Orientierungssysteme für Sehgeschädigte und Ortsunkundige

Informatikgebäudes der neuen Smartphone-App zur Unterstützung der Navigation auf dem Uni-Campus. Sehgeschädigte Menschen und Menschen mit Hörsehschädigungen können die Textinformationen aus den digitalen Karten und Navigationshinweise über eine weitere App auf akustische beziehungsweise haptische Weise beziehen.<br>Abb.: Universität Stuttgart<br>

In einem komplexen Gebäude einen bestimmten Ort zu finden, kann zu einer Herausforderung werden. Mal entziehen sich die Raumnummern einer nachvollziehbaren Logik, mal bringt eine phantasievolle oder historisch gewachsene Architektur den Besucher ins Grübeln oder führt zu zeitintensiven Umwegen.

Besonders schwer fällt die Orientierung blinden und sehbehinderten Menschen. Aber auch Sehende sind betroffen, zum Beispiel Rettungskräfte, die ein Gebäude im Ernstfall oft zum ersten Mal betreten. Für beide Gruppen entwickelten Wissenschaftler des Instituts für Visualisierung und Interaktive Systeme der Universität Stuttgart prototypische Orientierungs- und Navigationssysteme, die es mittels Smartphone-Apps erleichtern, Ziele auf dem Campus Vaihingen selbstständig und zügig aufzufinden.

Die Navigationshilfen entstanden im Rahmen des Projekts ASBUS („Assistenz für sensorisch Behinderte an der Universität Stuttgart“) und werden im Rahmen einer Abschlussveranstaltung am Freitag, 19. April der Öffentlichkeit vorgestellt. Es spricht Dr. Andreas Hub, Projektleiter. Vertreter der Medien und die Öffentlichkeit sind herzlich eingeladen.
Zeit: 19.4.2013, 15.00 Uhr
Ort: Campus Stuttgart-Vaihingen, Informatikgebäude, Universitätsstr. 38, Hörsaal 38.01

Das Projekt ASBUS ging 2009 aus dem früheren Sonderforschungsbereich 627 (Umgebungsmodelle für kontextbezogenen Systeme, NEXUS) hervor und wurde aus Studiengebühren sowie aus Projektmitteln der Universitäts finanziert. Ziel war es, vor allem Menschen mit Seh- beziehungsweise Hörsehschädigungen die gesamte Universität Stuttgart mit innovativen Hilfsmitteln zugänglich zu machen, um ihnen eine selbstständige und selbstbestimmte Navigation auch in unbekannten Bereichen zu ermöglichen. Ein besonderes Augenmerk richteten die Wissenschaftler auch auf statische Barrieren wie beispielsweise Drehtüren oder Fahrradständer, die den Langstock eines blinden Benutzers innerhalb kürzester Zeit unbrauchbar machen können.

Hierzu kartierte das ASBUS-Team in Kooperation mit dem Liegenschaftsamt Baden-Württemberg, dem Universitätsbauamt und dem Dezernat Technik und Bauten der Universität sowie mit Unterstützung studentischer Nachwuchswissenschaftler zunächst die Gebäude der Universität Stuttgart sowie die Außenbereiche in Vaihingen und in der Stadtmitte. Anschließend wurden die mit vielen Detail- und Textinformationen versehenen Daten in ein speziell hierfür entwickeltes digitales, hierarchisches Kartenformat überführt. Parallel dazu entwickelte das Team prototypische Orientierungs- und Navigationssysteme für Menschen mit Sehschädigungen und für Menschen mit Taubblindheit/Hörsehschädigungen. Dies erfolgte in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen blinden, sehbehinderten sowie taubblinden/hörsehgeschädigten Testpersonen, unter anderem auch im Rahmen eines Drittmittelprojekts in Kooperation mit dem Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design der Universität Stuttgart sowie der Firma Handy Tech Elektronik (Horb/Neckar).

App hilft auch Studienanfängern und Besuchern
Mit Hilfe kostengünstiger Smartphone-Technologie und neu entwickelter zusätzlicher Hard- und Software können nun Menschen mit Sehschädigungen und Hörsehschädigungen Informationen aus digitalem Kartenmaterial und Hinweise zur Orientierung und Navigation in Gebäuden auf akustische oder haptische Weise abrufen. Letzteres erfolgt entweder über eine portable Braillezeile oder über ein völlig neuartiges haptisches Ein-/Ausgabegerät mit adaptiven Stellteilen, die es unabhängig von Umgebungsgeräuschen ermöglichen, verschiedende Systemzustände (Navigations- und Eingabemodus) zu ertasten. Dadurch kann das System auch von den zahlreichen Sehgeschädigten genutzt werden, die keine Brailleschrift beherrschen.

Was zunächst für Menschen mit Handicap gedacht war, nutzt jetzt auch Sehenden: Eine neue Smartphone-App kann Studienanfänger, ortsunkundige Gäste und Lieferanten bei der Orientierung und Navigation unterstützen. Zusammen mit ihrer zugehörigen Weboberfläche ist diese App darüber hinaus in Krisensituationen dazu geeignet, Einsatzkräfte schnell zu leiten und so die Rettung von Menschenleben zu beschleunigen. Sowohl der Krisenmanager der Universität Stuttgart, als auch die Polizei und die Feuerwehr haben bereits Interesse an der Neuheit bekundet.

Weitere Informationen:
Dr. Andreas Hub, Universität Stuttgart, Institut für Visualisierung und Interaktive Systeme,
Tel. 0177-8780398, E-Mail: Andreas.Hub (at) vis.uni-stuttgart.de
Andrea Mayer-Grenu, Universität Stuttgart, Abt. Hochschulkommunikation, Tel. 0711/685-82176,

E-Mail: andrea.mayer-grenu (at) hkom.uni-stuttgart.de

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