Intelligentes Stadtbahnfenster geht in den Feldtest

Die sechsmonatige Feldtestphase in der Karlsruher Stadtbahn bis zum Frühjahr 2022 dient der Evaluierung der Anwendungen
Bild: Luca Gallina / HKA

Forschungsergebnisse zum Projekt SmartMMI unter der Federführung der HKA werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Ein Blick auf das Stadtbahnfenster – und schon ist der Fahrgast sowohl über das vorbeiziehende Museum als auch über seine Anschlussverbindung informiert. Denn diese Informationen werden auf der zukünftig halbtransparenten Displayscheibe, dem SmartWindow, eingeblendet. Was 2017 nach Science-Fiction klang, hat das Forschungsprojekt SmartMMI unter der Leitung der Hochschule Karlsruhe (die HKA) weitgehend Realität werden lassen – in einem Zweisystem-Stadtbahnwagen der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH (AVG).

Im aktuell laufenden Feldtest wird das im Projekt entwickelte SmartMMI-System unter Berücksichtigung der Vorgaben zur Coronapandemie erprobt. Dazu wurde die SmartMMI-App der Öffentlichkeit zugänglich gemacht sowie das SmartWindow in einem Zweisystem-Stadtbahnwagen der AVG eingebaut. Die Fahrgäste können mit dem SmartWindow interagieren und gewünschte Informationen auf der Scheibe anzeigen lassen, beispielsweise den Liniennetzplan, Anschlussinformationen oder die Sehenswürdigkeiten entlang der Bahnstrecke, soweit diese bereits datentechnisch in das SmartMMI-System aufgenommen worden sind.

Innerhalb einer sechsmonatigen Feldtestphase werden die Anwendungen bis zum Frühjahr 2022 evaluiert. Mithilfe dieser Nutzerstudien soll herausgefunden werden, in welchen Situationen und unter welchen Umständen die Fahrgäste mit dem SmartWindow interagieren. Sie geben somit Aufschluss über die Potenziale und zukunftsfähigen Weiterentwicklungen solcher interaktiven Fahrgastinformationssysteme.

„Wir wollen mit dem SmartMMI transparente Displaytechnologien für Fahrgäste des ÖPNV zur greifbaren Realität werden lassen. Aktuelle und hochrelevante Informationen finden sodann direkt den Weg zu den Fahrgästen – und machen den ÖPNV mit digitalen Technologien attraktiver“ sagt Professor Schlegel, der als Leiter des Instituts für Ubiquitäre Mobilitätssysteme an der HKA auch das Gesamtprojekt koordiniert.

Das Forschungsvorhaben „Modell- und kontextbasierte Mobilitätsinformation auf Smart Public Displays und Mobilgeräten im öffentlichen Verkehr“ (SmartMMI) mit einem Projektvolumen von 2,86 Mio. Euro wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND von Oktober 2017 bis Juni 2021 gefördert. Als Partner waren die ANNAX GmbH, die AVG mbh, die MENTZ GmbH und die USU Software AG mit beteiligt. Die Verkehrsbetriebe Karlsruhe und der Karlsruher Verkehrsverbund unterstützten das Projekt ebenfalls.

Mit dem Ziel, den Öffentlichen Verkehr weiterzuentwickeln und dem Fahrgast eine „Mobility Experience“ zu ermöglichen, stellt das Projekt SmartMMI die Verbesserung der Informationsversorgung von Fahrgästen entlang ihrer Mobilitätskette in den Vordergrund. Damit sollen Fahrgäste situationsgerecht über Störungsfälle, Planungsänderungen, touristische Zielen oder zu den entlang der Strecke erhältlichen Services informiert werden. Mit dem derzeit laufenden Feldtest beginnt die Erprobung aller dazu entwickelten Systeme.

Im Rahmen des Projekts SmartMMI erarbeiteten die fünf Projektpartner aus Industrie und Forschung neue Technologien von der Datenerfassung und Datenintegration bis hin zur Visualisierung der Daten. Dabei setzte das Projekt auf die Erforschung und Erprobung kontextsensitiver Datenbereitstellung von Mobilitätsdaten auf speziell entwickelten intelligenten teiltransparenten Display-Scheiben, die in Fahrzeugen des Öffentlichen Personennahverkehrs eingebaut werden können. Drüber hinaus besteht die Möglichkeit das persönliche mobile Endgerät mit den intelligenten Display-Scheiben zu koppeln. Dazu wurde die SmartMMI-App entwickelt die eine personifizierte Fahrgastinformation ermöglicht. Weiterhin können damit am Smartphone geplante Fahrten in das SmartMMI-Fahrzeug mitgebracht und damit eine Reisebegleitung auf dem großen und interaktiven Display im Fahrzeug aktiviert werden. Auch das Mitnehmen von am SmartWindow gerechneten Fahrten ist mithilfe der mobilen App möglich. Damit lassen sich Umstiege problemlos bewältigen.

Die Projektpartner entwickelten hierfür neue Technologien für die Erfassung und Integration verschiedener Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen. Dabei setzte das Konsortium auf den Einsatz von Big Data und Smart Data Technologien und die Integration von spezifischen ÖV-Daten auf Basis der neuesten, selbst mitentwickelten Standards mit Open Data und Daten von Drittanbietern. Die Daten werden semantisch aufgewertet, um eine intelligente Integration und vor allem Selektion der relevanten Daten zu ermöglichen – also ein „Verstehen“ auch durch Systeme. Hierzu dienen Kontextinformationen, die die aktuelle Situation der Fahrgäste beschreiben und dadurch das System befähigen, auf die Situation zugeschnittene Daten auszuwählen und diese nutzer- und situationsgerecht aufzubereiten. So werden zum Beispiel sensitive Daten in geeigneter Aufbereitung auf dem Smartphone des Nutzers angezeigt, während allgemeine, ergänzende Informationen auf dem teiltransparenten SmartWindow des Fahrzeugs dargestellt werden. Somit kann diese größere Fläche für mehr Details und die Realität überlagernde Hinweise eingesetzt werden. Visualisierungskonzepte können unter anderem dazu genutzt werden, für einen Fahrgast ergänzend zu seiner persönlichen Route weitere Informationen über die Strecke bereitzustellen, beispielsweise zum Wetter oder zu touristischen Attraktionen.

Im Projekt wurden semantische Konnektoren entwickelt, die ÖV-Daten aufwerten und mit weiteren, entlang der Reisekette relevanten Daten optimal verknüpfen. Mithilfe dreier Prototypen wurde ein intelligentes Reiseinformationssystem erforscht und entwickelt, das Fahrgäste während ihrer Reise im ÖV in jeder Situation bestmöglich unterstützen soll. So trägt das Projekt grundlegend dazu bei, die Attraktivität des ÖV als ökologische, zeitsparende und preiswerte Alternative zum Automobilverkehr weiterzuentwickeln.

Die Einführung solcher SmartMMI-Fenster hängt entscheidend vom Erhalt weiterer Fördermittel ab. Als nächster Schritt ist im Rahmen eines weiteren Forschungsprojekts die Entwicklung eines serientauglichen SmartMMI-Fensters angedacht.

Über den mFUND des BMVI
Im Rahmen mFUND fördert das BMVI seit 2016 datenbasierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für die digitale und vernetzte Mobilität 4.0. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und durch die Bereitstellung von offenen Daten auf dem Portal mCLOUD. Weitere Informationen finden Sie unter www.mfund.de.

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Holger Gust M. A. Presse und Kommunikation

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