Dotierte Graphenbänder mit Potential

Illustration eines p-n-Übergangs in einer Heterostruktur aus reinen und Stickstoff-dotierten (blau leuchtenden) Segmenten eines Graphenbandes

Forschende der Empa und des Max Planck Institutes für Polymerforschung haben nun Graphenmoleküle mit Stickstoffatomen dotiert. Indem sie dotierte und nicht-dotierte Graphenstücke nahtlos aneinanderreihten, konnten sie in den Nanobändern «Heteroübergänge» etablieren, die Voraussetzung, dass Strom beim Anlegen einer Spannung nur in eine Richtung fliesst – der erste Schritt zu einem Graphen-Transistor. Zudem ist es dem Team gelungen, die Graphenbänder von ihrer Goldunterlage, auf der sie gewachsen sind, zu lösen und auf ein nichtleitendes Material zu übertragen.

Graphen besitzt viele herausragende Eigenschaften: Es leitet ausgezeichnet Wärme und Strom, ist durchsichtig, härter als Diamant und enorm fest. Doch um effiziente elektronische Schalter daraus zu bauen, muss ein Material nicht nur hervorragend leiten können, sondern sollte auch «an»- und «ausgeschaltet» werden können. Dazu braucht es die so genannte Bandlücke, die den isolierenden Zustand in Halbleitern ermöglicht. Das Problem: Die Bandlücke ist bei Graphen verschwindend klein. Empa-Forschende der Abteilung «nanotech@surfaces» hatten deshalb vor einiger Zeit eine Methode entwickelt, eine Form von Graphen mit grösseren Bandlücken zu synthetisieren. Dazu liessen sie ultraschmale Graphenbänder durch molekulare Selbstorganisation «wachsen».

Graphenbänder aus unterschiedlich dotierten Segmenten

Nun haben die Forscher um Roman Fasel ein weiteres Etappenziel erreicht: Graphenbänder aus unterschiedlich dotierten Teilsegmenten. Anstatt der immer selben, «reinen» Kohlenstoffmoleküle verwendeten sie zusätzlich dotierte Moleküle – Moleküle, die an genau definierten Positionen mit «Fremdatomen», in diesem Fall Stickstoff, ausgestattet sind. Indem sie «normale» und mit Stickstoff dotierte Segmente auf einer Goldoberfläche (Au(111)) aneinander reihten, entstanden zwischen den einzelnen Segmenten so genannte Heteroübergänge.

Die Forscher haben gezeigt, dass diese ähnliche Eigenschaften aufweisen wie ein klassischer p-n-Übergang – also ein Übergang von einer Region positiver zu einer Region negativer Ladungen in einem Halbleiterkristall und die strukturelle Grundlage für viele Bauelemente der Halbleiterindustrie. Ein p-n-Übergang bewirkt, dass der Strom nur in eine Richtung fliesst. Wie Empa-Forscher gemeinsam mit Kollegen vom Rensselaer Polytechnic Institute in Troy/NY theoretisch dargelegt haben, ermöglicht die neue Graphenstreifen-Heterostruktur – wenn eine äussere Spannung angelegt wird – auch eine effiziente Trennung von Elektron-Loch-Paaren. Dies beeinflusst ganz direkt die Stromausbeute einer Solarzelle. Die entsprechenden Heteroübergänge in segmentierten Graphenbändern beschreiben die Forscher in der gerade erschienen Ausgabe von «Nature Nanotechnology».

Graphenbänder auf andere Substrate übertragen

Dabei lösten die Wissenschaftler noch ein weiteres Problem der Integration von Graphen-Nanotechnologie in die herkömmliche Halbleiterindustrie: Wie überträgt man die ultradünnen Graphenbänder auf eine andere Oberfläche? Denn so lange die Graphenbänder auf einem Metallsubstrat (wie hier Gold) liegen, sind sie als elektronische Schalter nicht zu gebrauchen. Gold leitet nämlich und erzeugt einen Kurzschluss, der die interessanten halbleitenden Eigenschaften des Graphenbands «sabotiert». Fasels Team und Kollegen vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz ist es gelungen zu zeigen, dass Graphenbänder in einem relativ einfachen Ätz- und Reinigungsprozess effizient und intakt auf ein (fast) beliebiges Substrat übertragen werden können, etwa auf Saphir, Kalziumfluorid oder Siliziumoxid.

