Neue Antarktisstation und neues Flugzeug für die deutsche Polarforschung

Neuartiges Stationskonzept entspricht dem Umweltschutzprotokoll und sichert längere Betriebszeit

Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven bereichert den Bestand der Großforschungsgeräte der Helmholtz-Gemeinschaft mit dem Forschungsflugzeug Polar 5 und der Neumayer-Station III.

Bundesforschungsministerin Annette Schavan besuchte am Montag das neue Forschungsflugzeug Polar 5 und die Neumayer-Station III, bevor diese Ende des Jahres in die Antarktis verschifft wird. Schavan betonte bei ihrem Besuch: „Die Polargebiete haben eine elementare Bedeutung für das Weltklimageschehen. Um den Klimawandel besser verstehen zu können, müssen wir insbesondere die Polarregionen erforschen.“ Deshalb unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung Plattformen wie Neumayer III und Polar 5 mit rund 34 Millionen Euro.

Im Auftrag des Alfred-Wegener-Instituts bauen die Bremerhavener Firmen J.H. Kramer und Kaefer Isoliertechnik die Neumayer-Station III. Im Dezember beginnt der Aufbau der Station in der Antarktis. Damit der Aufbau im Eis reibungslos funktioniert, wird ein Teil der Konstruktion derzeit in Bremerhaven probeweise aufgestellt. Mit dem Bau der Neumayer-Station III ist das langfristige Engagement Deutschlands in der Antarktis und die Kontinuität der wissenschaftlichen Arbeit gesichert. Die Station ist als so genanntes Großgerät der Helmholtz-Gemeinschaft ein integraler Bestandteil der internationalen wissenschaftlichen und logistischen Zusammenarbeit in der Antarktis.

Seit mehr als 25 Jahren liefert das Alfred-Wegener-Institut mit seinen wissenschaftlichen Observatorien in der Antarktis zentrale Beiträge für die Polar- und Klimaforschung. So werden im Observatorium für Luftchemie seit 1983 kontinuierlich klimawirksame Gase wie Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan und Ozon gemessen, sowie die optischen und chemischen Eigenschaften von Aerosolen untersucht. Meteorologische und Strahlungsmesswerte dienen der Wettervorhersage für das Dronning Maud Land und gehen in internationale Datenzentren ein. An der Neumayer-Station gibt es außerdem Observatorien für Geophysik, Infraschall und Unterwasserakustik.

Um die Messreihen zuverlässig und langfristig fortsetzen zu können, ist der Neubau der Station notwendig. Die Konstruktion der Neumayer-Station III ist eine vom Alfred-Wegener-Institut patentierte Entwicklung und folgt dem Prinzip, Forschung, Betrieb und Wohnen auf einer Plattform oberhalb der Schneeoberfläche mit einer darunter liegenden Garage zu kombinieren. Ein wesentliches Merkmal der neuen Station ist die hydraulische Hebevorrichtung der Stützen. Mit ihrer Hilfe wird die Station an den kontinuierlich wachsenden Schneezutrag angeglichen. Sie versinkt im Laufe ihrer Betriebszeit also nicht im Schnee wie ihre Vorgänger-Stationen, und es werden deshalb langfristig auch keine Bauteile im Schneegrund hinterlassen. Damit wird eine wichtige Forderung des Antarktis-Umweltschutzprotokolls erfüllt. Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise ist die Verlängerung der Betriebszeit der Station auf fast das Doppelte: von 15 Jahren auf 25 bis 30 Jahre.

Die Neumayer-Station III ist größer als die Vorgänger-Stationen. Wegen der Zunahme der wissenschaftlichen Aufgaben war auch eine Erweiterung der Station nötig. Die wissenschaftlichen Observatorien wurden in die neue Station so integriert, dass Arbeitswege kürzer werden und Messungen zum größten Teil unabhängig vom Wetter durchgeführt werden können. Die Arbeitsbedingungen sind dadurch wesentlich einfacher.

Am 8. September wird ein Teil der neuen Station an einem Tag der offenen Tür von 10 bis 17 Uhr auf dem Firmengelände des Unternehmens J. H. Kramer, Labradorstr. 5 in Bremerhaven, der Öffentlichkeit präsentiert. Dies wird für Freunde der Polarforschung die wohl einzige Möglichkeit sein, um die Station selbst in Augenschein zu nehmen.

Im Oktober wird der Probeaufbau demontiert, alle Bauteile verpackt und Anfang November auf das Frachtschiff „Naja Arctica“ verladen. Ab Mitte Dezember wird das Schiff in der Atkabucht erwartet. 3500 Tonnen Material müssen dann mit Pistenbullis an den zukünftigen Standort auf dem Ekström-Schelfeis transportiert werden. Die Montage beginnt unverzüglich und soll – sofern die Wetterbedingungen es zulassen – bis zum Ende der Südsommersaison abgeschlossen sein.

Polar 5: Große Reichweite für weit reichende Forschung

Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung nimmt auch ein neues Forschungsflugzeug in Betrieb: Polar 5. Das Flugzeug vom Typ Basler BT-67 (Basler Turbo Conversion LLC) wurde speziell für den Einsatz in der Polarforschung konzipiert und wird im Oktober in Dienst gestellt. Das Flugzeug bietet durch seine Flugeigenschaften und die auf langfristige Nutzung konzipierte wissenschaftliche Ausrüstung beste Voraussetzungen, um die Forschungsvorhaben des Alfred-Wegener-Instituts erfolgreich durchführen zu können. Polar 5 hat eine Reichweite von circa 2900 Kilometern. Das Polarflugzeug kann auch in Höhen über 3800 Metern auf dem antarktischen Plateau starten. Die neue Maschine ist robust und dadurch wartungsarm, erforderliche Wartungsarbeiten können direkt am Einsatzort erfolgen. Die Basler BT-67 basiert auf einem modifizierten Rumpf der Douglas DC-3, die als „Rosinenbomber“ in die Geschichte eingegangen ist.

Wissenschaftliche Geräte an Bord ermöglichen Messungen der Eisdicke, der Bodentopographie und atmosphärischer Parameter. Die leistungsfähigen Generatoren gewährleisten eine große Ausstattung mit Messgeräten. Polar 5 kann auch für den Personentransport und zur Versorgung von Expeditionscamps eingesetzt werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert die Anschaffung des Forschungsflugzeugs mit 8,1 Millionen Euro.

Mit der Indienststellung wird eine neue Partnerschaft für den Betrieb des Forschungsflugzeuges mit der kanadischen Firma Enterprise Air Inc., Oshawa, eingegangen. Der Standort von Polar 5 wird der Regionalflughafen Bremerhaven sein.

Hinweise für Redaktionen:
Mehr Informationen und Material zu der neuen Antarktisstation finden Sie im Internet:

http://www.awi.de/de/infrastruktur/stationen/neumayer_station_iii/

Ihre Ansprechpartner im Alfred-Wegener-Institut sind

Neumayer-Station III: Dr. Hartwig Gernandt, Leiter Logistik (E-Mail: Hartwig.Gernandt@awi.de)
Polar 5: Dr. Andreas Herber, FB Klimawissenschaften, Neue Technologien (E-Mail: Andreas.Herber@awi.de)

Medien: Dr. Angelika Dummermuth, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit (Tel. 0471/4831-1742; E-Mail: medien@awi.de)

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

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Margarete Pauls idw

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