Energiekosten senken mit offener Software-Plattform

Mit dem Wandel hin zu erneuerbaren Energien wird es für den Endkunden immer wichtiger, seinen Verbrauch an das Energieangebot anzupassen. OGEMA 2.0 hilft dabei.<br>© Fraunhofer IWES/Uta Werner<br>

Strom- und Heizkosten steigen seit Jahren stetig, auch 2013 kennt die Preisentwicklung nur eine Richtung – steil nach oben. Die Deutschen versuchen gegenzusteuern. Wie eine Umfrage der Dekra ergab, senkt jeder zweite die Raumtemperatur, die große Mehrheit schränkt sich beim Kochen und Waschen ein und achtet bewusst auf ihren Verbrauch.

Hier setzt eine neue offene Software-Plattform an: Sie unterstützt Mieter und Wohnungseigentümer, aber auch Gewerbe- und Industriebetriebe beim intelligenten Umgang mit Energie, und hilft Kosten zu senken. OGEMA (Open Gateway Energy Management Alliance) heißt das Java-basierte, frei erhältliche Framework für Energiemanagement, das Energieverbraucher und -erzeuger mit den Leitstellen der Netzbetreiber und Energieversorger verbindet.

Die Fraunhofer-Institute für Windenergie und Engergiesystemtechnik IWES in Kassel, für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg und für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen entwickeln die Lösung im gleichnamigen Projekt OGEMA 2.0, das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit BMU mit fünf Millionen Euro gefördert wird.

»Mit unserem System kann der Kunde künftig variable Strompreise beobachten und seinen Verbrauch an das Energieangebot anpassen, was ja mit dem Wandel hin zu erneuerbaren Energien immer wichtiger wird. Die Plattform fungiert quasi als Schnittstelle zwischen dem ‚Smart Grid‘ und dem ‚Smart Building‘«, erläutert Dr.-Ing. David Nestle, Leiter der Abteilung »Energiemanagement« am IWES, das Konzept der Software. Die OGEMA-Apps empfangen variable Stromtarife und berechnen automatisch, wann die angeschlossenen Geräte wie Kühlschrank, Gefriertruhe und Waschmaschine optimalerweise betrieben werden sollen. So kann der Verbraucher beispielsweise seine Spülmaschine zu kostengünstigen Zeiten einschalten – etwa weil ein Überangebot an Windenergie besteht. Aber auch Klimaanlagen, Heizkörperthermostate, Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen lassen sich mit den Apps automatisch steuern.
Auf OGEMA laufen zum Beispiel Applikationen, die den Verbraucher informieren, ob er den Strom seiner PV-Anlage selbst verbrauchen oder besser einspeisen sollte. Die entsprechenden Informationen erhält der Kunde über ein Display. Wiederum andere Apps schalten in Bürogebäuden die Heizung ab, wenn Räume nicht genutzt werden – etwa am Wochenende oder wenn Mitarbeiter unterwegs sind. Im gewerblichen Bereich eignet sich OGEMA auch, um Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen flexibel zu steuern und so deren Rentabilität zu steigern. Beispielsweise lässt sich über einen begrenzten Zeitraum die Heizleistung gegenüber dem prognostizierten Bedarf senken. Die so eingesparte Stromerzeugung kann als negative Regelenergie am Markt angeboten werden und so für Zusatzerträge sorgen.

Offenes System für den Home- und Building-Automation-Bereich

Die Bandbreite der Apps ist vielseitig. Da OGEMA ein offenes System ist, kann jeder Entwickler und Hersteller seine Ideen, wie Energie effizienter eingesetzt werden soll, in Software für die Plattform umsetzen. »Unser Framework lässt sich mit anderen Open-Source-Projekten wie Android vergleichen. Dadurch zeichnet es sich auch aus: Bisherige Systeme für den Home- und Building-Automation-Bereich sind proprietär«, sagt Nestle. Um die Entwicklung der Software und den Transfer der Forschungsergebnisse in den Markt voranzutreiben, wurden die OGEMA-Allianz und ein Industriearbeitskreis gegründet. Die Teilnehmer des Arbeitskreises erhalten regelmäßig gezielt Informationen zum Projektfortschritt und erfahren, wie sie Applikationen für die Plattform programmieren können. OGEMA 1.0 steht bereits zum kostenlosen Download bereit (www.ogema-alliance.org). Derzeit arbeiten die Fraunhofer-Forscher an OGEMA 2.0. Die fertige Version wird voraussichtlich Mitte 2013 erhältlich sein. Sie soll unter anderem über neue Sicherheitsfunktionen und verbesserte Programmierschnittstellen verfügen, auch sollen sich Apps künftig leichter installieren lassen.

Für den Nutzer ist OGEMA kostengünstig realisierbar, die Hardwarevoraussetzungen sind gering. Die Plattform läuft auf einem sogenannten Embedded-Rechner mit Webserver, der bereits für rund 30 Euro erhältlich ist. Der Verbraucher kann wahlweise per Smartphone, PC, Tablet oder Laptop auf den Webserver zugreifen. In ersten Feldversuchen hat sich das Energiemanagementsystem bereits bewährt: Unter anderem wurde es im E-Energy-Projekt Modellstadt Mannheim in rund 500 Haushalten getestet, die Familien bewerteten es in den Abschlussbefragungen sehr positiv. Auf der Hannover Messe vom 8. bis 12. April präsentieren die Forscher vom IWES, ISE und IIS OGEMA 2.0 und demonstrieren am Beispiel einer simulierten Umgebung, wie Verbraucher profitieren und ihre Energiekosten senken können (Halle 13, Stand C10).

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