Mit FS Poseidon zur Azorenfront: Komplexe Mess-Strategien für dreidimensionale Ergebnisse

FS Poseidon Ralf Prien, IOW

33°N/22°W – wer diese Koordinaten anpeilt, landet im Nordostatlantik, mitten zwischen den Azoren und den Kanarischen Inseln, im Madeira Becken. Für Joanna Waniek, wissenschaftliche Leiterin der Forschungsfahrt auf FS POSEIDON, ist diese Position wie eine kleine Außenstelle des IOW.

Sie betreibt hier eine so genannte Verankerung – über 5.000 Meter Stahldraht, der mit einem Gewicht am Meeresboden festgehalten wird und durch Auftriebskörper aufrecht in der Wassersäule hängt. An ihm sind unterschiedliche Instrumente in ausgewählten Tiefen befestigt, um Strömungen, Salzgehalt und Temperatur zu messen.

In einer Tiefe von 2.000 und 3.000 Metern sind Probenahmegeräte installiert, die herabsinkende Partikel auffangen und sammeln. Die so gewonnenen Proben und Messdaten werden in Intervallen von 2 Jahre geborgen und gesichert.

Aber was ist an diesem Punkt im Nordatlantik so interessant, dass Joanna Waniek nun seit bereits mehr als 20 Jahren die Verhältnisse beobachtet? Die Verankerung befindet sich mitten in dem Gebiet des „Nordatlantischen Subtropischen Wirbels“. Nach Norden hin wird der Wirbel durch die Azorenfront begrenzt. Hier strömt der Azorenstrom – ein Seitenarm des Golfstroms entlang und grenzt kälteres und nährstoffreiches Wasser des temperierten Nordostatlantiks von warmem nährstoffarmem Wasser aus den Subtropen ab.

„Wir haben bereits gezeigt, dass eine nördliche Lage der Azorenfront viel nährstoffarmes Wasser über der Messkette bedeutet, was zu geringen Partikelflüssen in die Tiefsee führt.“, berichtet Joanna Waniek. „Generell bedeutet dies, dass die Azorenfront den Kohlenstoffkreislauf in dieser Region weitgehend bestimmt. Unsere bisherigen Arbeiten deuten aber auch darauf hin, dass die Azorenfront sich sukzessiv nach Norden bewegt.“ Allerdings ist zurzeit noch unklar, ob der Subtropenwirbel sich als Ganzes nach Norden verlagert oder sich gar der Nährstoff-arme Bereich des Nordatlantiks infolge des Klimawandels vergrößert. Die Ursachen hierfür sind noch nicht ausreichend verstanden.

Zusammen mit den an der Verankerung gewonnenen Messwerten werden dann Interpretationen über die Auswirkungen dieser Veränderungen möglich.

Aus diesem Grund wird das wissenschaftliche Team um Joanna Waniek an Bord von FS POSEIDON ein detailliertes dreidimensionales Bild der Azorenfront gewinnen. Mit dieser aktuellen Information, ergänzt um Messungen früherer Expeditionen sowie Satellitenmessungen hoffen sie, die beobachteten Veränderungen in der Region zu verstehen und die Entwicklung in der Zukunft besser vorhersagen zu können.

Als Messgeräte stehen ihnen dabei ein so genannter Scanfish, der – vom Schiff geschleppt – die Wassersäule undulierend durchfährt sowie eine Turbulenzsonde, die kleinskalige und kurzlebige Wasserbewegungen erfasst, zur Verfügung. Beide Geräte messen auf ihren Einsatzstrecken kontinuierlich ozeanografische Basisparameter. Ergänzend werden auf einem engen Stationsnetz mithilfe der CTD-Sonde zusätzliche Messungen vorgenommen.

Die Fahrt wird größtenteils über das BMWi-Projekt SMIS – Subsea Monitoring via Intelligent Swarms gefördert.

Das Forschungsschiff POSEIDON ist in Kiel beheimatet und wird vom GEOMAR, Helm-holtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, betrieben.

Expertenkontakt:
Prof. Dr. Joanna Waniek, Tel.: 0381 5197 300 | joanna.waniek@io-warnemuende.de

Kontakt IOW-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
Dr. Kristin Beck | Tel.: 0381 – 5197 135 | kristin.beck@io-warnemuende.de
Dr. Barbara Hentzsch | Tel.: 0381 – 5197 102 | barbara.hentzsch@io-warnemuende.de

Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der zurzeit 88 Forschungsinstitu-te und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwis-senschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Insge-samt beschäftigen die Leibniz-Institute etwa 18.100 MitarbeiterInnen, davon sind ca. 9.200 WissenschaftlerInnen. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,64 Mrd. Euro. ( www.leibniz-gemeinschaft.de

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