Antibiotikaprophylaxe bei Verdacht auf eine Knochen- oder Gelenksinfektion ist sinnvoll

Bei einer vermuteten Knochen- oder Gelenksentzündung erfolgt in der Regel eine Operation mit Entnahme von verschiedenen Gewebebiopsien, die auf Bakterien untersucht werden. Dabei unterbleibt eine prophylaktische Antibiotika-Gabe häufig, da man besorgt ist, dass die Antibiotika kurz vor der Operation das Bakterienwachstum und damit die Identifikation der verantwortlichen Bakterien verhindert.

Die Antibiotikaprophylaxe wäre bei orthopädischen Operationen jedoch sinnvoll – besonders, wenn Implantate eingesetzt sind. Im Rahmen des chirurgischen Eingriffs kommt es selten zu einer Verunreinigung oder Infektion mit Bakterien, die auf der Haut angesiedelt sind. Dazu zählen verschiedene Staphylokokken, Streptokokken oder das Cutibacterium (Propionibacterium) acnes.

«Die Antibiotikaprophylaxe wird bei Verdacht auf eine orthopädische Infektion oft nicht durchgeführt, weil die behandelnden Ärzte befürchten, dass sie dann die bakterielle Ursache der Entzündung nicht mehr finden und folglich auch nicht gezielt behandeln können», sagt die Infektiologin Yvonne Achermann, Oberärztin an der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des UniversitätsSpitals Zürich und an der Universitätsklinik Balgrist.

Frühere Studien zu der Frage seien entweder zu klein gewesen oder hätten nicht die direkten Auswirkungen einer kurzfristigen Prophylaxe auf die intraoperative Diagnostik untersucht.

Infekte in Schulter, Hüfte und Knie

Deshalb wertete nun ein Team von Infektiologen und Orthopäden in einer retrospektiven Studie die Daten von 110 Patienten aus, die zwischen Januar 2005 und Dezember 2015 in der Universitätsklinik Balgrist operiert und nach der Operation mindestens einmal positiv auf Cutibacterium acnes getestet wurden. Am häufigsten betroffen waren Schultern (72), seltener Hüften (25) oder Knie (6). Bei 64 der Patienten wurde die Infektion mit dem Akne-Bakterium eindeutig bestätigt. 44, beziehungsweise knapp 70 Prozent dieser Patienten, hatten vor dem Eingriff keine Antibiotikaprophylaxe erhalten.

Unabhängig davon, ob die Prophylaxe gegeben wurde, fanden die Studienautorinnen keinen Unterschied bezüglich der Anzahl Tage, die bis zur Diagnose des krankheitsauslösenden Bakteriums verstrichen. Unbeeinflusst war auch das Verhältnis der positiven Proben zur Zahl der insgesamt entnommenen Proben.

Um eine homogene Gruppe von Infektionen mit dem gleichen Bakterium zu untersuchen, wurde das langsam wachsende Cutibacterium acnes ausgewählt, das besondere Schwierigkeiten in der Diagnose von orthopädischen Infektionen macht. Ähnliche Ergebnisse sind jedoch auch bei anderen Bakterien zu erwarten. Die bislang grösste derartige Studie zeige, dass die prophylaktische Antibiotika-Gabe die für die Behandlung entscheidende mikrobiologische Analyse nicht störe, betont Yvonne Achermann. «Wir empfehlen, innert 60 Minuten vor einem orthopädischen Eingriff routinemässig Antibiotika zur Prophylaxe zu geben. Das verringert das Risiko bakterieller Infektionen durch die Operation und schützt zudem das Implantat.»

http://jcm.asm.org/content/56/2/e01576-17.full.pdf+html?sid=efe8c8c4-e8b3-4b5a-9… Medienmitteilung vom 30. Januar 2018 zur Veröffentlichung des Artikels «Perioperative antibiotic prophylaxis has no effect on time to positivity and proportion of positive samples: a cohort study of 64 Cutibacterium acnes bone and joint infections» im Fachmagazin Journal of Clinical Microbiology.

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Nathalie Plüss idw - Informationsdienst Wissenschaft

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