Spielzeug aus flüssigem Holz

Spielzeug muss einiges aushalten: Kleinere Kinder lutschen daran, Milchzähne bohren sich hinein, Bobbycars schleifen es ein paar Meter mit, und dann und wann muss es auch mal eine regnerische Nacht im Garten überstehen. Bei alledem dürfen sich keine Weichmacher oder Schwermetalle aus dem Material lösen, die Kinder gefährden könnten.

Künftig können Spielzeuge aus flüssigem Holz hergestellt werden. Der Vorteil: Der Bio-Kunststoff ARBOFORM® besteht zu hundert Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen und ist daher erdölunabhängig. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT in Pfinztal und der Fraunhofer-Ausgründung TECNARO GmbH haben den Werkstoff entwickelt. Was aber hat man sich unter flüssigem Holz vorzustellen? »Die Zellstoffindustrie trennt Holz in seine drei Hauptbestandteile – Lignin, Zellulose und Hemizellulose«, erklärt Emilia Regina Inone-Kauffmann, Gruppenleiterin am ICT. »Das Lignin wird zur Papierherstellung jedoch nicht gebraucht. Unsere Kollegen vermengen das Lignin mit feinen Naturfasern aus Holz, Hanf oder Flachs und natürlichen Zusätzen wie Wachs.

Daraus stellen sie Kunststoffgranulat her, das schmelzbar ist und spritzgegossen werden kann.« Autoteile und Urnen beispielsweise gibt es aus dem Bio-Kunststoff bereits. Für Spielzeuge ist es bisher allerdings nicht geeignet: Um das Lignin von den Zellfasern zu trennen, geben die Mitarbeiter der Zellstoffindustrie schwefelhaltige Stoffe zu. Schwefel sollte jedoch in Kinderspielzeugen nicht vorkommen, da er zum Beispiel sehr unangenehm riechen kann.

»Wir konnten den Schwefelgehalt in ARBOFORM® um etwa 90 Prozent reduzieren und haben gemeinsam mit der Schleich GmbH Krippenfiguren produziert. Weitere Produkte sind in Planung«, sagt Helmut Nägele, Geschäftsführer bei TECNARO. Die Herausforderung: Schwefelfreie Lignine sind üblicherweise wasserlöslich – für Spielzeuge nicht geeignet. Denn sie dürfen sich auf keinen Fall auflösen, wenn sie im Regen liegen oder Kinder daran lutschen. Über geeignete Zusätze konnten die Wissenschaftler des Spin-Offs den Bio-Kunststoff so modifizieren, dass er den Kontakt mit Wasser und Speichel unbeschadet übersteht. Lässt sich das Material recyceln? »Um das zu untersuchen, haben wir Bauteile hergestellt, sie zerkleinert und die Bruchstücke erneut verarbeitet – insgesamt zehnmal. Wir konnten beim schwefelreduzierten Bio-Kunststoff keine Veränderung der Materialeigenschaften feststellen, er ist also recycelbar«, sagt Inone-Kauffmann.

Media Contact

Emilia Regina Inone-Kauffmann Fraunhofer Gesellschaft

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