Hinweise auf eine gescheiterte Supereruption in den Anden

Quelle: Landsat 8, U.S. Geological Survey Der Chao Vulkan in Nordchile mit seiner rund 14,5 km langen Lavazunge (Bildmitte). Die Zusammensetzung der Lava entspricht derjenigen von Ablagerungen angrenzender supervulkanischer Calderen. Die Chao-Lava eruptierte vor etwa 75.000 Jahren, aber Zirkonkristalle darin bildeten sich bereits seit nahezu drei Millionen Jahren in einem unterirdischen Magmareservoir.

In den Anden hat es Magma-Ansammlungen gegeben, die für eine sogenannte vulkanische Supereruption ausgereicht hätten, jedoch nicht zum Ausbruch gekommen sind. Das haben Geowissenschaftler der Universität Heidelberg entdeckt.

Solche Ausbrüche, bei denen enorme Mengen an Magma ausgespien werden, stellen die größten vulkanischen Ereignisse auf der Erde dar. Die Forscher des Instituts für Geowissenschaften fanden gemeinsam mit Kollegen aus den USA heraus, dass sich in der Altiplano-Puna-Region seit der letzten Supereruption vor etwa 2,9 Millionen Jahren kontinuierlich ein Magmavolumen von supervulkanischen Dimensionen gebildet hatte.

Diese Magmen gelangten aber nicht in einer katastrophalen Eruption an die Oberfläche, sondern erstarrten durch langsame Abkühlung als plutonische Gesteine in der Tiefe. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Geology“ veröffentlicht.

„In einer supervulkanischen Eruption werden mehr als 1.000 Kubikkilometer große
Mengen an Magma ausgespien, das sich zuvor in oberflächennahen Reservoiren angesammelt hat“, erklärt Prof. Dr. Axel Schmitt vom Institut für Geowissenschaften.

„Diese Speicher werden wiederum aus tieferen Stockwerken in der Erdkruste und dem darunterliegenden Erdmantel gespeist. Während der Eruption brechen die überlagernden Gesteinsschichten in die entleerte Magmakammer ein, wobei sich Kessel, sogenannte Calderen, mit Durchmessern von bis zu 100 Kilometern bilden können.“

In der Altiplano-Puna-Region ereigneten sich nach Angaben von Axel Schmitt innerhalb der vergangenen zehn Millionen Jahre mindestens sieben Supereruptionen, die jüngste vor etwa 2,9 Millionen Jahren. Eine offene Frage ist, warum es danach zu keinen weiteren riesigen Eruptionen kam und ob die Region heute für solche Ereignisse als inaktiv angesehen werden kann.

Gemeinsam mit amerikanischen Kollegen untersuchten die Heidelberger Wissenschaftler anhand von Proben aus fünf vergleichsweise kleinen Lavadomen in Nordchile und Südost-Bolivien die bislang jüngsten Eruptionen, die in ihrer chemischen Zusammensetzung den supervulkanischen Magmen aus der Region entsprechen. Dabei bestimmten sie mit Hilfe eines räumlich hochauflösenden Massenspektrometers das Alter haarfeiner Zirkonkristalle aus diesen Lavaströmen.

„Das Mineral Zirkon bildet sich fast ausschließlich in Schmelzen und zeigt daher mit seinem Alter an, zu welchem Zeitpunkt sich Magma unter dem Vulkan befunden hat“, erklärt Axel Schmitt. „Das überraschende Ergebnis war, dass in allen fünf von uns untersuchten Vulkanen Zirkonalter gemessen wurden, die sich kontinuierlich vom Zeitpunkt der Eruption vor etwa 75.000 Jahren bis zurück zum Alter der letzten Supervulkaneruption erstreckten.“

Modellrechnungen ergaben nach den Angaben von Prof. Schmitt, dass die Bildung von Zirkon über einen derart langen Zeitraum nur möglich ist, wenn der Magmennachschub mit einem für eher kleine Vulkane unerwartet hohen Zustrom von etwa einem Kubikkilometer Magma in 1.000 Jahren erfolgte.

„Dies bedeutet, dass sich über einen langen Zeitraum unter den fünf Lavadomen ein Magmenvolumen mit supervulkanischen Ausmaßen angesammelt haben muss, das als plutonisches Gestein in der Tiefe erstarrte.“

Das Fehlen einer großen vulkanischen Eruption bedeutet daher nicht unbedingt, dass die magmatische Tätigkeit völlig zum Erliegen gekommen ist, wie der Vulkanologe betont. Möglicherweise hat sich der Magmenaufstieg aus tieferen Bereichen in den vergangenen 2,9 Millionen Jahren nur verlangsamt, so dass sich in der Unterwelt der Anden ein riesiger Gesteinskörper – ein sogenannter Pluton – gebildet hat.

„Unsere Forschungsergebnisse zeigen aber auch, dass ein nur relativ geringer Anstieg im Magmennachschub von etwa einem auf fünf Kubikkilometer in 1.000 Jahren über längere Zeit ausreichen würde, um erneut günstige Bedingungen für katastrophale supervulkanische Eruptionen zu schaffen. Eine neue Supereruption im Altiplano-Puna Gebiet wäre möglich, allerdings nur nach einer langen Vorlaufzeit“, erklärt Prof. Schmitt.

An den Forschungsarbeiten waren Wissenschaftler der Oregon State University und der University of California in Los Angeles beteiligt.

Originalveröffentlichung:
C. R. Tierney, A. Schmitt, O. M. Lovera, S. L. de Silva: Voluminous plutonism during volcanic quiescence revealed by thermochemical modeling of zircon. Geology (August 2016), doi: 10.1130/G37968.1

Kontakt:
Prof. Dr. Axel Schmitt
Institut für Geowissenschaften
Telefon (06221) 54-4825
axel.schmitt@geow.uni-heidelberg.de

Kommunikation und Marketing
Pressestelle
Telefon (06221) 54-2311
presse@rektorat.uni-heidelberg.de

http://www.geow.uni-heidelberg.de/forschungsgruppen/schmitt

Media Contact

Marietta Fuhrmann-Koch idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-heidelberg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Brückenbau der Zukunft

Ein Team des Fachbereichs Konstruktiver Ingenieurbau an der HTWD erforscht modulare Fertigteilsysteme, um Brücken schneller, kostengünstiger und nachhaltiger zu errichten. Zahlreiche Brückenbauwerke in ganz Deutschland sind derzeit in einem schlechten…

Intelligente Kamerasysteme

HKA-Forschungskooperation mit Mercedes-Benz für autonomes Fahren der nächsten Generation. Im Mittelpunkt steht die Weiterentwicklung der komplexen Kameratechnologien im Neuromorphic Computing. Über die Kooperation im Projekt EVSC (Event Vision Stream Compres­sion)…

Digitaler Zwilling zeigt den Wald in 100 Jahren

Modell berechnet große Waldflächen bis auf den Einzelbaum genau. Der Wald der Zukunft wird mit anderen Bedingungen zurechtkommen müssen als der von heute. Deshalb ist es laut Forschenden der Technischen…