Mit Net-Zero-Technologien den CO2-Ausstoß reduzieren

Europa soll spätestens zur Mitte dieses Jahrhunderts klimaneutral werden.
© Fraunhofer IFF/Dirk Mahler

Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden – über den European Green Deal und eine Abgabe auf CO2-Emissionen. Fraunhofer-Forschende unterstützen Unternehmen dabei, dafür auf Net-Zero-Technologien zu setzen. Diese führen zu einer deutlichen Verbesserung der Energieeffizienz und reduzieren den Ausstoß von CO2.

Eine Umweltsteuer auf die Emission von Kohlenstoffdioxid soll für den Wandel sorgen: Sie soll helfen, die EU spätestens bis 2050 klimaneutral werden zu lassen. Ein wichtiges Werkzeug hierfür können Net-Zero-Technologien werden. Sie unterstützen dabei, ein bilanzielles Gleichgewicht aus Energieerzeugung und -verbrauch herzustellen. D.h., nicht nur Strom einzusparen, sondern Energie, die man benötigt, gegebenenfalls auch selbst zu erzeugen. Interessant ist das nicht allein für produzierende Industrieunternehmen. Auch andere Akteure mit großem Energieverbrauch, wie etwa Data Center, können von Net-Zero-Technologien profitieren. Sie reduzieren so nicht nur ihre CO2-Emissionen. Zusätzlich vergrößert sich ihre Autarkie, denn die Betriebe können sich ein Stück weit von den Bedingungen des Strommarkts lösen. Und nicht zuletzt kommen die Unternehmen mit Net-Zero-Technologien ihrem Ziel und dem Anspruch, nachhaltiger zu produzieren, näher.

Energieeffizienz verbessert sich im Schnitt um über 10 Prozent

Dabei werden sie von den Forscherinnen und Forschern des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg unterstützt. »Wir arbeiten seit Jahren an der Integration von Net-Zero-Technologien. Sie werden künftig für Unternehmen weiter an Bedeutung gewinnen. Im Moment erreichen wir mit ihrer Hilfe eine Verbesserung der Energieeffizienz von über zehn Prozent«, erläutert Dr. Marc Richter, Energieexperte am Fraunhofer IFF. Die Spezialisten des Forschungsinstituts prüfen dafür neben der Energiebilanz der Unternehmen viele Faktoren, beispielsweise inwieweit diese Strom aus erneuerbaren Quellen gewinnen können oder ob sich der Einsatz von Energiespeichern lohnt. Auch die energetische Flexibilität wird untersucht: Kann das Unternehmen möglicherweise sogar einen Überschuss an Energie produzieren? In diesem Fall lassen sich interessante neue Geschäftsmodelle, wie der Verkauf von Strom und Abwärme, entwickeln.

Beispiele aus der Praxis: Telekom und Rolls-Royce

Für verschiedene Unternehmen haben die Forscherinnen und Forscher solche Analysen bereits durchgeführt – zuletzt für die Telekom und Rolls-Royce. »Das neue T-Systems-Rechenzentrum in Biere, Sachsen-Anhalt, beispielsweise ist bereits sehr energieeffizient. Dennoch hat uns das Unternehmen im Zuge seiner Nachhaltigkeitsstrategie beauftragt, weitere Einsparpotenziale zu finden. Wir haben fast einhundert Technologien und Einzelmaßnahmen analysiert, mit denen sich der CO2-Abdruck weiter senken ließe. Dazu gehören Photovoltaik und Windkraft, aber auch bessere Kühltechnik, Wärmenachnutzung oder einfach effizientere Rechner. So konnten wir zum Beispiel bezüglich des Autarkiegrads bei der Energieversorgung ein Steigerungspotenzial von bis zu 50 Prozent identifizieren. Das heißt, wenn alle vorgeschlagenen Möglichkeiten genutzt werden, könnte das Zentrum fünfzig Prozent seiner benötigten Energie selbst erzeugen und zusätzliche 20 000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen«, fasst Richter zusammen.

Für ihre Analyse setzen die Fraunhofer-Forschenden auf eine eigene, bewährte Methodik. Sie beginnt mit einer Bestandsaufnahme: Wo stehen die Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit? »Aus den Erfahrungen heraus können wir sagen: Der Standard ist sehr hoch, die low hanging fruits sind bereits gepflückt«, sagt Richter. Das Team macht daher zunächst ein Technologie- und Maßnahmenscreening, um herauszufinden, welche Möglichkeiten zur Verringerung der CO2-Emissionen es an dem jeweiligen Standort gibt. Dazu erstellt es einen Katalog der verschiedenen Technologien und hinterlegt diese mit Kriterien wie der möglichen CO2-Reduktion, der Menge der gewonnenen Energie und so weiter. Anschließend geht es an die Priorisierung. Hier werden die Unternehmen und ihre individuellen Zielstellungen stark eingebunden. »Während das eine Unternehmen den Fokus auf die Kosten legt, ist dem anderen die komplette Eigenversorgung wichtiger. Ein drittes möchte sich ausschließlich ökologisch nachhaltig versorgen«, erzählt Richter.

Chancen durch den Zukauf von grünem Wasserstoff

Im dritten Schritt prüfen die Forschenden die Dimensionierung. Bei Rolls-Royce beispielsweise liegt, aufgrund der vielen vorhandenen Dachflächen, der Einsatz von Photovoltaikanlagen nahe. In welchem Umfang ließe sich Photovoltaik einsetzen, wie viel Energie würde erzeugt, wie passt das Erzeugungsprofil zum Lastprofil? Hier geht der Blick der Forschenden auch über die lokalen Möglichkeiten hinaus. So zeigen sie auch die Chancen auf, die weitere Energieträger bieten – etwa der Zukauf grünen Wasserstoffs oder die Anbindung an einen lokalen Windpark.

Zum Schluss definieren die Forscherinnen und Forscher gemeinsam mit den Unternehmen konkrete Ausbaupfade. Sie zeigen beispielsweise auf, wie viele Photovoltaik-Module, Brennstoffzellen und Speicher gegebenenfalls benötigt werden, um bestimmte Ziele zu erreichen – samt zugehöriger Kosten, Energie-Output, CO2-Ersparnis und prozentualem Autarkiegrad. »Je nach Umfang entwickeln wir dann drei, fünf, teilweise sogar bis zu zehn Ausbaupfade«, sagt Richter. Rolls-Royce und T-Systems wollten vor allem Vorschläge, die sich schnell realisieren lassen und die daher zum Teil auf bereits existierenden Technologien fußen. Bei Ausbaupfaden mit neuen Technologien berücksichtigten die Forscherinnen und Forscher für Rolls-Royce unter anderem auch synthetische Kraftstoffe aus grünem Wasserstoff oder Methan. »Wir sind technologieoffen«, resümiert Richter. »Wir legen den Unternehmen auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit diejenigen Maßnahmen bzw. Technologien nahe, die nach wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Bewertung den größten Einfluss haben.«

Weitere Informationen:

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René Maresch Pressekommunikation
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF

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