskopischen Betrachtung der Speiseröhre verlässliche Aussagen zu machen über die Art der vorgefundenen Gewebe, wovon letztlich die Art der Behandlung abhängt.

Am 2. Dezember 2000 wird das neue Verfahren im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposium in der Charité live demonstriert und in Kürze in der Fachzeitschrift „Gastroenterology“ veröffentlicht.

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