Architektur des Gehirns verändert sich bei Bewusstlosigkeit
Wie entsteht Bewusstsein? Diese Frage ist nicht nur eine der ältesten philosophischen Fragen, sondern auch von großer medizinischer Relevanz. Pro Jahr werden in Deutschland ca. 10 Millionen Menschen operiert und dafür in Allgemeinanästhesie versetzt, also in eine künstliche Bewusstlosigkeit.
Dabei kommt es nach Schätzungen auch bei modernsten Anästhesie-Methoden in 0,1 bis 0,2 Prozent der Fälle zu einer intraoperativen Wachheit. Angesichts der Häufigkeit von Allgemeinanästhesie und in Anbetracht der traumatischen Folgeschäden besteht hier Handlungsbedarf.
Theoretische Modelle gehen davon aus, dass Bewusstsein auf der Integration von über die Gehirnoberfläche verteilter Information beruht. In einer gemeinsamen Studie haben sich Wissenschaftler der Fachrichtungen Anästhesie, Neurologie und Neuroradiologie des Klinikums rechts der Isar zusammen mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie dieser Frage angenommen.
Mit Hilfe von modernen kernspintomographischen Analyseverfahren konnten sie erstmals zeigen, dass es unter einer durch das Anästhetikum Propofol ausgelösten Bewusstlosigkeit zu grundlegenden Änderungen der funktionellen Architektur des Gehirns kommt, die auf eine verminderte Integration von in verschiedenen Arealen des Gehirns repräsentierten Informationen hinweist.
Diese Ergebnisse sind Teil eines groß angelegten Forschungsprojekts, von dem sich die beteiligten Wissenschaftler grundlegende Erkenntnisse über die Gehirnmechanismen von Bewusstsein erwarten. Mit deren Hilfe soll künftig die Überwachung von Bewusstlosigkeit – beispielsweise während einer Operation – noch zuverlässiger erfolgen können.
Original-Publikation:
Spatiotemporal Reconfiguration of Large-Scale Brain Functional Networks during Propofol-Induced Loss of Consciousness. The Journal of Neuroscience, September 12, 2012, doi: 10.1523/JNEUROSCI.6046-11.2012
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