Pressen mit Servotechnik setzen zukünftig Industriestandard

Etwa 140 Besucher waren gekommen, um die Technik vor Ort live zu erleben und um mit den Schuler-Fachleuten über erste Erfahrungen in der Serienfertigung und bei Stanzversuchen zu diskutieren. „Servopressen werden sich am Markt durchsetzen.

Wir sind davon überzeugt, dass die Servotechnik den Industriestandard der nächsten Jahre definieren wird“, so Joachim Beyer, Mitglied des Vorstandes der Schuler AG, in seiner Begrüßung. Dass der Pressenhersteller mit dieser Strategie richtig liegt, bestätigen die Aufträge.

Neues Antriebskonzept für Pressen mit vielen Vorteilen

Anfang 2007 wurde die neue Generation der Stanz- und Umformautomaten mit Servoantrieb der Fachwelt präsentiert, bis heute sind bereits 37 Pressen verkauft. Die erste Anlage ging im Februar 2007 bei Saxonia-Franke in Betrieb.

Mit einer um bis zu 40% gesteigerten Ausbringungsleistung gegenüber konventionellen Exzenterpressen konnte Saxonia-Franke die Produktivität deutlich erhöhen. Von der Technik überzeugt, hat das Unternehmen ein Jahr nach Inbetriebnahme der ersten Anlage die zweite Maschine bei Schuler bestellt.

Die Pressentechnik in Servoausführung steht mit Presskräften von 250 bis 3200 t zur Verfügung. Hauptmerkmal des Servoantriebs bei Schuler ist der Antrieb des Exzenterrades durch den Motor. Durch Variation der Motordrehzahl kann die Stößelbewegung beliebig beschleunigt oder verlangsamt werden.

Servo-Pressen optional mit Drehzahlvariation

Die Drehzahlvariation ist optional. Wird sie nicht eingesetzt, funktionieren die Maschinen wie herkömmliche mechanische Pressen mit jedoch gleich bleibender Leistung und Hubzahl. Das Schwungrad – wie bei konventionellen mechanischen Exzenterpressen – entfällt komplett. Konzipiert wurden die Stanz- und Umformautomaten mit Servoantrieb vor allem für die Presswerke, die unterschiedliche Werkzeugtechnologien einsetzen und ihre Kunden mit Teilen in unterschiedlichen Losgrößen beliefern.

Programmierbarkeit der Stößelbewegung bedeutet auch, dass der Stößel im Reversierbetrieb (Pendelhub) gefahren werden kann, wodurch die Funktion einer mechanischen Stößelverstellung in einfacher Weise ersetzt wird. Dies hat zur Folge, dass weniger Energie verbraucht wird.

Auch als Tryoutanlagen eignen sich die Servopressen. Mit einem Handrad kann der Stößel bei der Werkzeuganpassung in kleinen Schritten bewegt und genau positioniert werden. Die Stößelbewegung ist in jeder Position reversierbar. Das neue Antriebskonzept steht für maximale Variantenvielfalt in der Bewegung, hohe Ausbringungsleistung, Teilevielfalt und flexible Losgrößen.

Geeignet sind die Pressen beispielsweise für die Herstellung von Großteilen (Außenhautteile), Folgeverbundteilen (Flansche und Käfige) oder Transferteilen (Strukturteilen). Auch ein modulares Pressenkonzept mit standardisierten Baugruppen, ein optimiertes Ersatzteilmanagement und kurze Lieferzeiten bedeuten für den Kunden Vorteile.

Frei programmierbare Stößelkinematik bietet hohe Flexibilität

Schuler-Kunde Saxonia-Franke hat sich unter anderem auf die Entwicklung und Produktion komplexer Befestigungs- und Sicherungselemente für die Automobil-, Elektro- und Bauindustrie spezialisiert. Eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Fertigung dieser Präzisions-Stanz-Biegeteile spielen die Umformanlagen. Je höher die Qualität der gefertigten Teile und je breiter das Teilespektrum ist, das mit einer Anlage hergestellt werden kann, umso schneller amortisieren sich die Investitionskosten.

„Ein zentrales Kriterium bei der Beschaffung der ersten Servo-Anlage war neben der höheren Ausbringungsleistung die Flexibilität durch die frei programmierbare Stößelkinematik“, betont Wolfgang Faul, Fertigungsleiter von Saxonia-Franke. „Im harten Praxiseinsatz hat sich gezeigt, dass die Technik hält, was sie verspricht. Angesichts unserer hohen Auslastung, der Leistung der Maschine und der schnellen Lieferfähigkeit von Schuler fiel uns die Entscheidung leicht, in eine weitere Anlage gleichen Typs zu investieren.“

Der zweite Stanz- und Umformautomat soll Anfang September 2008 bei Saxonia-Franke in Betrieb gehen. Wesentliche Gründe für die kurze Lieferzeit des Anlagentyps sind der modulare Aufbau aus Standardkomponenten sowie die auftragsunabhängige Auflage von verschiedenen Maschinentypen.

