3D-Kameras sollen helfen, Unfälle im Lager zu verhindern

Ein Hochregallager stellt besondere Anforderungen an das Können und die Erfahrung von Gabelstapler-Bedienern. Oftmals müssen voll beladene Paletten in Höhen von bis zu zwölf Metern exakt eingepasst werden.

Eine unbeabsichtigte Berührung des Regals, eines Ladungsträgers oder anderer Objekte mit der Gabelstaplerzinke oder einer aufgenommenen Palette kann zu gefährlichen Situationen führen. Beispielsweise können Paletten oder andere Ladungsträger herabstürzen. Der Hubmast und das Fahrzeugdach des Gabelstaplers behindern den Blick nach vorne und oben, zusätzlich kann die aufgenommene Ladung die Sicht auf den Lagerplatz versperren.

3D-Kameras, die in die Spitzen von Gabelstaplerzinken integriert werden, sollen in Zukunft Abhilfe schaffen. Eine Forschergruppe am Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) der Leibniz Universität Hannover unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Ludger Overmeyer entwickelt derzeit ein Assistenzsystem für die staplerbasierte Ein- und Auslagerung, das auf laufzeitmessenden 3D-Kamerasystemen basiert.

Die Entwicklung des Kamerasystems ist Teil des Projekts „ISI-WALK“, in dem Methoden entwickelt werden, um die Wandlungsfähigkeit von Lieferketten zu steigern. Neben der Gabelstapleroptimierung entwickeln die Wissenschaftler auch ein innovatives, koordinatenbasiertes System zur Indoor-Navigation, das in die Deckenbeleuchtung des jeweiligen Lagers integriert werden soll. Das Verbundprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Die 3D-Kameras in den Gabelstaplerzinken sollen den Zugriff auf hoch gelegene und schwer einsehbare Lagerplätze vereinfachen und helfen, Unfälle zu vermeiden. Bisherige Systeme, die teilweise schon am Markt sind, arbeiten vorwiegend mit Laserscannern, punktuellen Entfernungssensoren oder mit Kameras, die an der Innenseite der Gabelstaplerzinken angebracht sind. Wenn ein Ladungsträger aufgenommen ist, wird die Sicht der Zinkenkameras oftmals stark eingeschränkt oder sogar gänzlich versperrt.

Zudem liefern die Systeme aufgrund der geringen Anzahl an Messpunkten ungenügende Daten für eine automatische Auswertung, oder sie werden beispielsweise bei Gabelzinkenkameras oft wenig nutzerfreundlich auf einem Bildschirm im Fahrerstand des Gabelstaplers angezeigt. „Es ist ungünstig, wenn der Bediener ein verzerrtes Bild selber auswerten muss“, sagt Dipl.-Ing. Steffen Kleinert, der als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am ITA die Software und die Auswertungsalgorithmen für das neue System entwickelt.

Durch die Integration der Kamera in die Spitzen der Gabelstaplerzinken und die detaillierten Aufnahmen, die mit der 3D-Kamera möglich sind, kann das System aussagefähige Daten liefern. Die Auswertungsergebnisse sollen in einfachen Informationen auf dem Bildschirm im Fahrerstand angezeigt werden. „Der Bediener kann anhand von Pfeilen sofort sehen, wie weit er nach rechts, links, oben oder unten navigieren muss oder wie weit und in welche Richtung er das Fahrzeug drehen muss“, erläutert Steffen Kleinert. Denkbar sei außerdem, die Daten für ein akustisches Signal zu nutzen, das ertönt, falls eine Kollisionsgefahr besteht.

Eine Herausforderung stellt die Integration der Kamera in die Gabelstaplerzinken dar. Die Kamera muss sehr klein sein – etwa vier Zentimeter hoch und maximal acht Zentimeter breit. „Die Zinke gehört zu den Komponenten an einem Stapler, die für Stöße am gefährdetsten sind“, sagt Kleinert. „Die Kamera bietet gegenüber Laserscannern aber den Vorteil, dass sie keine beweglichen Teile enthält, daher recht robust ist und Stöße besser wegsteckt.“

Mit einer Auflösung von 200 mal 200 Pixeln liefert sie sehr zuverlässige Informationen. „Das ist für eine normale Kamera wenig, aber für eine derartige 3D-Kamera eine sehr gute Auflösung“, erklärt Kleinert. Bei der Entwicklung des Kamera-Demonstrators arbeiten die Wissenschaftler mit der Firma PMDTechnologies zusammen, zur Integration der Kamera in die Staplerzinke mit dem Flurförderzeughersteller Jungheinrich AG.

Im Moment läuft die Grundlagenforschung für das Projekt, für das kommende Jahr planen die Wissenschaftler die Montage des Kamerasystems auf einem Stapler. „Wir hoffen natürlich, dass in Zukunft ein Wirtschaftspartner das Produkt zur Marktreife bringt“, sagt Steffen Kleinert. Die bestehenden Kooperationen stimmen die Forscher zuversichtlich bezüglich der Marktakzeptanz des Systems.

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