Pflanzenschädling liefert Wirkstoff gegen Krebs

Einem Forscherteam des Deutschen Krebsforschungszentrums ist es gelungen, in einem Getreideschädling einen Wirkstoff gegen Neuroblastome zu finden. Diese Tumorkrankung des Nervensystems trifft hauptsächlich Kinder und ist mit derzeit gängigen Medikamenten schlecht zu behandeln. Das Forscherteam um die pädiatrische Onkologin Hedwig Deubzer hat mit dem HC-Toxin, das aus einem getreideschädigenden Pilz isoliert wird, gute Erfolge im Zellkulturmodell erzielt, berichten sie im International Journal of Cancer.

„Die Substanz aus dem Mais-Schädling programmiert Neuroblastomzellen um, sodass sie sich beinahe wieder wie gesunde Zellen verhalten“, so Deubzer im pressetext-Gespräch. Normalerweise sorgt der Pilz Helminthosporium carbonum bei Maisbauern für Ernteausfälle. Ein einzelner Inhaltsstoff des Schädlings dagegen, das HC-Toxin, könnte der Medizin großen Nutzen bringen, bestätigt Deubzer. „Das HC-Toxin wirkt auf die so genannten Histondeacetylasen (HDACs) – das sind Enzyme, die die Verpackung des Erbguts strukturieren. HDAC-Enzyme verändern unter anderem die Histone, Proteine, um die das Erbgut herumgewickelt ist. „Die Veränderungen in der Verpackung des Erbguts stehen im Verdacht, Krebs auszulösen oder dessen Ausbreitung zu fördern“, erklärt Deubzer. Deshalb überprüfen Wissenschaftler Substanzen, die die HDAC-Enzyme blockieren. Die Wirkung des HC-Toxins werde in der Wissenschaft auch bereits an anderen Tumoren untersucht, wie die Onkologin bestätigt.

„Wir konnten feststellen, dass Neuroblastomzellen unter dem Einfluss des Wirkstoffs einige ihrer krebstypischen Eigenschaften verlieren: Sie teilen sich seltener, zeigen weniger invasives Wachstum und ähneln auch äußerlich wieder gesunden Nervenzellen“, erklärt die Forscherin. „Diese Effekte waren deutlich stärker ausgeprägt als bei anderen bereits untersuchten HDAC-Hemmern.“ Die Wirkung des Toxins beruhe vermutlich unter anderem darauf, dass es die Funktion einer wichtigen zellulären Krebsbremse – dem RB-Signalweg – fördert. Den Untersuchungen zufolge, war die Krebsbremse in den Tumorzellen nach Behandlung mit HC-Toxin deutlich aktiver als in unbehandelten Zellen. Bis aus dem Wirkstoff tatsächlich ein neues Medikament hergestellt werden kann, wird es allerdings noch dauern“, so Deubzer. „Wir haben gerade begonnen die Substanz im Tiermodell auszutesten.“ Der Schritt in die klinische Testung sei allerdings ein langer Weg, erklärt Deubzer.

Das Neuroblastom ist eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Kindern. Die Erkrankung geht vom periphären Nervensystem aus. Im fortgeschrittenen metastasierenden Stadium gebe es derzeit keine zufriedenstellende Therapie, wie die Medizinerin erklärt. „Ein großer Teil der Patienten überleben eine solche Erkrankung nicht.“ Bei den anderen, nicht-metastasierenden Formen liegen die Prognosen deutlich besser, so die Onkologin abschließend im pressetext-Interview. Jährlich gibt es in Deutschland durchschnittlich 150 neue Fälle. Damit machen Neuroblastome etwa sieben bis acht Prozent aller Krebserkrankungen im Kindesalter aus. Die meisten betroffenen Kinder sind noch im Vorschulalter, ein Drittel erkrankt bereits im ersten Lebensjahr.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

Weitere Informationen:

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