Quantensimulatoren: Längeres Leben für Rydberg-Atome

Projektleiter Dr. Florian Meinert im quantenoptischen Labor am 5. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart.
Universität Stuttgart / PI 5

Neues Projekt im Rahmen des BMBF-Nachwuchswettbewerbs „Quantum Futur“ startet an der Universität Stuttgart.

Quantensimulatoren mit „gefangenen“ Rydberg-Atomen sind ein vielversprechender Ansatz, um das Zusammenspiel vieler miteinander wechselwirkender Quantenteilchen zu berechnen. In den letzten Jahren haben sie eine sehr schnelle Entwicklung erfahren, doch ist ihre Rechenzeit (Kohärenzzeit) durch die endliche Lebensdauer des Rydberg-Zustands begrenzt. Im Rahmen des Projekts CiRQus (Quantensimulation mit zirkularen Rydbergatomen) wollen Physiker der Universität Stuttgart die Lebenszeit nun um das 1000-fache steigern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt im Rahmen des Wettbewerbs „Quantum Futur“ unter dem Dach des Programms „Quantentechnologien – von der Grundlage zu Markt“ mit 2,6 Millionen Euro auf fünf Jahre.

Rydberg-Atome sind Atome in hochangeregten Zuständen, die mit Laserstrahlen in Form von optischen Pinzetten gefangen werden können. 2D-Anordnungen (Arrays) aus optischen Pinzetten erlauben bereits die Erzeugung von flexiblen Anordnungen hunderter wechselwirkender Atome, die als Qubits genutzt werden können. Die Kohärenzzeit moderner Rydberg-Quantensimulatoren beträgt bisher jedoch nur ungefähr 10 Mikrosekunden. „In diesem Projekt möchte ich die Kohärenzzeit der Rydberg-Plattform auf mehr als 10 Millisekunden steigern“, beschreibt Projektkoordinator Dr. Florian Meinert vom 5. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart sein Ziel. Um dies zu erreichen, möchten er und sein Team erstmals sogenannte „zirkulare“ Rydberg-Zustände als neuartiges Qubit für die Quantensimulation einsetzten.

Die perfekte Kontrolle dieser zirkularen Rydberg-Atome in Atomstrahlen ermöglichte bereits Forschung zu grundlegenden Aspekten der Quantennatur des Lichts, für die der französische Physiker Serge Haroche 2012 zusammen mit dem Amerikaner David Wineland den Physik-Nobelpreis erhielt. Ziel des Projekts „CiRQus“ ist es nun, diese Kontrolle auf lasergekühlte und gefangene Atomarrays auszuweiten um somit das außergewöhnliche Potential der zirkularen Zustände für Quantensimulationen nutzten zu können.

Am 5. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart wird hierfür an einem innovativen Konzept geforscht. „Die lange Kohärenzzeit der zirkularen Rydberg-Zustände wird uns nämlich nicht einfach geschenkt. Es ist entscheidend, dass wir Mikrowellenstrahlung, die in unseren Quantenoptiklaboren als Schwarzkörperstrahlung überall präsent ist, ausschalten, da die Kohärenz unseres Qubits dadurch gestört wird“, betont Meinert. Mit seiner Gruppe wird er hierzu einen speziell ausgelegten Kondensator zur Unterdrückung von Mikrowellen einsetzten. Dies wird es ermöglichen, die sonst notwendige Kühlung mit teuren Flüssiggasen zu vermeiden.

Vielversprechende Perspektiven für das Quantencomputing

Der Quantensimulator mit zirkularen Rydberg-Atomen ermöglicht eine Vielzahl von Anwendungen, wie zum Beispiel die Simulation von Quantenmaterialien oder die Lösung von Optimierungsproblemen. Die lange Kohärenzzeit wird zunächst ausgeschöpft, um auf dieser Plattform Vielteilchen-Dynamik in 2D- Quantenmagneten zu untersuchen. Perspektivisch bietet die perfekte Kontrolle über gefangene zirkulare Rydberg-Atome vielversprechende Möglichkeiten für neuartige Qubit-Konzepte für das digitale Quantencomputing mit neutralen Atomen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Florian Meinert, Universität Stuttgart, 5. Physikalisches Institut, Tel. +49 711 685 67893, E-Mail f.meinert@physik.uni-stuttgart.de

http://www.uni-stuttgart.de/

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