So mausert sich Graphen immer mehr zu einem interessanten Halbleitermaterial und zu einer willkommenen Ergänzung des omnipräsenten Siliziums. Attraktiv sind die halbleitenden Graphenbänder deshalb, weil sie kleinere und somit energieeffizientere und schnellere elektronische Bauteile ermöglichen könnten als Silizium. Mit dem Einsatz von Graphenbändern in der Elektronikwelt ist allerdings noch nicht sehr bald zu rechnen. Gründe dafür sind Probleme beim Hochskalieren auf Industriemassstäbe oder beim Ersetzen von etablierter konventioneller Elektronik auf Siliziumbasis. Fasel schätzt, dass es noch etwa 10 bis 15 Jahre dauern dürfte, bis die ersten elektronischen Schalter aus Graphenbändern in einem Produkt verwendet werden könnten.

Graphenbänder für photovoltaische Bauteile

Auch photovoltaische Bauteile könnten dereinst auf Graphen basieren. In einer zweiten Arbeit, erschienen in «Nature Communications», beschreiben Pascal Ruffieux – ebenfalls aus der Empa-Abteilung «nanotech@surfaces» – und seine Kolleginnen und Kollegen einen möglichen Einsatz von Graphenstreifen etwa in Solarzellen. Ruffieux und Co. war aufgefallen, dass besonders schmale Graphenbänder sichtbares Licht aussergewöhnlich gut absorbieren und sich daher hervorragend als Absorberschicht in organischen Solarzellen eignen. Im Gegensatz zu «normalem» Graphen, das Licht bei allen Wellenlängen gleich stark absorbiert, kann die Lichtabsorption bei Graphennanobändern für bestimmte Wellenlängen gezielt und massiv erhöht werden, indem die Forscher die Breite der Graphenbänder atomar präzise «einstellen».

Unterstützung

Unterstützt wurde die Arbeit vom Schweizerischen Nationalfonds, von der Europäischen Wissenschaftsstiftung (ESF), vom Europäischen Forschungsrat (ECR) und vom Office of Naval Research (ONR).

Literaturhinweise
Graphene nanoribbon heterojunctions, J Cai, C A Pignedoli, L Talirz, P Ruffieux, H Söde, L Liang, V Meunier, R Berger, R Li, X Feng, K Müllen, R Fasel, Nature Nanotechnology, DOI: 10.1038/nnano.2014.184
Exciton-dominated optical response of ultra-narrow graphene nanoribbons, R Denk, M Hohage, P Zeppenfeld, J Cai, C A Pignedoli, H Söde, R Fasel, X Feng, K Müllen, S Wang, D Prezzi, A Ferretti, A Ruini, E Molinari, P Ruffieux, Nature Communications, 2014 Jul 8;5:4253, DOI: 10.1038/ncomms5253

Weitere Informationen
Prof. Dr. Roman Fasel, nanotech@surfaces, +41 58 765 43 48, roman.fasel@empa.ch
Dr. Pascal Ruffieux, nanotech@surfaces, +41 58 765 46 93, pascal.ruffieux@empa.ch
Redaktion / Medienkontakt
Martina Peter, Kommunikation, Tel. +41 58 765 49 87, redaktion@empa.ch

http://www.empa.ch/plugin/template/empa/3/150695/—/l=1

Media Contact

Martina Peter EMPA

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. • Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 • Poren so klein wie Bakterien • Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile…

Transparente emissive Mikrodisplays

… für ultraleichte und kompakte Augmented-Reality-Systeme. Im Rahmen des Projektes HOT („Hochperformante transparente und biegbare Mikro-Elektronik für photonische und optische Anwendungen“) haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS ein…

Mikroplastik im Meer: Neue Methode

Mikroplastik im Meer könnte größtenteils auch aus Beschichtungen sowie Farbanstrichen von Schiffen und Bauwerken im Meer stammen. Daten dazu gibt es allerdings kaum. Das Helmholtz-Zentrum Hereon und das Bundesamt für…

Partner & Förderer