Mehr Überblick in der Datenflut

Adressen von Kunden, Informationen zu Lieferanten, Angaben über die Herstellung von Produkten – so häufen sich bei den Unternehmen im Laufe der Zeit mehr und mehr Daten an. Um in der Flut der sogenannten Stammdaten, die sich nur selten verändern, den Überblick zu behalten, haben zahlreiche große Firmen bereits erfolgreich maßgeschneiderte Lösungen gefunden.

Von den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland haben bisher jedoch nur rund 20 Prozent das Management ihrer Stammdaten im Griff. Diesen Anteil zu erhöhen, haben sich die beiden Professuren Konstruktionslehre sowie Unternehmensrechnung und Controlling der Technischen Universität Chemnitz zum Ziel gesetzt. Zu ihren Partnern im Verbundvorhaben eBEn (eBusiness Engineering) gehören dabei der RKW Sachsen e.V., der das Projekt leitet, und die Terrot GmbH, bei der die theoretischen Erkenntnisse in der Praxis umgesetzt werden.

Der Textilmaschinenhersteller mit Sitz in Chemnitz hat unter Beteiligung der TU bereits im Vorfeld an einem Diagnoseprojekt zur Analyse und Bewertung seiner Stammdaten teilgenommen. „Das Unternehmen hat dabei die Relevanz des Themas erkannt. Durch die Nähe des Firmensitzes zur Universität können wir jetzt unsere Ergebnisse sofort in der Praxis testen und neue Anforderungen erkennen. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen“, berichtet Prof. Dr. Erhard Leidich, Inhaber der Professur Konstruktionslehre.

Mängel in den Stammdaten können beispielsweise dann auftreten, wenn es keine einheitlichen Stammdatenprozesse zur Datenanlage – zum Beispiel Bezeichnung, Datenpflege und -archivierung – gibt. Um dem entgegenzuwirken, will das Projektteam die KMU bei der Einführung und Nutzung von eBusiness-Standards unterstützen. „Diese Standards sind in Vorgängerprojekten wie PROZEUS festgelegt worden und helfen beispielsweise beim Datenaustausch zwischen Unternehmen“, erklärt Prof. Leidich. Die Chemnitzer Wissenschaftler beachten dabei die individuellen Rahmenbedingungen der KMU, also beispielsweise, welche Daten im jeweiligen Unternehmen bereits vorliegen und welche überhaupt für die Firma relevant sind. „Uns geht es darum, ein integriertes und wertschöpfungsorientiertes Stammdaten- und Geschäftsprozessmanagement aufzubauen“, betont Prof. Dr. Uwe Götze, Inhaber der Professur Unternehmensrechnung und Controlling.

Dieser neue Ansatz geht über die reine Verwaltung der Daten hinaus und beachtet auch die Auswirkungen der Stammdatenqualität auf die Geschäftsprozesse, etwa der Beschaffung. „Wenn die Artikeldaten schlecht gepflegt sind, kann beispielsweise der Einkäufer keine Bündelungseffekte wie Mengenrabatte nutzen – der Beschaffungsprozess läuft also nicht optimal“, erklärt Projektmitarbeiter Michael Konarsky und ergänzt: „Letztlich ist es ein ständiges Wechselspiel zwischen den Stammdaten und den Geschäftsprozessen. Nur wenn beides optimal ineinander greift, bleiben die Daten und damit auch die Prozesse nachhaltig in einem guten Zustand.“

Die Chemnitzer Wissenschaftler entwickeln Lösungsbausteine zur Einführung und Nutzung der eBusiness-Standards. Dabei bauen sie auf den Ergebnissen des „Labors für integrierte Produktentwicklung“ auf. In diesem an der TU angesiedelten Labor hat es sich ein interdisziplinäres Team aus Maschinenbauern und Wirtschaftswissenschaftlern zur Aufgabe gemacht, unnötige Vielfalt bei Bauteilen, Materialien und in Prozessen aufzudecken, Methoden zur Erschließung von Einsparpotenzialen zu entwickeln und damit Kosten zu reduzieren – für die Hersteller und für deren Kunden.

Im Laufe des Verbundprojektes eBEn ist zudem die Befragung von 140 Unternehmen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Baden-Württemberg vorgesehen. Sie soll Aufschluss geben über die konkreten Bedarfssituationen von KMU. 30 dieser Firmen werden außerdem in Diagnoseprojekten unter die Lupe genommen, in dreien sollen die Projektergebnisse in die Praxis überführt werden. „Außerdem wollen wir Beratungs- und Qualifizierung skonzepte entwickeln und erproben, um Berater und Studierende zu diesem Thema auszubilden. Dadurch können unsere Forschungsergebnisse nachhaltig verbreitet werden“, so Konarsky. Dass sich die Mühe auch für die beteiligten Unternehmen auszahlen wird, steht für die TU-Forscher fest: „Stammdatenmanagement ist kein notwendiges Übel, sondern ein Erfolgsfaktor“, schätzen Prof. Leidich und Prof. Götze unisono ein.

Das Verbundprojekt eBEn wird seit dem 1. Juli 2012 für drei Jahre mit 1,8 Millionen Euro im Rahmen der Förderinitiative „Geschäftsprozesse standardisieren, Erfolg sichern. eStandards in digitalen Geschäftsprozessen helfen kleinen und mittleren Unternehmen“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert.

Weitere Informationen unter http://www.ipe-labor.de und bei Michael Konarsky, Telefon 0371 531-37669, E-Mail michael.konarsky@mb.tu-chemnitz.de

Media Contact

Katharina Thehos Technische Universität Chemnitz

Weitere Informationen:

http://www.tu-chemnitz.de

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