Informatiker entwickeln die Bibliothek der Zukunft


Oldenburg. Bequem am eigenen PC Fachliteratur recherchieren und lesen, anstatt zeitaufwendig in der Bibliothek zu suchen – diese Zukunftsvision ist vielleicht schon bald Realität. Vier Institute und Forschungseinrichtungen haben dafür in einem gemeinsamen Projekt die Grundlagen geschaffen und ein System für die Produktion und den Vertrieb elektronischer Bücher entwickelt.

Am Projekt beteiligt sind:

  • das Oldenburger Informatikinstitut OFFIS,
  • die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig (HTWK Leipzig),
  • die Gesellschaft für angewandte Software-technik mbH in München (FAST München),
  • sowie das Fachinformationszentrum Karlsruhe (FIZ).

Das Oldenburger Informatik-Institut OFFIS hat die Grundlagensoftware für den Internet-Shop und die dokumentenliefernde und verwaltende Software entwickelt. Daneben sorgen die Oldenburger Informatiker für den Systembetrieb. Finanziert wurde das Forschungsprojekt „eVerlage“ vom Bundesministerium für Forschung und Bildung.

„Information hat heutzutage eine extrem kurze Halbwertszeit. Dies gilt für die Wissenschaft ebenso wie für andere Bereiche, sei es nun Wirtschaft, Rechtsprechung oder Medizin. Deshalb sind digitale Bibliotheken das ideale Medium für Profis in allen Bereichen, die schnell fachspezifische Informationen recherchieren müssen“, erläutert dazu Prof. Dr. Hans-Jürgen Appelrath, der wissenschaftliche Leiter des Projektes bei OFFIS. „Information on demand“ nennen dies die am Projekt beteiligten Informatiker. Darunter ist zu verstehen, sich direkt und sofort am Arbeitsplatz zu informieren, genau dann, wenn die Information gebraucht wird.

Auf diese Weise können Arbeits- und Lernprozesse erheblich effizienter organisiert werden. Wenn ein Student beispielsweise bei der Lektüre für eine Seminararbeit auf interessante neue Literaturhinweise stößt, könnte er bei einer elektronischen Bibliothek dem sofort nachgehen und innerhalb von wenigen Minuten im gesuchten Werk lesen. Außerdem ermöglichen elektronische Bücher über die Volltextsuche eine wesentlich präzisere Recherche. Darüber hinaus können mit diesem System auch multimediale Lernmittel über das Internet zugänglich gemacht werden.

Dies wird auch den Sektor Weiterbildung erheblich verändern. Berufstätige Menschen müssen heutzutage lebenslang lernen. Gleichzeitig wird der Zeit- und Termindruck immer höher. „Deshalb wird eine leicht zugängliche ’Information on demand’ auch für die Weiterbildung immer wichtiger werden.“, meint Frank Oldenettel, Leiter des Projektteams bei OFFIS.

Das eigentliche Problem mit einem elektronischen Verlag ist weniger, ganze Bücher ins Internet zu stellen, sondern ein praktikables Verfahren der Bezahlung zu finden. Die Abrechnung muss einfach zu handhaben und sicher sein. Nur so kann sich das neue System durchsetzen. Das Ergebnis des Projektes stimmt optimistisch. Es wurden drei Abrechnungsverfahren in das System integriert: Die Geldkarte, die Bezahlung per Handy und die Bezahlung per Gutschein.

Die Geldkarte ist besonders für Bibliotheken geeignet, die ihren Lesern den elektronischen Leserservice bieten wollen. Der Nutzer muss dafür ein Lesegerät kaufen, das an den PC angeschlossen wird (Dieses Lesegerät wird ca. 50-100 Euro kosten). Geldkarten mit einer individuellen Pin-Nummer sind in Banken erhältlich und können dort aufgeladen werden. Häufig sind auch die EC-Karten schon mit einer Geldkartenfunktion ausgestattet. Der Nutzer kann sich mit einer Geldkarte über das Internet in das Bibliotheksportal einwählen, die gewünschte Literatur aufrufen und dann durch Eingabe der Pin-Nummer mit Geldkarte und Lesegerät bezahlen.

Bei der Bezahlung per Handy müssen Nutzer sich und ihre Bankverbindung für 5,- Euro registrieren lassen. Sobald sie registriert sind, geben sie im Internetportal ihre Handynummer ein. Wenige Sekunden später werden sie vom System angerufen und hören eine Ansage. Dann brauchen sie nur noch ihre individuelle Pin-Nummer eingeben und haben damit den Kauf bestätigt. Der verbrauchte Betrag wird dann vom Konto abgebucht.

Beim Gutschein handelt es sich um ein Prepaid-Verfahren, das heißt es können im Voraus Gutscheine mit vorbestimmten Werten bei eVerlage erworben werden. Mit einem darauf angegebenen Codeschlüssel kann dann Literatur gekauft werden.

Leihbibliotheken können elektronische Bücher genauso wie Papierbücher ihren Lesern kostenlos zur Verfügung stellen, wenn sie entsprechende Lizenzen kaufen. Je nachdem wie viel Geld sie für Lizenzen investieren, können sie dann entweder wie beim Papierbuch eine begrenzte Anzahl von Büchern zur Verfügung stellen, oder – was mit deutlich höheren Lizenzkosten verbunden ist – beliebig viele Exemplare zur Verfügung stellen. Die höheren Lizenzkosten bei unbegrenzter Anzahl sind notwendig, da Verlage ansonsten elektronische Bücher nicht wirtschaftlich vertreiben könnten.

An den Universitätsbibliotheken in Göttingen, Jena und Bielefeld wird das System eVerlage derzeit erprobt. Erfasst wurde dafür wissenschaftliche Fachliteratur aus den Bereichen Informatik, Physik, Chemie und Sozialwissenschaften.

Wer sich für das Projekt „eVerlage“ interessiert, kann sich im Internet unter www.everlage.de informieren.

Ansprechpartner für Rückfragen der Redaktion: Udo Brandes OFFIS – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Escherweg 2 – 26121 Oldenburg Tel. (04 41) 97 22-107 Fax (04 41) 97 22 – 102

Media Contact

Udo Brandes idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer