Kopfschmerz täglich: kann es Migräne sein?

Was steckt dahinter, wenn Migränepatienten täglich unter Kopfschmerzen leiden? Neue Erkenntnisse, die auf dem Deutschen Schmerzkongress präsentiert werden, heizen die Diskussion unter Experten an, ob es eine „tägliche Migräne“ gibt. Entschieden ist dieser Streit noch nicht. Darum lautet vorläufige Fazit für Patienten: Wenn Kopfschmerzen täglich auftreten, sollten sie unbedingt von einem Spezialisten abgeklärt werden.

Gibt es Patienten, die täglich oder fast täglich unter Migräne-Attacken leiden? Darüber streitet die Fachwelt. Den diagnostischen Kriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft zufolge treten die Attacken – zumeist einseitiger, pulsierend-pochender Schmerz, begleitet von Übelkeit und Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit – üblicherweise an weniger als 15 Tagen pro Monat auf.

„Klagen Patienten über tägliche oder fast tägliche Kopfschmerzen“, so der Münchener Neurologe Dr. Volker Pfaffenrath, „handelt es sich in den meisten Fällen entweder um einen chronischen Spannungskopfschmerz oder um einen Schmerzmittelkopfschmerz, der durch Fehlgebrauch von Schmerz- und Migränemitteln entsteht.“ Gleichwohl räumt der Vizepräsident der Deutschen Migäne- und Kopfschmerzgesellschaft ein, dass Kopfschmerz-Spezialisten immer wieder einzelne Migränepatienten betreuen, die fast täglich unter Kopfschmerzen leiden, ohne dass ein Schmerzmittel-Missbrauch vorliegt. Bekannt ist auch eine sehr seltene Migräne-Form, die so genannte zyklische Migräne, bei der die Attacken täglich in Episoden auftreten, die Wochen bis Monate dauern können.

Ebenso diskutieren Experten schon seit längerer Zeit, ob es zwei Formen von Spannungskopfschmerzen gibt, den „reinen“ Spannungskopfschmerz und einen anderen, unter dem nur Migränepatienten leiden. Die Symptome dieser beiden theoretisch möglichen Formen – dumpf-drückend, zumeist den ganzen Kopf betreffend – würden sich zwar nicht unterscheiden, jedoch wären die biologischen Ursachen jeweils unterschiedlich.

Neue Nahrung erhält der Expertenstreit nun durch zwei aktuelle Studien amerikanischer Forscher, wie Pfaffenrath berichtet.

Triptane, moderne Migränemittel, sind nur bei Migräne, nicht aber bei Spannungskopfschmerzen wirksam. Bei einer Untersuchung fanden britische Wissenschaftler nun jedoch heraus, dass die Spannungskopfschmerzen von Migränepatienten sehr wohl durch eine Behandlung mit Sumatriptan, dem ersten Vertreter dieser Substanzgruppe, gelindert werden. Auch migräneähnliche Beschwerden der Patienten in dieser Studie sprachen auf diese Behandlung an.

Dieser Befund stützt die Annahme, dass der Spannungskopfschmerz von Migräne-Patienten möglicherweise doch ein eigenständiges Krankheitsbild darstellt, der mit dem klassischen Spannungskopfschmerz nur die Symptome gemeinsam hat.

Auch eine andere Studie mit Migränepatientinnen stärkt diese Vermutung: Bekannt ist schon lange, dass Migräne-Attacken bei manchen Frauen gehäuft zum Zeitpunkt der Menstruation auftreten. Wenn diese Frauen zusätzlich noch unter Spannungskopfschmerzen leiden, ist auffallend, dass auch diese zum Zeitpunkt der Monatsblutung gehäuft auftreten. So stützt dieser Befund ebenfalls die Hypothese, dass Migränepatienten auch sehr leichte Attacken haben können, die Spannungskopfschmerzen ähneln.

Gibt es sie also doch, die tägliche Migräne? „Um dies endgültig beurteilen zu können, sind noch weitere wissenschaftliche Studien erforderlich“, betont Pfaffenrath, der vor „diagnostischen Fallen“ und „vorschnellen Schlussfolgerungen“ warnt. Aufgrund ihrer Symptomatik können beispielsweise die sehr seltenen, aber täglich auftretenden „cervikogenen Kopfschmerzen“, die von der Halswirbelsäule ausgehen, mit einer Migräne verwechselt werden. Ebenso ist bekannt, dass bei zehn Prozent der Patienten mit Spannungskopfschmerzen, die Beschwerden auf eine Kopfseite beschränkt sind und mit sehr leichten Formen von Übelkeit und Lichtempfindlichkeit einhergehen können, die normalerweise für die Migräne typisch sind, die Patienten jedoch nie arbeitsunfähig machen.

„Darum sollten tägliche Kopfschmerzen“, rät Pfaffenrath, „stets von einem Kopfschmerz-Spezialisten abgeklärt werden, damit eine korrekte Diagnose gestellt und eine sachgerechte Therapie eingeleitet werden kann.“

Rückfragen an:
Dr. Volker Pfaffenrath
Vizepräsident der DMKG
Leopoldstr. 59
80802 München
Tel.: 089-389977-0
Fax: 089-389977-22
E-Mail: Vpfa@aol.com


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Während der Tagung bis 6.10. : Saal 8, Hauptgebäude der Technischen Universität
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