Suchtmediziner: Hamburger Senat fördert lebensgefährliche Infektionskrankheiten
Als „gefährlichen Rückschritt“ bezeichnet die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin die Entscheidung des Hamburger Senats, den Spritzentausch in Hamburger Gefängnissen zur Vermeidung von lebensbedrohlichen Infektionskrankheiten zu beenden.
Als „gefährlichen Rückschritt“ haben die führenden deutschen Fachleute für Suchtmedizin die Entscheidung des Hamburger Senats bezeichnet, den Spritzentausch in Hamburger Gefängnissen zur Vermeidung von lebensbedrohlichen Infektionskrankheiten zu beenden.
Dr. Jörg Gölz, Vorsitzender der „Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin“ (DGS) verwies auf die Erfolge der schadensmindernden Maßnahmen im In-und Ausland sowohl für Drogenkranke als auch für die Gesellschaft.
Weniger das Heroin als vielmehr die Bedingungen, unter denen es konsumiert wird, verursachten schwerwiegende Folgen, heißt es in einer Presseerklärung der DGS. Jede HIV-Infektion, die durch infizierte Nadeln weitergegeben wird, kostet die Gesellschaft pro Jahr und Patient 25.000 Euro an Behandlungskosten, jede chronische Hepatitis C durch infizierte Spritzen 30.000 bis 50 000 Euro.
Darüber hinaus machen beide Infektionskrankheiten eine spätere berufliche Rehabilitation des infizierten Drogenabhängigen unmöglich.
Während zum Beispiel die Weltgesundheitsorganisation (WHO) derzeit Sofortprogramme für den Spritzentausch in Russland und Zentralasien plant, um AIDS- und Hepatitis-Epidemien zu begrenzen, beschließt der Hamburger Senat genau das Gegenteil von dem, was sich bewährt hat. Deutsche Gefängnisse galten jahrelang als „Durchlauferhitzer“ für die Verbreitung der beiden Viruserkrankungen unter Drogenkonsumenten. Durch den Spritzentausch in den Gefängnissen wurde diesem gesundheitspolitischen Skandal ein Ende gesetzt. Dieses Angebot jetzt zu stoppen, entbehre jeder vernünftigen Begründung, erklärte die DGS. Statt dessen grabe der Hamburger Senat Argumente aus der Steinzeit der drogenpolitischen Debatte aus: Die Vergabe steriler Spritzen soll durch ausstiegsorientierte Angebote ersetzt werden. Doch beide Angebote können sich nicht wechselseitig ersetzen. Wer Heroin injizieren muss, geht nicht auf ein „ausstiegsorientiertes“ Angebot ein, nur weil die sterilen Spritzbestecke wieder verknappt werden. Auch in Haftanstalten lässt sich der Drogenkonsum nicht unterbinden. Vielmehr sind sowohl Suchtkrankheiten als auch Virusinfektionen dort besonders häufig. Die Folge unterlassener schadenmindernder Maßnahmen (wie Spritzentausch) ist die Weitergabe von lebensbedrohlichen Krankheiten. Für den finanziellen Schaden aber stehe nicht der Hamburger Senat gerade, sondern die Bürger mit ihren Beiträgen zur Krankenversicherung und ihren Steuern.
Ansprechpartner:
Dr. Jörg Gölz Vorsitzender DGS Praqxisgemeinschaft Kaiserdamm Kaiserdamm 24, 14057 Berlin Tel.: (030) 30113-944 oder 883 21 27; Fax: 883 85 75 E-Mail: goelz@snafu.de
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