Neuropsychologische Defizite nach Bypass-Operationen
Bis zu einem Viertel der Patienten, die sich einer Bypass-Operation, leidet nach sechs Monaten noch unter operationsbedingten neuropsychologischen Defiziten. „Wenn Patienten bereits vor dem Eingriff solche Störungen haben, wären sie daher – falls dieses möglich ist – eher Kandidaten für eine Stent-Implantation als für eine Bypass-Operation“, betonen Experten der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Fachzeitschrift InFo Neurologie&Psychiatrie.
Rund 75000 Patienten unterziehen sich in Deutschland jährlich einer Bypass-Operation, weil ihre Herzkranzgefäße verengt oder verstopft sind. Bessere Operations- und Narkoseverfahren konnten in der Vergangenheit die Risiken dieses Eingriffs deutlich reduzieren. Darum rückt mittlerweile eine andere Komplikation stärker in den Vordergrund: kognitive Einschränkungen.
Der Grund sind wahrscheinlich Mikroembolien, die beim Abklemmen der Hauptschlagader während des Eingriffes auftreten können, sowie kleine Gasembolien durch die so genannten Shuntsysteme. Ebenso dürfte eine Rolle spielen, dass Chirurgen solche Eingriffe zunehmend auch bei älteren Patienten wagen. Bislang gingen die Ärzte jedoch davon aus, dass sich diese Störungen im Laufe der Zeit in den meisten Fällen wieder bessern.
Nun haben US-Forscher vom Duke University Medical Center in Durham bei 261 Patienten erstmals mit verschiedenen Tests vor und nach dem Eingriff untersucht, wie lange diese Einschränkungen nach einer Bypass-Operation tatsächlich bestehen bleiben. Resultat: Mehr als die Hälfte, 53 Prozent der Patienten, litten zum Zeitpunkt ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus unter derartigen Störungen. Nach sechs Wochen waren noch 36 Prozent, nach sechs Monaten noch 24 Prozent betroffen. Bei einer weiteren Untersuchung nach fünf Jahren litten sogar 42 Prozent unter neuropsychologischen Defiziten. Für diesen erneuten Anstieg machen die Forscher drei Risikofaktoren verantwortlich: das höhere Alter der Patienten, einen geringeren Bildungsgrad sowie den Nachweis solcher Störungen zum Zeitpunkt der Klinikentlassung.
„Diese Langzeitstudie belegt eindrucksvoll“, kommentieren Experten der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, „dass es bei einem hohen Prozentsatz von Patienten zu neuropsychologischen Defiziten kommt, die nur zu einem Teil reversibel sind.“ Darum empfehlen die Neurologen, dass Patienten, die bereits vor einer Operation unter solchen Störungen leiden, eher Kandidaten für eine Stent-Implantation als für eine Bypass-Operation seien, wenn diese Wahlmöglichkeit besteht.
Quelle:
InFo Neurologie&Psychiatrie, Heft 5, Bd. 3 S. 382
Newman MF et al.: Longitudinal assessment of neurocognitive function after coronary-artery bypass surgery. NEJM 2001;344:395-402
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