Sonnenschutzmittel beeinflussen den Hormonhaushalt des Menschen

Göttinger Endokrinologe koordiniert Forschungsprojekt mit Wissenschaftlern aus acht Ländern.

Die Europäische Union fördert ein Konsortium von elf Wissenschaftlern aus acht Ländern (Deutschland, Finnland, England, Schweden, Polen, Spanien, Schweiz, Argentinien), um unter anderem mögliche schädigende Wirkungen von Lichtschutzmitteln zu untersuchen, die in den menschlichen Hormonhaushalt eingreifen können. Die Koordination des Projektes liegt bei Professor Dr. Wolfgang Wuttke, Direktor der Abteilung für Klinische und Experimentelle Endokrinologie, Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen. Die Wissenschaftler untersuchen die möglicherweise schädigenden Wirkungen von Substanzen, die ultraviolette Strahlen absorbieren können und die in zahlreichen kommerziell erhältlichen Lichtschutzmitteln Verwendung finden. Das über drei Jahre mit 3,1 Millionen Euro geförderte Projekt soll der Industrie und den Politikern Hinweise über die Wirkweise dieser Substanzen geben. Daraus sollen sich gesetzgeberische Maßnahmen ergeben, die schädigenden Substanzen zu verbieten. Ebenso soll die Industrie die Chance erhalten, Substanzen mit erheblichem Gefährdungspotenzial vom Markt zu nehmen. Nicht nur Lichtschutzmittel, auch Schädlingsbekämpfungs- und Unkrautvernichtungsmittel haben zum Teil starke hormonelle Wirkungen und kommen über Feldfrüchte in unsere Nahrungskette. Die EU fördert deshalb in großem Umfang derartige wissenschaftliche Aktivitäten in mehreren anderen europäischen Forschungsverbünden.

In sonnigen Sommern oder in Urlaubsländern mit intensiver Sonneinstrahlung tragen viele Menschen solche Substanzen mit ihrem Sonnenschutzmittel zum Teil Grammweise täglich auf die Haut auf. Sie dringen in die Haut ein und gelangen so in das Körperinnere. „Die Substanzen gelangen auch über das Wasser zum Beispiel in Badeseen in den menschlichen Kreislauf,“ sagte Prof. Wuttke. In Schweizer Untersuchungen konnten in Badeseen einige dieser Lichtschutzmittel in zum Teil erheblichen Mengen nachgewiesen werden. Im Fettgewebe von Fischen werden diese Substanzen konzentriert und können so ebenfalls in größeren Mengen von Menschen, die diese Fische verzehren, aufgenommen werden. Einige dieser Substanzen finden auch Verwendung in Kosmetika (Parfüms, Lippenstiften) und in Plastikmaterialien, in denen unsere Nahrung verpackt wird und aus denen sie in unsere Nahrungsmittel diffundieren können. Einige dieser UV-Filter haben sehr starke hormonelle Wirkungen, sie docken an den Rezeptor für weibliche Geschlechtshormone an, wirken also wie Östrogene. In Zusammenarbeit mit einer Berliner und einer Züricher Arbeitsgruppe konnte die Arbeitsgruppe um Wuttke zeigen, dass einige Lichtschutzmittel nicht nur östrogene Wirkungen haben, sondern auch noch die Produktion von Schilddrüsenhormonen hemmen können. Das ist eine weitere sehr unerwünschte Nebenwirkung, die besonders in Jod-Mangelgebieten zur Kropfbildung führen kann, wie tierexperimentelle Untersuchungen in den Laboratorien von Wuttke zeigen.

Weitere Informationen:

Georg-August-Universität Göttingen – Bereich Humanmedizin
Abt. Klinische und Experimentelle Endokrinologie
Prof. Dr. Wolfgang Wuttke
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen
Tel.: 0551 / 39 – 6714
e-mail: ufkendo@med.uni-goettingen.de

Media Contact

Rita Wilp idw

Weitere Informationen:

http://www.humanmedizin-goettingen.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Früherkennung der Sepsis durch Maschinelles Lernen

Verbundprojekt SCIDATOS zeigt, dass klinische „Ground Truth“ einen Goldstandard für die Sepsis-Diagnose darstellen kann. Sepsis ist ein lebensbedrohlicher Zustand und eine der häufigsten Todesursachen auf Intensivstationen. Bei einer Sepsis antwortet…

Optimierte Magnete für die Energiewende

Europäischer Innovationsrat fördert europaweites Projekt unter Leitung der TU Darmstadt. Magnete sind Schlüsselmaterialien für die Energiewende. Oft bestehen sie jedoch aus kritischen Rohstoffen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung der…

Symmetriebrechung durch ultrakurze Lichtpulse

… eröffnet neue Quantenpfade für kohärente Phononen. In der Zeitschrift Physical Review B haben Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin in Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Duisburg-Essen ein neuartiges Konzept zur…

Partner & Förderer