Servotechnik für höher- und hochfeste Stähle

Auch Automobilhersteller BMW setzt bei der Verarbeitung höher- und hochfester Stähle zukünftig auf die Servotechnik von Schuler. Die drei in Auftrag gegebenen Pressenlinien bedeuten für Schuler den bisher größten Auftrag in der Unternehmensgeschichte. BMW will damit die Presswerkstrukturen in den Werken Leipzig, Regensburg und München bis zum Jahr 2011 verändern.

„Wir freuen uns sehr, dass die BMW Group bei dieser strategischen Investitionsentscheidung auf die Kompetenz und Leistungsfähigkeit des Schuler-Konzerns vertraut. Wir nutzen für die Auftragsabwicklung die Ressourcen des zusammengeführten Unternehmens – von Schuler und Müller Weingarten“, so Schuler-Vorstandsmitglied Beyer.

Im Presswerk Leipzig wird Schuler bis zum Sommer 2009 eine sechsstufige Servopressenlinie installieren. Mit einer Gesamtpresskraft von 10500 t – davon alleine 2500 in der Kopfpresse – wird die Anlage speziell auf die Anforderungen zur Verarbeitung höher- und hochfester Stähle ausgelegt sein.

Servopressen erhalten neuestes Transfersystem

Für den Bauteiltransport wird Schuler die neuste Generation des einarmigen Transfersystems Crossbar Feeder einsetzen. Diese Automatisierungslösung erhöht zum einen die Flexibilität der Anlage, weil sie den schnellen Wechsel auch von Werkzeugen unterschiedlicher Größe ermöglicht.

Zum anderen konnte Schuler die Geschwindigkeit des Systems noch einmal steigern. Dadurch wird die BMW Group die Anlage in Leipzig mit bis zu 17 Hüben pro Minute betreiben können.

Der Begriff modernes Presswerk steht nicht nur für neue Technologien, sondern auch für passgenaue Prozess-Schnittstellen. „Wenn Sie sich also für die Servotechnik entscheiden, dann bitte auch für einen leistungsfähigen Transfer“, betont Karlheinz Rothenburger, Leiter Business Unit der Müller Weingarten AG.

Wie ein leistungsfähiges Transfersystem für Drei-Achs-Transferpressen funktionieren sollte, wurde beispielsweise auf der Hausmesse von Schuler Automation in Heßdorf demonstriert.

Optimale Plattform für Fachdiskussion und Verkauf

Im Mittelpunkt der Technologietage stand jedoch die Pressenvorführung. Dies ist im Erfurter Umformcenter ideal möglich, da zwei nahezu identische Pressen unmittelbar nebeneinander stehen. Einziger Unterschied: der Antrieb. Eine der beiden Pressen verfügt über einen Servoantrieb, die andere über einen Schwungradantrieb.

Bei gleicher Hubzahl, gleicher Teilezahl und gleicher Laufdauer konnten die Besucher des Schuler-Technologietages also direkt vergleichen. Über einen großen Monitor wurden die Kennwerte und das Pressenverhalten für alle deutlich sichtbar projiziert und ausführlich erläutert.

In Abhängigkeit von der jeweiligen Aufgabenstellung im Unternehmen werden die anwesenden Schuler-Kunden bei einer anstehenden Investition zukünftig sicher prüfen, ob die Stanz- und Umformautomaten mit Servoantrieb eine Alternative zur bisher verwandten Technologie sind.

Pressen-Hersteller Schuler will weiter Technologietage anbieten

Für den Pressenspezialisten Schuler war der Erfurter Technologietag der sechste dieser Art. Solche Informationsveranstaltungen werden in regelmäßigen Abständen zu unterschiedlichen Techniken an unterschiedlichen Standorten durchgeführt werden.

Vorstandsvorsitzender Jürgen Tonn war mit dem Verlauf der Veranstaltung zufrieden. „Die Möglichkeit, die technologischen Unterschiede sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile der beiden Pressentypen direkt nebeneinander zu präsentieren, ist hier in Erfurt einmalig. Natürlich ist das nicht nur eine gute Basis für fachliche Diskussionen, sondern auch eine super Verkaufs-Plattform“, so Tonn.

Darüber, dass es an Aufträgen für die Demo-Presse mit Servoantrieb mangeln könnte, macht sich der Schuler-Chef keine Sorgen. Mit Nischenaufträgen sei die Anlage ausgelastet. „Die Kunden kommen beispielsweise, wenn ihre eigenen Maschinen kaputt sind und die Fertigung weiterlaufen muss. Derzeit läuft ein Auftrag für einen Automobilhersteller auf der Presse.“

Als einer der zentralen Produktions- und Servicestandorte des Schuler-Konzerns in Europa fertigt die Niederlassung Umformtechnik Erfurt eine breite Palette von Anlagen für die Automobil-, Zulieferer-, Elektro- und Hausgeräteindustrie. Die Produkte werden an einen weltweit tätigen Kundenkreis geliefert.

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