Der Mensch und die Macht. Aufbruch in die Moderne: Die Entdeckung der Individualität

Im März 2007 veranstaltet die Europäische Gesellschaft für frühneuzeitliche Philosophie e.V. ESEMP ihren Ersten Internationalen Kongress. Sie unternimmt mit dem Kongress „Aufbruch ins Moderne Europa – Philosophie zwischen 1400 und 1700“ eine Gesamtschau auf kulturelle Fundamente unserer europäischen Identität und schafft eine Vernetzung der Forschung zur Frühen Neuzeit. Der Kongress, der in Zusammenarbeit mit dem Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) Essen vorbereitet wird, untersucht Weichenstellungen in die moderne Welt, die von der zeitgenössischen Philosophie reflektiert wurden. Wissenschaftler aus ganz Europa sind als Referenten und Gäste dabei.

Mehrere Kongresssektionen und Workshops befassen sich mit dem Bild vom Menschen, das sich in der Frühen Neuzeit veränderte: Nicht mehr nur Staatskörper und Untertanen waren die Menschen. Sie wurden erstmals gedacht als Individuen mit privatem Denken und Fühlen. Und mit einem Recht auf Schutz und körperliche Unversehrtheit.

Die Verheerungen des 30-jährigen Krieges und die Religionskriege in England waren es, die den Blick auf Menschen und Macht verändert hatten: So massiv hatten die Heere gewütet, über Jahrzehnte war die Bevölkerung Krieg, Hunger und Krankheit hilflos ausgeliefert. „Es wuchs erstmals ein Bewusstsein dafür, wie verletzlich die Menschen sind und dass der Staat sie zu schützen hat“, erklärt Prof. Dr. Michael Hampe von der ETH Zürich. „Diese andere Philosophie der Macht ist eine sehr hohe zivilisatorische Errungenschaft.“

Die Verletzlichkeit Einzelner hatte früher keine große Rolle gespielt, und sie tut es auch heute nicht in unaufgeklärten Gesellschaften und unter religiösen Fanatikern: „Die Auffassung, dass das eigene Leben und das Leben Unbeteiligter zu opfern ist, beispielsweise um einen bestimmten Lebensstil zu bekämpfen, ist eine vormoderne Ansicht“, so Hampe. Mit der Philosophie der Aufklärung und der Verantwortung für das eigene Leben, die auch der Protestantismus jedem einzelnen abverlangt, hat Europa sich davon entfernt.

Denn die aufgeklärte Bürgergesellschaft gründet auf individuellen Entscheidungen; selbst die kapitalistische Wirtschaftstheorie geht seit Adam Smith von individuellen Marktteilnehmern aus, die zu ihrem eigenen Vorteil handeln.

Natürlich ist Individualisierung eine ambivalente Entwicklung. Körperliche Unversehrtheit und Schutz, persönliche Freiheiten und Entfaltungsmöglichkeiten können ihre Kehrseite finden in übersteigertem Materialismus, zerbrechenden familiären Werten und aussterbenden Traditionen. Bedroht werden sie heute jedoch vor allem davon, dass vormoderne Weltanschauungen das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht kennen.

Fundamente dieses Konflikts beleuchtet der Kongress „Aufbruch ins Moderne Europa“.

Aufbruch ins moderne Europa – Philosophie zwischen 1400 und 1700
26.-30. März 2007, Haus der Technik, Hollestraße 1, 45127 Essen
Schirmherr ist der Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Andreas Pinkwart. Der Kongress wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Thalia, der WAZ-Mediengruppe und der Gesellschaft der Freunde der FernUniversität e.V.
Weitere Informationen:
FernUniversität in Hagen
ESEMP Kongressbüro
Institut für Philosophie
Universitätsstraße 41
58084 Hagen
E-Mail kongress2007-esemp@fernuni-hagen.de
Prof. Dr. Michael Hampe
ETH Zürich
Telefon 0041-44-632-3040
E-Mail hampe@phil.gess.ethz.ch
Aufbereitete Themen:
Wachstum als Tugend, Wachstum als Sünde: Die beginnende Marktwirtschaft
Die Geburt des Nationalstaats: Die Freiheit im neutralen Staat
Anspruch und Realität der Wissenschaft: Empirische Forschung in der Frühen Neuzeit

Europäer in China und Südamerika: Eine Außensicht auf unseren Kontinent

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Susanne Bossemeyer idw

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