Borreliose nach Zeckenstich: Erneute Antibiotikatherapie bei unspezifischen Beschwerden wirkungslos

Leiden Patienten nach einer akuten Lyme-Borreliose chronisch unter eher unspezifischen Beschwerden, ist eine erneute Antibiotikatherapie wirkungslos. Sinnvoll sind in solchen Fällen nur symptomatische Therapiemaßnahmen. Eine prophylaktische Antibiotikabehandlung nach einem Zeckenstich ist ebenfalls nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Das empfehlen Experten der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift InFo Neurologie & Psychiatrie.

In Deutschland tragen schätzungsweise zehn bis 25 Prozent der Zecken so genannte Borrelien in sich, Bakterien aus der Familie der Schraubenbakterien. Die Erreger können bei einem Zeckenstich übertragen werden. Experten schätzen, dass ungefähr einer von 300 Zeckenstichen zu einer so genannten Lyme-Borreliose führt.

Deren erstes Zeichen ist eine Hautentzündung, die sich ringförmig um den Zeckenstich ausbreitet. Allerdings tritt dieses „Erythema migrans“ nur bei etwa der Hälfte der infizierten Patienten auf. Ebenso können grippeähnliche Symptome vorkommen: Abgeschlagenheit, leichtes Fieber, Gelenk- oder Kopfschmerzen. Wird die Infektion zu diesem Zeitpunkt nicht erkannt und mit Antibiotika behandelt, kann sie sich im Körper weiter ausbreiten. Dann können die Borrelien Entzündungen von Herzmuskel, Hirnhaut und Gelenken verursachen. Bei neurologischen Ausfallserscheinungen sprechen Ärzte von einer Neuroborreliose.

Einzelne Patienten entwickeln jedoch – trotz einer Antibiotika-Therapie – eher unspezifische chronische Beschwerden. Sie klagen beispielsweise über Müdigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Erschöpfungszustände sowie Muskel- und Gelenkschmerzen.

US-Forscher haben unlängst in placebokontrollierten Therapiestudien überprüft, ob solche Patienten von einer weiteren dreimonatigen Antibiotikabehandlung profitieren. Resultat: Die Therapie konnte die Beschwerden nicht beeinflussen. Darüber hinaus belegt eine andere Untersuchung, dass die eher unspezifischen Beschwerden nach einer Lyme-Borreliose auch bei Menschen auftreten, die keine Lyme-Borreliose durchgemacht haben. „Diese Untersuchungen zusammengenommen legen nahe“, betonen Experten der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, „dass unspezifische Symptome nach einer Lyme-Borreliose symptomatisch und nicht mit Antiobiotika behandelt werden sollten.“

Eine Antibiotikabehandlung über zwei bzw. drei Wochen bei akuten oder chronischen Symptomen einer Neuroborreliose ist nach Meinung der deutschen Experten nur dann angezeigt, wenn bei einer Punktion vermehrt weiße Blutkörperchen sowie Antikörper gegen Borrelien im Nervenwasser (Liquor) nachweisbar sind. Demgegenüber ist der Nachweis von Antikörpern im Blut alleine kein Hinweis auf eine bestehende Infektion.

Eine prophylaktische Antibiotika-Behandlung nach einem Zeckenstich zur Vermeidung einer Lyme-Borreliose wird in Deutschland ebenfalls nicht generell empfohlen. „Nur in bestimmten Ausnahmesituationen, etwa bei mehreren Zeckenstichen“, betont Professor Hans-Walter Pfister von der Neurologischen Universitätsklinik Großhadern in München, „sollten gestochene Personen eine Antibiotikaprophylaxe erhalten.“ Diese kann auch sinnvoll sein, wenn die Zecken in einer Region besonders häufig mit Borrelien infiziert sind.
Allerdings sollte man nach einem Zeckenstich darauf achten, ob sich die Haut im Bereich der Stichstelle rötet oder neurologische Störungen wie nächtliche Nervenschmerzen, Lähmungserscheinungen, Kribbeln, Sensibilitätsstörungen – auch noch Wochen nach dem Stich – auftreten. „In solchen Fällen“, rät Professor Pfister, „sollte man umgehend einen Arzt konsultieren.“

Quelle:
InFo Neurologie & Psychiatrie, Heft 2/2002, Bd. 4, S. 116

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Dipl. Biol. Barbara Ritzert idw

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