Mathe macht mobile Karten übersichtlich

Übervolle Karten auf dem Navi- oder Smartphone-Display: mit mathematisch fundierten Algorithmen lässt sich das vermeiden. Bild: KIT/Nöllenburg

„Digitale Karten sind Papierkarten vielfach überlegen“, erklärt Martin Nöllenburg vom KIT. „Digitale Karten lassen sich passend drehen oder zoomen; Sehenswürdigkeiten lassen sich thematisch aus Datenbanken hinzuladen.“ Eine Herausforderung sei es jedoch, die Darstellung und Beschriftung übersichtlich zu halten, egal wie der Nutzer den sichtbaren Bereich einstellt und egal wie die Route verläuft. „Wenn die Beschriftungen ständig überlappen, springen oder flackern, ist der Mehrwert dahin und gerade ein durch irritierende Darstellungen abgelenkter Fahrer kann im Straßenverkehr eine Gefahr darstellen.“

Am KIT leitet Nöllenburg eine Nachwuchswissenschaftlergruppe, die sich mathematisch exakt mit Geovisualisierung beschäftigt, also der Darstellung von Informationen in Karten. Dass dieses Forschungsgebiet nicht nur für Mathematiker und theoretische Informatiker interessant ist, zeigt, dass Nöllenburg für seine Arbeit bereits einen Research Award des Internet- und Kartendienstes Google erringen konnte. „Letztlich lassen sich brauchbare Algorithmen nur programmieren, wenn man das Problem mathematisch verstanden hat“, findet Nöllenburg.

Mittels der mathematischen Beschreibung von digitalen Karten lässt sich zunächst die Schwierigkeit des Problems abschätzen. Zum Beispiel gehört die Maximierung der Zahl der Beschriftungen im gewählten Bildausschnitt eines Navigationsgerätes entlang einer Route zu der rechenzeitintensivsten Gruppe von mathematischen Problemen, den sogenannten NP-vollständigen Problemen. „Wenn man die Zahl der Objekte in der Karte vergrößert, vergrößert man exponentiell die dafür notwendige Rechenleistung“, stellt Nöllenburg fest. „Diese ist natürlich gerade auf mobilen Geräten schnell ausgereizt.“

Vor diesem Hintergrund entwickelt Nöllenburg mit seiner Arbeitsgruppe Algorithmen, die leistungsfähiger sind, indem sie das allgemeine Problem sinnvoll eingrenzen. „Statt zu versuchen, die Zahl der gleichzeitig eingeblendeten Beschriftungen zu maximieren, kann man einen guten Kompromiss zwischen Lesbarkeit, Rechenzeit und Informationstiefe finden, wenn man sich auf eine konstante Anzahl von Beschriftungen im gegebenen Ausschnitt beschränkt“, erklärt Benjamin Niedermann, der die mathematischen Beweise ausgearbeitet hat.

„Mehr als drei bis sieben Objekte kann ein Mensch ohnehin nicht bewusst wahrnehmen.“ Darauf aufbauend lässt sich nicht nur ein einfaches Verfahren finden, das die Beschriftung einer Karte sinnvoll durchführt. Es lässt sich auch zeigen, dass die Rechenzeit des neuen Verfahrens nur moderat wächst, wenn die Objektzahl steigt. „Interessanterweise führt die Einschränkung der Optimierung auf einen passenden Kartenausschnitt dazu, dass die Summe der Beschriftungen über die ganze Route größer wird, also zum Beispiel mehr Sehenswürdigkeiten entlang des Weges erwähnt werden.“

„Je mehr mobile Endgeräte im Alltag genutzt werden, desto fundierter sollten die mathematischen Grundlagen sein“, unterstreicht Nöllenburg. „Nur so können wir Produkte entwickeln, die uns wirklich im Alltag unterstützen und nicht immer mehr Zeit und Mühe für die Bedienung abverlangen.“ Daher will Nöllenburg nun mit seinem Team den Schritt von der Grundlagenforschung in die Anwendung gehen und aus den mathematischen Methoden bald implementierbare Algorithmen entwickeln. „Ich bin mir sicher, dass unsere Methoden sich auch in der Praxis bewähren.“

Andreas Gemsa, Benjamin Niedermann, and Martin Nöllenburg. Trajectory-based dynamic map labeling. In: International Symposium on Algorithms and Computation (ISAAC’13), pp. 413–423. Springer-Verlag, LNCS 8283, December 2013.

Digitale Pressemappe zum Wissenschaftsjahr 2014

Ob in der Kommunikation, der Energieversorgung oder der Mobilität, in der Industrie, im Gesundheitsbereich oder in der Freizeit: Digitale Technologien sind längst Teil unseres Alltags, sie eröffnen neue Möglichkeiten und bieten Lösungen für gesellschaftliche Probleme. Gleichzeitig stellen sie uns vor Herausforderungen. Chancen und Risiken stehen im Mittelpunkt des Wissenschaftsjahres 2014 – Die Digitale Gesellschaft. Am KIT beschäftigen sich Forscherinnen und Forscher aller Disziplinen mit den vielfältigen – technischen und gesellschaftlichen – Aspekten der Digitalisierung. Kurzporträts, Presseinformationen und Videos dazu bietet die digitale Pressemappe des KIT zum Wissenschaftsjahr:
http://www.pkm.kit.edu/digitalegesellschaft

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den Gesetzen des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Thematische Schwerpunkte der Forschung sind Energie, natürliche und ge-baute Umwelt sowie Gesellschaft und Technik, von fundamentalen Fragen bis zur Anwendung. Mit rund 9000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter knapp 6000 in Wissenschaft und Lehre, sowie 24 000 Studierenden ist das KIT eine der größten Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.

Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.kit.edu

Das Foto steht in druckfähiger Qualität auf www.kit.edu zum Download bereit und kann angefordert werden unter: presse@kit.edu oder +49 721 608-47414. Die Verwendung des Bildes ist ausschließlich in dem oben genannten Zusammenhang gestattet.

Media Contact

Monika Landgraf idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer