Technische Geräte einfach und bequem mit Sprache steuern

Wer kennt das nicht: Bevor man endlich ein neu erworbenes Gerät – Video, Fotoapparat, Handy, Navigator – in Betrieb nehmen kann, muss man sich durch Menüs und Bedienungsanleitungen kämpfen, neue Tastenkombinationen, Kommandos, PIN-Nummern lernen. Die anfängliche Hochstimmung kann schnell in Frust umschlagen, da man die Palette von tollen technischen Möglichkeiten oft nicht einmal ansatzweise benutzen kann. Was im Haushalt lediglich ärgerlich macht, kann im Automobil gefährlich sein, zum Beispiel im Mietauto mit beschlagener Heckscheibe fahren zu müssen, weil die Steuerung für den Wischer oder die Heizung einfach nicht zu finden ist.

Hilfe ist in Sicht: An der Universität des Saarlandes ist das EU-Verbundprojekt TALK (Tools für Ambient Linguistic Knowledge) gestartet, in dem Experten aus Spitzenforschungsinstituten und Industrieunternehmen aus fünf Ländern zusammenarbeiten. Ziel ist es, Verfahren für die natürliche Kommunikation zwischen Mensch und komplexem Gerät zu entwickeln.

Der Schlüssel hierzu liegt in der Kombination von menschlicher Sprache mit grafischer Ein- und Ausgabe und konventioneller Tastenbedienung, und zwar inhaltsorientiert (der Benutzer sagt, was er will), flexibel (der Benutzer sagt dies, wie er es will, statt Tasten zu drücken oder Kommandos zu verwenden, die das Gerät erwartet) und adaptiv (die Bedienung stellt sich auf das Wissen und die Fertigkeit des Benutzers sowie auf den Kontext ein – im Auto beispielsweise auf die Verkehrssituation, die mal eine hohe, mal eine weniger hohe Aufmerksamkeit des Fahrers erfordert).

Das TALK-Projekt gehört zu den 14 erfolgreichen Projekten unter 68 Anträgen im Bereich „multimodale Interaktion“ im 6. Forschungsrahmenprogramm der EU. Dementsprechend wurden die beantragten Mittel voll bewilligt: Sie belaufen sich auf rund sechs Millionen Euro für drei Jahre, davon stammen ca. 4,5 Millionen Euro aus EU-Förderung, der Rest wird anteilig von den Industrieunternehmen beigesteuert.

Beteiligt sind unter anderem die Universitäten Edinburgh, Göteborg, Cambridge und Sevilla sowie die Firmen BMW Forschung und Technik GmbH und Robert Bosch GmbH, die als Fahrzeughersteller bzw. -zulieferer die Umsetzung der Forschungsresultate im Automobil unterstützen werden, etwa bei der Navigation oder der Bedienung von Audio- und Freisprechanlage. Aus Saarbrücken ist neben der Universität des Saarlandes das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) beteiligt, das seine Expertise im Bereich multimodaler Interaktion einbringen wird, und über einen Unterauftrag die Startup-Firma CLT Sprachtechnologie, die durch mehrere Projekte mit BMW Erfahrung in der Dialogmodellierung im Automobil besitzt. Linguamatics, eine britische Sprachtechnologie-Firma, wird Anwendungen von Dialog im „intelligenten Haus“ untersuchen.

Koordinator des Gesamtprojekts ist Manfred Pinkal, Professor für Computerlinguistik an der Universität des Saarlandes und Leibniz-Preisträger des Jahres 2000. Prof. Pinkal war bereits an einer Serie von EU-Projekten beteiligt, die mit dem Konzept des „Information State Update“ (ISU) wichtige wissenschaftliche Voraussetzungen für das TALK-Projekt erarbeitet haben. Die Grundidee: Alle Information über den Ablauf des Mensch-Maschine-Dialogs wird im „Informationszustand“ des Systems gespeichert. Aus dieser Information und der aktuellen Äußerung des menschlichen Benutzers berechnet das System aufgrund von Planungsregeln die jeweils angemessene Reaktion und erweitert gleichzeitig den Informationszustand entsprechend. Dies ermöglicht eine viel flexiblere und effizientere Modellierung des Dialogverhaltens, als wenn alle Dialogvarianten bei der Implementierung in starre Ablaufmuster kodiert werden müssen.

Für den Standort Saarbrücken werden mit TALK Mittel für die Neuanstellung von insgesamt fünf Wissenschaftlern vorhanden sein. Einer der neuen Kollegen an der Universität des Saarlandes kommt von einem renommierten US-amerikanischen Forschungsinstitut (Universität Rochester) – ein Indikator für den internationalen Stellenwert des Projektes im Bereich Sprache und Informatik.

Kontakt:
Sabine Burgard
FR 4.7 Computerlinguistik
Universität des Saarlandes
66041 Saarbrücken
Tel.: (0681) 302-4352
Fax: (0681) 302-4351
E-Mail: sburgard@coli.uni-sb.de

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