Hilfreiche Technik für die alternde Gesellschaft

Die Deutschen werden immer älter – jeder für sich und alle gemeinsam. Weil gleichzeitig immer weniger Kinder zur Welt kommen, verschiebt sich das Verhältnis zwischen jungen und alten Menschen deutlich: Im Jahr 2030 werden voraussichtlich 28 Prozent der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt sein.

Insgesamt wird die Einwohnerzahl sinken: Bis zum Jahr 2050 um rund sieben Millionen Menschen auf dann nur noch 75 Millionen, laut einer Berechnung des Statistischen Bundesamtes. Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, sind gravierend; um die damit verbundenen Probleme zu meistern, besteht dringender Handlungsbedarf für Wirtschaft, Politik und Wissenschaft.

Ein Schritt auf diesem Weg ist der Forschungsverbund „FitForAge“, den die Bayerische Forschungsstiftung jetzt ins Leben gerufen hat. In dem Verbund arbeiten zehn Lehrstühle aus vier bayerischen Universitäten mit 25 Industriepartnern an der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die das Leben im Alter erleichtern sollen. Verbundssprecher ist Professor Heinz Gerhäuser, Leiter des Fraunhofer-Instituts Integrierte Schaltungen (Erlangen) und Mitglied des Hochschulrats der Uni Würzburg. Sein Stellvertreter ist Professor Klaus Schilling, Inhaber des Würzburger Lehrstuhls für Technische Informatik.

„Wir wollen Menschen Hilfsmittel an die Hand geben, damit sie länger selbstbestimmt leben und arbeiten können“, beschreibt Schilling das Ziel seiner Arbeit. Gemeinsam mit einem jungen Team konzentriert er sich vor allem auf zwei Bereiche: Seine Entwicklungen sollen dazu beitragen, dass ältere Menschen zum einen länger die Anforderungen am Arbeitsplatz erfüllen können. Zum anderen sollen sie ihnen mehr Mobilität im Alter ermöglichen.

„Zeige mir den kürzesten Weg nach Hause, ohne größere Steigungen und ohne Treppen“: So könnte eine Aufgabe an ein Navigationsgerät für Senioren lauten, die – zu Fuß oder mit einem Kleinfahrzeug – in der Stadt unterwegs sind. „Wir arbeiten dafür gemeinsam mit der Würzburger Firma Navigon an einer Weiterentwicklung bestehender Navigationsgeräte, die solche Aufträge erfüllen können“, sagt Schilling. Zu den anderen Produkten für mehr Mobilität, an denen die Würzburger Informatiker arbeiten, gehört ein Rollator – bisweilen auch Gehwagen genannt. Dieser verfügt über eine Anfahrhilfe, die die ersten Schritte erleichtert, sich dann aber wieder abschaltet. Ein Roboter könnte Einkaufstüten nach Hause tragen; ein Fitnessbegleiter überwacht den aktuellen Gesundheitszustand; eine so genannte Park Nanny hilft Großeltern, beim Kinderhüten im Park ihre Enkel nicht aus den Augen zu verlieren – auch wenn die sich mal wieder hinter den Büschen versteckt haben. Ein Blick aufs Display, das von der in Würzburg ansässigen Firma Bijo Data produziert wird, genügt dann, um den momentanen Aufenthaltsort der Gesuchten zu bestimmen.

Ganz anders sehen die Herausforderungen für die Würzburger Informatiker aus, wenn es darum geht, ältere Menschen am Arbeitsplatz zu unterstützen. „Im Alter besitzt der Mensch zwar einen hohen Grad an Erfahrung. Häufig fehlt es ihm aber an Kraft und an Reaktionsgeschwindigkeit“, erklärt Schilling. Roboter sollen dieses Manko in Zukunft kompensieren; sie könnten den Arbeitnehmern beispielsweise über die Schulter langen und beim Hochheben schwerer Lasten helfen. Das Problem dabei: „Momentan ist der Roboter aus Sicherheitsgründen immer durch einen Käfig vom Menschen getrennt“, sagt Schilling. In Zukunft aber müsse er „näher an den Menschen heranrücken“. Damit es dabei zu keinen ungewollten Kollisionen kommt, sind Sensoren erforderlich, die der Maschine mitteilen, welches Maß an Unterstützung aktuell gefragt ist. Daran arbeiten die Informatiker gemeinsam mit der Obernburger Firma Reis-Robotics.

Rund 5,6 Millionen Euro stehen dem Forschungsverbund in den kommenden drei Jahren für seine Arbeiten zur Verfügung. 2,5 Millionen Euro steckt die Bayerische Forschungsstiftung in das Projekt; der Rest kommt aus der Industrie. Etwa 320.000 Euro fließen nach Würzburg für die Arbeit der Technischen Informatiker. Der Rest verteilt sich auf Lehrstühle an den Universitäten Regensburg und Erlangen, an der TU München und auf das Fraunhofer-Institut Integrierte Schaltungen in Erlangen. 25 beteiligte Industriepartner beweisen das große Interesse der Wirtschaft an den Arbeiten der Wissenschaftler und erfüllen darüber hinaus eine wichtige Aufgabe: „Sie achten auf die Umsetzbarkeit in Produkte für die Menschen“, sagt Schilling. Schließlich sei es ja Ziel der gemeinsamen Forschung, Hilfsmittel zu entwickeln, die geeignet für diesen wachsenden Markt für ältere Personen sind und eine sinnvolle Unterstützung anbieten können.

Kontakt: Prof. Dr. Klaus Schilling, T (0931) 888-6647, schi@informatik.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de/

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