Chinas Megacities geht das Wasser aus

Die Wirtschaft Chinas boomt, die Metropolen wachsen. Kehrseite sind alarmierende Umweltprobleme in den Megacities. So sei die Trinkwasserqualität für 300 Millionen Chinesen gefährdet, verlautet das zuständige Ministerium. Auf der Basis von Satellitenbildern haben Geowissenschaftler um Prof. Dr. Harald Zepp (Angewandte Physische Geographie, Geographisches Institut) mithilfe eines speziellen Computerprogramms eine Methode (Bildsegmentierungsverfahren) entwickelt, die einen deutlichen Zusammenhang zwischen Stadtstruktur und Wasserqualität erkennen lässt. Die Ergebnisse sind Grundlage für neue Konzepte umweltschonender, nachhaltiger Nutzung in Stadt und Land.

Umweltprobleme: pauschal berichtet – lokal erforscht

Durch die Medien wird meist pauschal von einem bedrohlichen Zustand der Umwelt in China berichtet, unklar bleibt in der Regel die lokale Brisanz. Geowissenschaftler der RUB waren vor Ort und haben gemeinsam mit chinesischen Partnern die Gewässer der Millionenstadt Nangjing (Nanking) und den Landschaftshaushalt (Bodenerosion, Wasser- und Nährstoffhaushalt) im ländlichen Hügelland Südostchinas untersucht. In RUBIN berichten sie über den Einfluss des rasanten Stadt- und Wirtschaftswachstums auf die Gewässerqualität in sog. Megacities – Städten mit Bevölkerungsdichten von mehr als 2000 Einwohnern pro Quadratkilometer.

Stadtstrukturtypen: Unüberschaubares wird vorstellbar

Weit schwieriger als die Bestimmung der Wasserqualität (Nangjing: 18 Beprobungsstellen, entlang von Bächen, Kanälen und Seen) erwies sich eine räumliche Gliederung der Stadtstruktur. Mithilfe eines speziell dafür entwickelten Computerprogramms („Mosaik“) ließen sich schließlich anhand von Satellitenbildern die sog. Stadtkörperstruktur und die vorherrschende Nutzung festlegen – neun Stadtstrukturtypen der unüberschaubaren Millionenstadt wurden quasi in die menschliche Vorstellungswelt übersetzt: innerstädtische Viertel mit Mischnutzung (1), alte Wohn- und Industriegebiete (2), neue Industriegebiete (3), randstädtische Flächen (4), Neubauviertel (5), ländlicher Raum (6), Wald (7), Wasserflächen (8), Überschwemmungsgebiete (9).

Vom Satellitenbild zum Umweltproblem

So entstand quasi aus dem hochaufgelösten Satellitenbild eine Karte der räumlichen Stadtstruktur, in die die Wasserqualitätstypen übertragen wurden. Das Ergebnis: Der räumliche Zusammenhang von Wasserqualität und städtischer Raumstruktur wird ablesbar – und damit zugleich die Brennpunkte lokalisierbar. Geographische Regionalstudien wie diese ermöglichen ein räumliches Herunterbrechen der pauschal als problematisch erkannten Entwicklung auf konkrete Orte und Umweltmedien. Die Ergebnisse sind bereits in ein Demonstrationsvorhaben zur umweltschonenden Landwirtschaft eingeflossen (Belastungen aus der Landwirtschaft gelangen quasi über die Flüsse in die Städte). Nicht zuletzt tragen solche Untersuchungen zur Bewusstmachung der Umweltproblematik bei. Mit drastischen Maßnahmen versucht die chinesische Zentralregierung das Wirtschaftswachstum von derzeit über zehn Prozent herabzusetzen.

Themen in RUBIN Geowissenschaften

In der Sonderausgabe RUBIN Geowissenschaften finden Sie folgende Themen. Klimawandel in der Erdgeschichte: Kreidezeit war Treibhauswelt; Damit der Salat nicht so schwer im Magen liegt: Schadstoffe im Boden festsetzen; Qualitätstourismus auf Mallorca: „Ballermann“ war besser; Von hohen Löslichkeiten in tiefer Erde: Des Wassers steinerne Fracht; Erdbebenschäden in über zehn Kilometer Tiefe: Gesteine mit Erinnerungsvermögen; Oberfläche bestimmt Kristalleigenschaft: Gesichtsverlust und Stachelaufbau; Stadtstruktur und Wasserqualität: Chinas Megacities geht das Wasser aus. RUBIN Geowissenschaften ist zum Preis von 5 Euro im Dekanat der Fakultät für Geowissenschaften erhältlich und steht im Internet unter http://www.rub.de/rubin

Weitere Informationen

Prof. Dr. Harald Zepp, Angewandte Physische Geographie, Geographisches Institut, Fakultät für Geowissenschaften, Tel. 0234/32-23313, E-Mail: harald.zepp@rub.de

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Dr. Josef König idw

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