Konstante Schnittgeschwindigkeiten verlängern die Werkzeugstandzeiten

Die Schweizer Heinrich Schmid AG produziert seit 1956 Feinschneidpressen. Feinschneiden ist ein Verfahren der Stanztechnologie, um Metallteile hochpräzise in großen Serien wirtschaftlich zu fertigen. Die Schnittflächen sind dabei abrissfrei, haben glatte, rechtwinkelige Schnittflächen und können, wenn sich keine weiteren Prozessschritte mehr anschließen, nach dem Entgraten ohne zusätzliche Bearbeitung direkt verbaut werden.

Seit 2004 sind die Schmid-Pressen der Xtra-Generation mit einem Servoantrieb ausgestattet, der den Feinschneidprozess kontrolliert ablaufen lässt. Dies bringt erhebliche Vorteile im Vergleich zu klassischen Hydraulikpressen. So können wesentlich höhere Hubzahlen erreicht werden und verschiedene Arbeitsprozesse in der jeweils besten Geschwindigkeit gefahren werden. Darüber hinaus wird der Schnittschlag vermieden und die Standzeiten der Werkzeuge erhöhen sich. Die Pressen sind inzwischen mit Presskräften von 1600, 3200, 4000 und 6300 kN erhältlich.

Die Feinschneidpressen verfügen über einen hydraulischen Stößelantrieb, der auf einem hydromechanischen Lageregelkreis basiert. Die vorgegebene Bewegung des AC-Servomotors wird über das Regelventil hydraulisch verstärkt auf den Stößel übertragen. Über die mechanische Rückmeldung auf dieses Ventil entsteht ein geschlossener Regelkreis, der es ermöglicht, den Stößel mit sehr hoher Genauigkeit geregelt zu positionieren. Der Servomotor gibt den Sollwert für das hydraulische Regelventil vor. Der Hydraulikzylinder führt diese Vorgaben exakt aus. Die Ventilschaltzeiten sind bei der Servotechnologie deutlich kürzer, da kein Füllventil mit langen Schaltzeiten eingesetzt wird.

Das ermöglicht deutlich schnellere Zykluszeiten. Zusammen mit exakt wiederholbaren Stößelbewegungen gibt es bei Verknüpfungen mit Räumern, Wischern oder anderen Prozessen keine Zeitverzögerungen. Mit dieser Technik erreichen die Pressen eine exakt geregelte Geschwindigkeit und wesentlich höhere Hubzahlen. So bringen es die Feinschneidpressen, abhängig von Materialbeschaffenheit, Materialstärke und Presskraft, auf bis zu 100 Hübe pro Minute. Das war mit der konventionellen Technik niemals auch nur ansatzweise zu erreichen.

Der Servoantrieb reduziert den Schnittschlag spürbar

Der Hauptstößel fährt nun über den gesamten Schneidvorgang mit der vorgegebenen Geschwindigkeit. Bei herkömmlichen Pressen beschleunigt sich der Stößel durch die schlagartig freiwerdende Schnittkraft, nachdem das Material durchgetrennt ist, massiv und wird erst vom mechanischen Stößelanschlag aufgefangen. Dieser Schnittschlag, der Presse und Werkzeug extrem belastet – denn schließlich muss die gesamte Geschwindigkeitsenergie 40 bis 50 mal pro Minute absorbiert werden wird mit dem neuen Servoantrieb stark reduziert.

Durch die Kontrolle der Geschwindigkeit arbeitet die Presse wesentlich schonender und es wird die Schmierfähigkeit des Schneidöls nicht mehr überbeansprucht. Das erhöht die Standmengen der Werkzeuge und macht gerade die Bearbeitung von rostfreien Materialien wirtschaftlicher, bei der der Schnittschlag besonders heftig ausfiel.

Auch der obere Totpunkt (OT) wird kontrolliert und mit geregelter Geschwindigkeit angefahren. Die Positionierung im OT ist damit ebenso genau wie mit einem mechanischen Anschlag. Auf einen Festanschlag kann somit verzichtet werden. Dies verhindert das Eintauchen des Stempels in die Matrize. Das Eintauchen beschädigt aufgrund des kleinen Schnittspalts im Feinschneidwerkzeug die Schneidelemente und reduziert die Standzeit der Werkzeuge erheblich.

Standen früher höhere Hubzeiten verkürzten Werkzeugstandzeiten gegenüber, so sind mit dem Servoantrieb deutlich höhere Hubzahlen möglich und die Werkzeuge halten trotzdem länger. Gerade bei einer Teilefertigung, bei der die Kosten pro Stück für den Werkzeugunterhalt höher waren als das eigentliche Feinschneiden, konnte mit höherer Geschwindigkeit nichts gewonnen werden. Bei den neuen Pressen berichten Anwender von 10 bis 20% längerer Standzeit bei gleichzeitig 50% mehr Hüben.

Die Servosteuerung bietet allerdings noch einen weiteren Vorteil: Wurde früher die Stößelgeschwindigkeit über den gesamten Hub unverändert gefahren, wobei der eigentliche Feinschneidvorgang in Abhängigkeit von Material und Stärke die Geschwindigkeit definiert hat, so können heute im gleichen Krafthub unterschiedliche Geschwindigkeiten gefahren werden. Jeder Bearbeitungsschritt kann somit im Hub seine eigene, optimale Geschwindigkeit fahren.

So kann für Schneiden die ideale Schneidgeschwindigkeit, für Prägen die ideale Prägegeschwindigkeit, für Biegen die passende Biegegeschwindigkeit gewählt werden und so weiter. Das bedeutet, dass beispielsweise im gleichen Hub zunächst mit Biegegeschwindigkeit gebogen, dann mit Schneidgeschwindigkeit geschnitten und schließlich mit Prägegeschwindigkeit geprägt wird.

Feinschneidtechnik für komplexe Bauteile

Vor allem für komplexere Teile mit Prägungen und Umformungen, die auf mehrstufigen Folgeverbund-Werkzeugen gefertigt werden, eignet sich die Feinschneidtechnik besonders gut. So lassen ich beispielsweise Belagsträger für PKW-Bremsen, Getriebehebel, Verzahnungsteile oder ähnliche Bauteile mit der Servotechnologie sehr wirtschaftlich feinschneiden. Auch Kleinteile können wegen der besseren Verschachtelungsmöglichkeiten in Mehrfachwerkzeugen in großen Serien sehr effizient produziert werden. Viele Anwender fertigen beispielsweise Teile für Türschlösser, Sicherheitsgurte, Elektrowerkzeuge oder ähnliche Anwendungen.

Zusammenfassend äußern viele Anwender der neuen Xtra-Feinstanzpressen zur Servo-Technologie größte Zufriedenheit im Hinblick auf die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit, mit der sich Feinschneidteile nun fertigen lassen.

Die anfängliche Skepsis bis Ungläubigkeit über deutlich höhere Hubzahlen im Vergleich zu früher und bei gleichzeitig längeren Werkzeugstandzeiten ist oftmals echter Begeisterung über die Servotechnik gewichen. Das führt häufig zu weiteren Investitionen.

Philipp Kauth ist Verkaufsleiter der Heinrich Schmid, Maschinen- und Werkzeug-bau AG in Jona/Schweiz.

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Philipp Kauth MM MaschinenMarkt

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