Anlage zur Klärschlammverbrennung versorgt sich selbst mit Energie

Einbau des Hochdruck-Dampfkessels in die Verbrennungsanlage. Die Stromerzeugung erfolgt über eine angeschlossene Turbine mit Generator.

Bisher wird in der Anlage aus der Abwärme nur Dampf mit niederem Druck erzeugt. Genutzt wird er in verschiedenen Verarbeitungsprozessen sowie in geringem Maß zur Stromerzeugung. Nun ersetzte der Kesselspezialist NEM, der zu Siemens gehört, aber weiter unter dem früheren Namen operiert, zwei der insgesamt vier Niederdruck-Dampfkessel durch Hochdruckkessel und installierte eine Turbine, die über einen Generator Strom erzeugt. Dadurch kann der Betreiber die anfallende Abwärme viel effizienter nutzen und neun Mal mehr Strom als bisher produzieren.

Verbrennung und Rückgewinnung von Rohstoffen wird attraktiver

Alleine in Deutschland fallen pro Jahr etwa acht Millionen Tonnen entwässerter Klärschlamm an. Etwa ein Drittel des Schlamms wird landwirtschaftlich genutzt, dieser Anteil stagniert seit Jahren, was an den erhöhten Qualitätsanforderungen für Klärschlämmen liegt.

Daher wird die Verbrennung immer attraktiver, entweder in spezialisierten Anlagen oder als zusätzlicher Brennstoff in Zementwerken, Kohlekraftwerken und Müllverbrennungsanlagen. Monoanlagen, die nur Klärschlamm verbrennen, haben den Vorteil, dass man im Schlamm enthaltene wertvolle Rohstoffe – allen voran Phosphor – abspalten und als Dünger wieder verwenden kann.

In den Niederlanden betreibt N.V. Slibverwerking Noord-Brabant (SNB) eine solche Monoanlage und verarbeitet im Jahr etwa 450.000 Tonnen entwässerten Klärschlamm. Verbrannt wird der getrocknete Schlamm bei einer Temperatur von etwa 900 Grad Celsius.

Abwärme wird wesentlich effizienter genutzt. Rückgewinnung von Phosphor zur Düngung

Ein maßgeschneiderter Kessel für spezielle Anforderungen

Bei der Nachrüstung der SNB-Anlage mit zwei Hochdruck-Dampfkesseln zur Stromerzeugung standen die Ingenieure des Kesselspezialisten NEM, der seit 2011 zu Siemens gehört, vor zwei Herausforderungen: Sie mussten die Kessel so konzipieren, dass sie in die seit 1997 bestehende Anlage hineinpassen. Außerdem mussten die Kessel bei teilweise laufendem Betrieb so schnell wie möglich installiert werden, damit der angelieferte Klärschlamm weiterhin verarbeitet werden konnte.

Die Experten realisierten einen Kessel, der die Spezifikationen für die Turbine – 450 Grad Celsius Dampftemperatur bei 60 Bar Druck – erfüllt, aber auch die vorgegebenen Beschränkungen für Größe und Gewicht einhielt. Erreicht haben sie dies unter anderem durch einen kleineren Durchmesser der Rohre im Kessel, der ihnen erlaubte, die Wandstärke und damit das Gewicht zu reduzieren.

Außerdem musste der Abstand der Rohre entsprechend der Höhenbeschränkung angepasst werden, wobei sie gleichzeitig die besonderen Eigenschaften des Brennstoffs berücksichtigen mussten. Besondere Aufmerksamkeit verlangte auch die Wahl der Dampftemperatur. Klärschlamm enthält eine Menge verschiedener chemischer Elemente, von denen manche bei sehr hohen Temperaturen Metall angreifen. Daher wurde Dampftemperatur auf 450 Grad Celsius beschränkt, obwohl sowohl Kessel als auch Turbine mit höheren Temperaturen arbeiten könnten.

Der Dampf treibt dann eine Siemens-Industriedampfturbine vom Typ SST 110 an. Die Turbine hat zwei parallel geschaltete Module. Das Hochdruckmodul wird mit 60 Bar Dampfdruck betrieben. Danach stellt das Niederdruckmodul den verbleibenden Dampf mit 2,5 Bar Druck als Prozessdampf bereit.

Genutzt wird dieser Niederdruckdampf vorwiegend für die Trocknung des Klärschlamms, der bei der Anlieferung etwa 75 Prozent Wasser enthält. Durch die Nachrüstung mit den Hochdruck-Kesseln entfiel der bisher eingesetzte, mit Niederdruckdampf betriebene Motor, über den mit einem Generator 450 Kilowatt elektrische Leistung erzeugt wurde. Stattdessen deckt die Anlage nun mit einem 3,5-Megawatt-Generator fast ihren gesamten Strombedarf.

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