Kauf im Internet bleibt Vertrauenssache

Der Elektronische Handel kommt in Deutschland einfach nicht in Schwung. Fehlt es an flankierenden Absicherungen durch Gesetze oder sind die Deutschen einfach zu ängstlich? Weder noch, so lassen sich die Ergebnisse einer Tagung der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg (TA-Akademie) zusammenfassen, auf der Vertreter großer Firmen und Betreiber von Online-Marktplätzen mit Wissenschaftlern und Verbraucherschützern über Für und Wider staatlicher Regulation im World Wide Web diskutierten.* Einerseits müsse die Bevölkerung für mögliche Gefahren sensibilisiert werden, doch andererseits müsse eben erst Vertrauen in die neue Handelsform geschaffen werden, so der Tenor der Veranstaltung.

„Online-Shopping ist heute weder bequem noch billig, der virtuelle Einkaufsbummel macht noch nicht einmal Spaß“, stellte Beate Weiser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg fest. Sie forderte mehr Transparenz im Online-Geschäft. Der schnelle Preisvergleich von Online-Angeboten entpuppe sich häufig noch als Illusion. Anbieter sollten ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) deutlicher als bisher offen legen und sie auch als kostenlosen Download zur Verfügung stellen müssen.

Vor zuviel Regulierungswut im Internet-Markt warnte dagegen Joachim Rieß, Abteilungsleiter im Bereich Datenschutz bei der Daimler Chrysler AG. Selbstverpflichtungen der Firmen erlaubten im Gegensatz zu staatlichen Regulierungen eine raschere und flexiblere Reaktion auf Veränderungen des neuen Marktes. „Verbraucherverbände und Anbieter können sich auf dieser Ebene über bestimmte Formen des Verfahrens abstimmen und ihre Vereinbarungen auch global umsetzen“, so Rieß. Als Beispiel präsentierte er die Initiative der Wirtschaft D21, in der sich 40 große Unternehmen verpflichtet haben, einen gemeinsam erarbeiteten Qualitätsmaßstab bezüglich Bestellvorgang, Widerruf, Rückgabe und Datenschutz beim Elektronischen Handel einzuhalten. Bei der Ausarbeitung der Standards waren auch Verbraucherverbände und die Stiftung Warentest beteiligt. Diese Standards müssten nun international ausgeweitet werden, um nach und nach in die Gesetzgebung der einzelnen Länder einzufließen. Nur so könne langfristig auch eine Rechtsangleichung stattfinden.

„Regulierungsfragen sind häufig nur Ausreden für Defizite der Produkte und Dienstleistungen“, sagte Herbert Kubicek, Professor für Angewandte Informatik an der Universität Bremen. Er setzt auf ein größere Verzahnung von Handelsangeboten und elektronischen Bürgerdienstleistungen im Internet, um mehr Akzeptanz für das neue Medium zu schaffen.

Mehr Hilfe und Beratung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Internet forderte Josef Herget, Geschäftsführer der Firma Information Management Consult (IMAC) in Konstanz. „Die KMU des Elektronischen Handels benötigen professionelle Unterstützung, um nicht ungewollt Täter zu werden oder Opfer zu bleiben“, sagte Herget. Von ihren Verbänden würden sie bisher ziemlich alleingelassen, kritisierte er.

Ansprechpartner:

Gerhard Fuchs Tel: 0711/9063-199

E-Mail: gerhard.fuchs@ta-akademie.de

Gerhard Fuchs/Barbara Teutsch: Regulationsdefizite bei Electronic Commerce?

Arbeitsbericht Nr. 189, Juni 2001.

Bestellbar per Fax unter 0711/9063-299 bzw. per E-Mail unter info@ta-akademie.de

Media Contact

Dr. Birgit Spaeth idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Kommunikation Medien

Technische und kommunikationswissenschaftliche Neuerungen, aber auch wirtschaftliche Entwicklungen auf dem Gebiet der medienübergreifenden Kommunikation.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Interaktive Medien, Medienwirtschaft, Digitales Fernsehen, E-Business, Online-Werbung, Informations- und Kommunikationstechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer