3D-Druck im Space

Ein großer Schritt für den 3D-Druck – Forscher*innen drucken den berühmten Fußabdruck Neil Armstrongs aus Mondstaub-Simulat bei einem Parabelflug.
Quelle: BAM

BAM und TU Clausthal testen additive Fertigung unter Mond- und Marsgravitation.

Bei Raumfahrtmissionen zählt jedes Gramm und jeder Zentimeter – aber woher beim Start wissen, welches Equipment später im Weltall benötigt wird? Zusammen mit der TU Clausthal forscht die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) daran, mit additiver Fertigung in der Schwerelosigkeit Bauteile, Ersatzteile oder Werkzeuge fertigen zu können. Den Wissenschaftler*innen ist es jetzt gelungen, unter verschiedenen Gravitationsverhältnissen erstmals auch mit Material zu drucken, das vor Ort vorhanden wäre: simuliertem Mondstaub. Dabei haben sie auch ein berühmtes Objekt der Raumfahrtgeschichte reproduziert.

Additive Fertigung, auch bekannt als 3D-Druck, bietet vielfältige Möglichkeiten, Bauteile aus flüssigem, pulver- oder fadenförmigem Ausgangsmaterial herzustellen. Pulverbettverfahren (Selective Laser Sintering) gehören dabei zu den meist verwendeten und bereits am weitesten entwickelten industriellen Verfahren. Als Pulver stehen grundsätzlich Metalle, Kunststoffe und Keramik, aber auch Verbundwerkstoffe zur Verfügung. Insgesamt lassen sich durch additive Fertigung sehr flexibel und schnell, vor allem aber direkt am jeweiligen Ort, eine Vielzahl von Bauteilen oder Werkzeugen „ready to use“ herstellen. Daher hat die Technologie auch in der Raumfahrt ein großes Potenzial: Z.B. in Raumstationen in der Erdumlaufbahn oder bei künftigen Mond- oder Marsmissionen.

Die Herausforderung besteht allerdings darin, die pulverbasierte additive Fertigung unabhängig von Gravitationskräften durchzuführen Ein Team der BAM und der TU Clausthal hat dazu bereits 2017 ein innovatives Verfahren entwickelt: Um das trockene Pulver verarbeiten zu können, wird ein kontinuierlicher Gasstrom durch das Pulverbett aufgebaut. Dieser erzeugt ein Strömungsfeld, das die Partikel des Pulvers – gravitationsunabhängig – zur Bauplattform hin anzieht. Um dieses Verfahren unter Realbedingungen erproben zu können, nimmt die BAM regelmäßig an Parabelflügen des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) teil, bei denen verschiedene Gravitationsverhältnisse nachgestellt werden.

„Wenn es gelingt, additive Fertigung unter verschiedenen Gravitationsbedingungen zu ermöglichen, müsste neben dem Drucker höchstens noch das Material, also z.B. Pulver, zur Raumstation transportiert werden – und nicht ein ganzes Sortiment an Werkzeugen und Ersatzteilen. Gerade bei künftigen Mars-Missionen könnte ja aufgrund der langen Wegstrecke nichts ‚hinterhergeschickt‘ werden: Ein benötigtes Teil vor Ort selbst drucken zu können, bedeutet also maximale Flexibilität“, erklärt Prof. Dr. Jens Günster, Experte für additive Fertigungsverfahren an der BAM und Lehrstuhlinhaber für Hochleistungskeramik an der TU Clausthal.

Bei den diesjährigen Parabelflug-Experimenten haben Günster und sein Team die entwickelten Geräte und Verfahren unter Gravitationsbedingungen, wie sie auf dem Mond und dem Mars herrschen, erprobt. Neben Versuchen mit metallischem Pulver wurde erstmals auch der 3D-Druck mit simuliertem Mondstaub (Mondregolith-Simulat) getestet. „Die Versuche haben gezeigt, dass das Verfahren nicht nur in völliger Schwerelosigkeit, sondern auch unter verschiedenen Gravitationsbedingungen und mit verschiedenen Ausgangsmaterialien grundlegend funktioniert“, erklärt Günster. „Wir konnten unter Mond- und Mars-Gravitationsbedingungen sowohl kleine Schraubenschlüssel aus metallischem Pulver wie auch aus Mondregolith-Simulat ein Objekt drucken, das dem berühmten Fußabdruck gleicht, den Neil Armstrong 1969 auf dem Mond hinterlassen hat.“

Im Rahmen des durch das DLR geförderten Projekts „Pulverbasierte additive Fertigung unter reduzierten Schwerkraftbedingungen“ soll das verwendete Equipment kontinuierlich verschiedenen Gravitationsbedingungen angepasst werden. Die Nutzung von Materialien vor Ort, die sogenannte „In-Situ Resource Utilization“ (ISRU), würde zusätzliche Flexibilität bei künftigen Raumfahrtmissionen ermöglichen. In einem weiteren durch die ESA geförderten Projekt wird – in Kooperation mit der TU Clausthal – die großflächige Sinterung von Mondstaub-Simulat untersucht.

Kontakt:
Referat Kommunikation, Marketing
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
T: + 49 30 8104-1013
presse@bam.de
www.bam.de

150 Jahre BAM – Wissenschaft mit Wirkung. Feiern Sie mit uns: www.150.bam.de
Unser Auftrag: Sicherheit in Technik und Chemie. Weitere Informationen unter www.bam.de
Abonnieren Sie unseren Newsletter: www.150.bam.de/newsletter
Folgen Sie uns auf Twitter: twitter.com/BAMResearch

Über die BAM

Die BAM gewährleistet Sicherheit in Technik und Chemie.
Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ist eine wissenschaftlich-technische Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

Die BAM forscht, prüft und berät zum Schutz von Mensch, Umwelt und Sachgütern. Im Fokus aller Tätigkeiten in der Materialwissenschaft, der Werkstofftechnik und der Chemie steht dabei die technische Sicherheit von Produkten und Prozessen. Dazu werden Substanzen, Werkstoffe, Bauteile, Komponenten und Anlagen sowie natürliche und technische Systeme von volkswirtschaftlicher Dimension und gesellschaftlicher Relevanz erforscht und auf sicheren Umgang oder Betrieb geprüft und bewertet. Die BAM entwickelt und validiert Analyseverfahren und Bewertungsmethoden, Modelle und erforderliche Standards und erbringt wissenschaftsbasierte Dienstleistungen für die deutsche Wirtschaft im europäischen und internationalen Rahmen.

Sicherheit macht Märkte.
Die BAM setzt und vertritt für Deutschland und seine globalen Märkte hohe Standards für Sicherheit in Technik und Chemie zur Weiterentwicklung der erfolgreichen deutschen Qualitätskultur „Made in Germany“.

Weitere Informationen:

Mehr Informationen zu den vorangegangenen Experimenten finden Sie hier: https://www.bam.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Material/artikel-pulverbasi…

Media Contact

Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Unternehmenskommunikation
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer