Der Wechsel zwischen den Geschlechtern

Forschungsprojekt zur Transsexualität am Universitätsklinikum

Der Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden, wird in der Bundesrepublik den Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen zu-geordnet. Die Einstufung der Transsexualität als Krankheit erleichtert die Durchführung medizinischer Maßnahmen und deren Finanzierung durch die Krankenkassen. Was danach für die Betroffenen folgt, ist einerseits etablierte Medizin – Operation und zum Teil lebenslange Nachbehandlungen. Andererseits spielen die damit verbundenen ethischen Fragen in den betroffenen Fachdisziplinen bislang kaum eine Rolle. Wird das Persönlichkeitsrecht der Transsexuellen in der gegenwärtigen medizinischen und rechtlichen Praxis angemessen berücksichtigt? Führt eine Einordnung der Transsexualität als Krank-heit zu einer Stigmatisierung?

Diesen Problemen widmet sich nun ein Projekt der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen, das am Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Dominik Groß angesiedelt ist. Das unter der Federführung von Jan Steinmetzer bearbeitete Forschungsvorhaben trägt den Titel „Medizinethische Aspekte in der Behandlung Transsexueller“. Es ist zunächst auf die Dauer von zwei Jahren angelegt und mit 50.000 Euro ausgestattet. „Die Gesellschaft verlangt in der Regel eine klare Geschlechtszuordnung“, führt Groß aus. Aus diesem Grund werde dem Phänomen Transidentität oftmals mit Ablehnung und Ausgrenzung begegnet. Ziel des Projekts ist es dementsprechend, konkrete Konfliktfelder zu definieren.

Die Wissenschaftler gehen dabei in zwei Schritten vor: Als erstes erfolgt eine systematische Untersuchung der einschlägigen internationalen Literatur. Auch Filme und weitere Medien werden einbezogen, um ein möglichst vollständiges Bild vom Umgang mit Transsexualität zu erhalten. Im zweiten Schritt wird in Kooperation mit der Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie (Direktorin: Univ.-Prof. Christine Neuschäfer-Rube) in standardisierten und narrativen Interviews mit den Betroffenen der medizinethische Handlungsbedarf ausgelotet und dem bisherigen Behandlungsregime gegenübergestellt. „Um alle wesentlichen Teilaspekte zu berücksichtigen, setzen wir auf Kooperation“, so Groß. Deshalb werden neben der Phoniatrie mittelfristig auch die Disziplinen Endokrinologie, Chirurgie, Soziologie und Psychologie einbezogen.

„Am Ende der interdisziplinären Zusammenarbeit sollen Leitlinien für den Umgang mit Transsexualität stehen“, wünscht sich Prof. Groß. Außerdem erhofft sich der Mediziner und Ethiker eine gesellschaftliche Diskussion, die neben ethischen Fragen am Lebensanfang und Lebensende nunmehr ein Thema aus der Mitte des Daseins aufgreift. Zu diesem Zweck sind öffentlichkeitswirksame Initiativen wie Workshops und Tagungen vorgesehen.“

Weitere Informationen erhalten Sie bei Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med.dent. Dr. phil. Dominik Groß, Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen, Wendlingweg 2, 52074 Aachen, Telefon 0241/80-88095, Fax 0241/80-82466, E-mail gte-med-sekr@ukaachen.de. Toni Wimmer

Media Contact

Thomas von Salzen idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Gesellschaftswissenschaften

Der neueste Stand empirischer und theoretischer Erkenntnisse über Struktur und Funktion sozialer Verflechtungen von Institutionen und Systemen als auch deren Wechselwirkung mit den Verhaltensprozessen einzelner Individuen.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Demografische Entwicklung, Familie und Beruf, Altersforschung, Konfliktforschung, Generationsstudien und kriminologische Forschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Merkmale des Untergrunds unter dem Thwaites-Gletscher enthüllt

Ein Forschungsteam hat felsige Berge und glattes Terrain unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis entdeckt – dem breiteste Gletscher der Erde, der halb so groß wie Deutschland und über 1000…

Wasserabweisende Fasern ohne PFAS

Endlich umweltfreundlich… Regenjacken, Badehosen oder Polsterstoffe: Textilien mit wasserabweisenden Eigenschaften benötigen eine chemische Imprägnierung. Fluor-haltige PFAS-Chemikalien sind zwar wirkungsvoll, schaden aber der Gesundheit und reichern sich in der Umwelt an….

Das massereichste stellare schwarze Loch unserer Galaxie entdeckt

Astronominnen und Astronomen haben das massereichste stellare schwarze Loch identifiziert, das bisher in der Milchstraßengalaxie entdeckt wurde. Entdeckt wurde das schwarze Loch in den Daten der Gaia-Mission der Europäischen Weltraumorganisation,…

Partner & Förderer