Deutscher Schmerzkongress: Hospize und Palliativ-Angebote: Qualität lässt zu wünschen übrig
Deutschland muss in Forschung und Lehre aufholen
„Das palliativmedizinische Angebot hat sich in Deutschland zwar sehr verbessert, ist aber noch weit davon entfernt, ausreichend zu sein“, so Dr. Friedemann Nauck (Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus, Universität Bonn) beim Deutschen Schmerzkongress 2004 in Leipzig. Die Qualität der Versorgung erfülle die Minimalkriterien oft nicht, außerdem gebe es im internationalen Vergleich noch erhebliche Defizite in der Aus-, Fort-, und Weiterbildung. Ziel der Palliativmedizin ist es, die verbleibende Lebenszeit Todkranker so lebenswert wie möglich zu gestalten: Schmerzen und andere quälende Symptome wie Luftnot und Übelkeit zu lindern gehört ebenso dazu wie die psychologische Betreuung des Patienten und seiner Angehörigen.
Minimalkriterien oft nicht erfüllt
Genau wie in den meisten anderen europäischen Ländern dauerte es in Deutschland bis zum Beginn der 1990er Jahre, bis sich aus Einzelinitiativen eine zunehmende Dynamik entwickelte und ambulante und stationäre palliativmedizinische und hospizliche Einrichtungen aufgebaut wurden. Heute gibt es in Deutschland 97 Palliativstationen und 114 Hospize, dazu über 780 ambulante palliativmedizinische Dienste – der Bedarf scheint gedeckt. Aber zum einen sind die palliativmedizinischen Einrichtungen in den einzelnen Bundesländern inhomogen verteilt: In Nordrhein-Westfalen gibt es 66 stationäre Palliativ- und Hospizeinrichtungen, in Thüringen nur zwei. Zum anderen erfüllt nur ein kleiner Anteil dieser Dienste die von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (BAG) geforderten Minimalkriterien.
Beispiel am europäischen Ausland nehmen
Einer der Gründe: In Deutschland bestehen noch erhebliche Defizite in der Aus-, Fort-, und Weiterbildung von Ärzten. Nur an zwei Universitäten (Aachen, Bonn) gibt es Lehrstühle für Palliativmedizin. In die neue Approbationsordnung für Ärzte wurde das Fachgebiet nicht als obligatorisches Pflicht-, Lehr-, und Prüfungsfach aufgenommen, wie dies z.B. in Großbritannien oder Norwegen der Fall ist. Großbritannien ist auch in anderer Hinsicht vorbildlich: Hier sind Konsiliardienste verbreitet, die eine palliativmedizinische Behandlung und Beratung auf Allgemeinstationen von Krankenhäusern anbieten, in Deutschland sind sie eine Rarität.
Palliativmedizinische Forschung intensivieren
Palliativmedizinische Forschung gibt es bisher in Deutschland nur in wenigen Zentren und ist im internationalen Vergleich unterrepräsentiert. „Die Intensivierung ethisch vertretbarer Forschung in internationalen Netzwerken im Bereich der Palliativmedizin ist eine große Herausforderung, um mit evidenz-basierten Kenntnissen die Behandlung unserer Patienten in Zukunft zu verbessern“, fordert Dr. Nauck. Zu den positiven Entwicklungen zählt er jedoch den Beschluss der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2003, Palliativmedizin als Zusatzbezeichnung einzuführen. Ein Curriculum für diese Weiterbildung liegt inzwischen allen Landesärztekammern vor.
Kontakt
Dr. Friedemann Nauck, Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus, Universität Bonn, von Hompeschstr. 1, 53123 Bonn, Tel.: 0228/6481-0 (Zentrale), Fax: 0228/6481-851
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