Internationales Polarjahr soll Licht ins Klima-Dunkel bringen

Mehr als 50.000 Wissenschaftler aus mehr als 60 Ländern werden im Rahmen des Internationalen Polarjahres 2007/08 in die entlegendsten Regionen der Erde reisen, um neue Erkenntnisse über das Klima zu gewinnen. Das Polarjahr beginnt am 1. März 2007 mit Eröffnungsveranstaltungen in Japan, Australien, China, Brasilien und Europa. Ziel des Internationalen Polarjahres ist es, die Rolle der Arktis und Antarktis für das Klima und die Ökosysteme der Erde zu untersuchen.

„Grundsätzlich geht es um drei wissenschaftliche Aufgabengebiete im Polarjahr 2007/08. Der erste Punkt betrifft die Zustandserfassung, der zweite die Veränderungsprozesse und der dritte die globalen Auswirkungen der Geschehnisse in den Polarregionen“, so Reinhard Dietrich von der Deutschen Kommission für das Internationale Polarjahr im pressetext-Interview. Es gehe darum, zunächst den Momentan-Zustand der Atmosphäre, des Ozeans, der Gletscher bis hin zur Flora und Fauna einschließlich der Menschen, die in diesen Regionen leben zu studieren.

„Der zweite Punkt betrifft die Veränderungsprozesse, die derzeit im Gang sind, genau zu erforschen“, erklärt der Forscher, der das Institut für planetare Geodäsie an der TU-Dresden leitet. Dazu bedient man sich den Daten, die aus Eiskernen oder aus den Sedimenten vom Meeresboden abgelesen werden können. „Damit sollen in Zukunft Klimaänderungen genauer vorhersagbar werden“, erklärt der Wissenschaftler. Das Abschmelzen der Eismassen der Arktis führt dazu, dass die dort lebenden Menschen und Tiere ihre gewohnten Lebensweisen aufgeben müssen. Eisbären finden weniger Eisschollen, die Rentierherden der Nomadenvölker versinken im Schlamm. Allerdings werden auch neue Seewege erschlossen, die bislang von Meereis versperrt waren.

Ein weiterer Punkt bezieht sich auf die Wirkung der Polargebiete auf die restliche Welt. „Wir können heute sagen, dass das Abschmelzen des Grönland-Eises auch dramatische Folgen für den Anstieg des Meeresspiegels in den Tropen haben wird.“ Das sei nur eines der Beispiele dafür, welche Schlüsselrolle die Polargebiete für das System Erde und Klima einnehmen. „Dass gerade jetzt eine der größten international koordinierten Forschungskampagnen in den Polargebieten stattfindet, ist eine einmalige Chance. Nur wenn wir das globale Klima verstehen, können wir gute Vorhersagen machen und uns auf mögliche Veränderungen angemessen vorbereiten“, meint der Forscher. „Im Polarjahr wird es aber auch einen Vorstoß in bisher unbekannte Regionen wie etwa in die Tiefsee geben“, so Dietrich. Ein Schwerpunkt ist der Einsatz so genannter autonomer Vehikel. Großes wissenschaftliches Interesse bestehe beispielsweise an der Erforschung der polaren subglazialen Seen, die tief unter der Eisdecke liegen, erklärt Dietrich. Hier stelle die Verhinderung einer Kontaminierung des Wassers eine der größten Hürden dar.

Trotz ihrer großen Bedeutung sind die Polargebiete immer noch weitgehend unerforscht. „Dies liegt zum einen am hohen logistischen Aufwand, der notwendig ist, um in den lebensfeindlichen Gebieten der Arktis und Antarktis zu leben und zu arbeiten. Zum anderen gibt es zwischen einzelnen Staaten manchmal unterschiedliche Prioritäten, die eine Zusammenarbeit erschweren können“, führt der Experte aus. Das Polarjahr 2007/08 biete nun eine einmalige Gelegenheit, das Wissen, das Können und die logistischen Möglichkeiten von Instituten und Universitäten aus mehr als 60 Ländern zu bündeln, um gemeinsam einen wissenschaftlichen Durchbruch in der Polar- und Klimaforschung zu erreichen. Die Koordination des Internationalen Polarjahres obliegt dem International Council of Science http://www.icsu.org und der World Meteorological Organization http://www.wmo.int . Die gewonnenen Daten werden für alle zugänglich und einsehbar sein. „Erstmals werden in großem Ausmaß die Öffentlichkeit und besonders die Schulen mit in die Forschungskampagnen eingebunden. Damit soll nicht nur ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie bedeutend die Polargebiete für unser Klima sind, sondern auch eine neue Generation von Wissenschaftlern für die Forschung begeistert werden“, berichtet das Alfred-Wegener-Institut für Meeresforschung http://www.awi.de zum aktuellem Polarjahr.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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